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Der Unbeugsame

\"Gea-ChefDer Vergleich mit Davids Kampf gegen Goliath drängt sich geradezu auf: Der Waldviertler Schuhproduzent Heini Staudinger legt sich mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) an und will auch nach Androhung von Beugestrafen nicht weichen.


Man kann dem 59-Jährigen Naivität oder Sturheit vorwerfen – im Grunde ist sein unkonventionelles Finanzierungsmodell aber eine verständliche Reaktion auf die Folgen der Finanzkrise. Kleine und mittlere Unternehmen leiden unter den verschärften Richtlinien bei der Kreditvergabe, Anleger haben angesichts riskanter Spekulationsgeschäfte längst das Vertrauen in Banken verloren. Statt sich um ein Darlehen zu bemühen, sammelte Staudinger für den Ausbau seines Unternehmens GEA bei Kunden, Freunden und Bekannten mehr als drei Millionen Euro. Seine Anleger – durchwegs Menschen, die bewusst nicht in Produkte von Kreditinstituten investieren wollen – erhalten 4 % Zinsen. Das ist strafbar, denn zur »Entgegennahme von Spareinlagen« sind nur konzessionierte Banken berechtigt. Staudinger muss sein Modell ändern oder die Investoren auszahlen. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl will zwischen den verhärteten Fronten vermitteln. Doch die heik­le Causa betrifft nicht nur den kreativen Schuhhändler, sondern indirekt viele Jungunternehmer. Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, fordert »ein legales, unbürokratisches und kostengünstiges Crowdfunding-Modell«, das Mikrokreditgeschäfte ermöglicht. Rechtlich steht Staudinger derzeit auf verlorenem Posten. Zwar hat er im Gegensatz zu Großbanken, die mittels Steuergeldern gerettet werden mussten, niemanden geschädigt, der FMA geht es aber ums Prinzip.

Heini Staudinger allerdings auch. In die Schuhbranche stolperte der Sohn eines Kaufmanns aus Schwanenstadt eher zufällig. Nach jahrelangem Herumstudieren entdeckte der damals 27-Jährige »Earth Shoes« aus Dänemark. Er schnorrte sich bei Freunden Geld, fuhr per Autostopp nach Kopenhagen und bestellte Schuhe im Wert von 300.000 Schilling. Das kleine Geschäft florierte. Später bezog er umweltverträgliche Treter von der Waldviertler Schuhwerkstätte, einem selbstverwalteten Betrieb in Schrems, den Staudinger 1991 übernahm. Heute erzeugt und vertreibt GEA (»Gesunde Alternative«) neben Schuhen auch Taschen, Möbel und Matratzen nach höchsten ökologischen und sozialen Kriterien. Dem kämpferischen Unternehmer, der in der Krisenregion Waldviertel mehr als 100 neue Arbeitsplätze schuf, schlägt nun eine Welle der Solidarität entgegen. Innerhalb weniger Tage unterzeichneten 15.000 Unterstützer eine Online-Petition, die u.a. fordert, »den Menschen die Verantwortung ihres Geldes stärker selbst zu überlassen«.

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