Eine Partnerschaft entsteht
- Written by William Dudley
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William Dudley, Group Director bei Sybase, über die Zukunft von mobilen Bezahllösungen und die wachsende Partnerschaft von Mobilfunkbetreibern und M-Commerce.
M-Commerce ist nichts Neues für Mobilfunkbetreiber, doch die Services und Geschäftsmodelle sind noch in der Testphase. Mit zunehmender Marktreife werden die Betreiber neue Partner suchen müssen, die ihnen dabei helfen, weiterhin eine aktive Rolle im Ökosystem zu spielen.
Mobilfunkbetreiber hatten jahrelang eine enge Beziehung zum Handel – insbesondere zum Mobile Commerce. In der Zeit vor Smartphones und hoch entwickelten, funktionsreichen Mobiltelefonen haben Mobilfunkbetreiber verschiedene Zahlungsarten für Inhalte rund ums Mobiltelefon akzeptiert; die gängigste Methode war die Premium-SMS. Mit Hilfe dieser Zahlungsmethode konnten Mobilfunkbetreiber zusätzliche Umsätze generieren durch von Handynutzern versendete und erhaltene Nachrichten sowie durch Short Codes. Typischerweise wurden die so von den Betreibern erzielten Einnahmen unter den Aggregatoren, also den Betreibern selbst und den Content-Anbietern, aufgeteilt. Die Nutzer bekamen die Rechnung für die Premium-SMS über ihre reguläre Telefonrechnung.
Man könnte die Premium-SMS sogar als erste wahre Mobile-Commerce-Anwendung bezeichnen. Sie ist weltweit noch immer weit verbreitet, da die globale Akzeptanz von SMS durchschlagend ist. Normalerweise wird die Premium-SMS als Zahlungsmethode für Content wie Klingeltöne, Bildschirmhintergründe oder einfache Handyspiele verwendet.
Fortschritte und Rückschläge
Einige Jahre später verbesserte die Abrechnung über Wireless Application Protocol das Nutzererlebnis. Beim WAP Billing startet der Nutzer eine WAP-Session mit dem Content-Anbieter, indem er eine WAP-Seite besucht, die seine \"Mobile Subscriber Integrated Services Digital Network Number\" enthält. Die Nutzer bestätigen Einkäufe, indem sie einen bestimmten Link auf der angezeigten Seite auf dem Mobiltelefon anklicken. Die Anwendung wird über den abgeschlossenen Kauf informiert und der Nutzer wird auf den erworbenen Content verlinkt — typischerweise eigens für das Mobiltelefon entwickelte Inhalte wie Klingeltöne, Bildschirmhintergründe und Spiele. Diese Einkäufe werden dem Nutzer direkt über die Mobiltelefonrechnung in Rechnung gestellt.
WAP Billing wird oft als der Premium-SMS überlegen dargestellt, da die Anwender sich keine Short Codes merken müssen und das Benutzererlebnis der „Stöbern und Kaufen”-Erfahrung eines Einkaufs am PC ähnelt. Ein Nachteil von WAP Billing ist, dass der Content-Anbieter eine Schnittstelle zu zahlreichen Billing-Systemen der Betreiber einrichten muss, was eine einschüchternde Aufgabe sein kann. Die meisten großen Mobilfunkbetreiber unterstützen WAP Billing und viele Aggregatoren bieten konsolidierte Schnittstellen zu den Billing-Plattformen der Betreiber, darunter etwa Sybase 365 Operator Charging Gateway (OCG), PayForIt in Großbritannien und Ericsson Internet Payment Exchange (IPX).
Im Jahr 2003 fiel der Startschuss für das pan-europäische Projekt Simpay des Betreiberkonsortiums aus den Unternehmen Orange, T-Mobile und Vodafone. Mit diesem Projekt sollte ein offener und kompatibler Rahmen für mobile Zahlungen von Beträgen bis maximal zehn bis zwölf Euro geschaffen werden. Simpay kam 2004 in Spanien auf den Markt. Ein Jahr später war das Projekt gescheitert, woraufhin T-Mobile sich aus dem Konsortium zurückzog. Dies bedeutete sicherlich nicht das Ende des M-Commerce. Aus dem Projekt konnten wertvolle Hinweise gewonnen werden, welche Probleme es zu lösen gilt und welche Mobile-Payment-Lösungen den Anbietern den größten finanziellen Nutzen versprechen.
M-Payment-Implementierungen
Bis vor kurzem beschränkte sich die Rolle der Mobilfunkbetreiber im Bereich Mobile Commerce auf die Verwaltung der Zahlungen (auch Mikrozahlungen genannt) von Zusatzprodukten und -Services für die mobilen Endgeräte ihrer Nutzer. Premium-SMS und WAP Billing waren und sind dabei die wichtigsten Mechanismen. Doch in diesem neuen Jahrzehnt schalten Mobilfunkbetreiber weltweit einen Gang höher und übernehmen Führungsrollen im Bereich M-Commerce und Zahlungen, da sie große Chancen wittern und Mobiltelefone zu akzeptierten Zahlungsmitteln werden.
Juniper Research prognostiziert, dass bis 2014 Zahlungen für digitale und physikalische Produkte sowie Geldtransfers über mobile Kanäle oder M-Commerce 630 Milliarden Dollar übersteigen werden. Betrachten wir einige ausgewählte Mobile-Payment-Implementierungen, die von Betreibern weltweit ins Leben gerufen wurden, einmal genauer.
In den USA bildeten drei der großen Betreiber, AT&T, T-Mobile und Verizon Wireless, ein Joint Venture namens Isis. Isis steht allen Betreibern offen und erreicht über 200 Millionen Nutzer dank der Unterstützung von drei der vier amerikanischen Tier-1-Betreibern. Isis soll mit dem Zahlungsnetzwerk von Discover Financial Services arbeiten, wobei US Barclaycard der erste Aussteller sein wird und Near Field Communications (NFC) der Mechanismus, über den die Nutzer Zahlungen veranlassen werden. Tatsächlich nutzen viele Mobilfunkbetreiber dritte Anbieter und unabhängige Zahlungslösungen bereits NFC oder planen, dies zu tun. Isis soll im ersten Halbjahr 2012 auf den Markt kommen.
Telefonica O2 UK plant den Einsatz von NFC-basiertem Mobile Payment für 2011. Das Unternehmen erwartet, dass Mobile Payment im Laufe des Jahres 2011 in Großbritannien zur Verfügung stehen wird. Ende 2010 gab Softbank Mobile aus Japan bekannt, dass das Unternehmen einen NFC-Aufkleber herausbringen wird, der die gesamte Rückseite eines Apple iPhones bedeckt.
Globe Telecom von den Philippinen bietet seit geraumer Zeit G-Cash, eine wiederaufladbare Mobile-Wallet-Funktionalität ähnlich einer EC-Karte, an. Diese mobile Geldbörse funktioniert mit einem vierstelligen Short Code und Stichwörtern wie AMOUNT, LOAD, BILLPAY, PAY, DONATE und BAL. Nutzer können sich ihr Geld bei einem Globe Center oder jedem akkreditierten G-Cash-Partner auszahlen lassen. Der Betreiber Smart verfügt über einen Mobile Wallet Service namens SMART Money. Wie G-Cash ist SMART Money eine wiederaufladbare Zahlungskarte, ähnlich einer EC-Karte. Nutzer können ihr Geld vom Mobiltelefon aus verwalten, wann und wo immer sie wollen. In der Tat war SMART Money die weltweit erste elektronische Wallet-Karte, die mit einem Mobiltelefon verbunden war. Der Service erhielt 2001 die Auszeichnung „Most Innovative GSM Wireless Service for Customers\" bei den damaligen GSM Awards. Über 4,1 Millionen Verbraucher nutzen die mCommerce Services der beiden philippinischen Betreiber.
Ultimative Gewinner: die Endnutzer
Wenn Mobile Payment und Mobile Commerce Mainstream werden, wollen natürlich auch die Mobilfunkbetreiber an diesem Erfolg teilhaben. Das könnte jedoch schwierig werden. Viele Angebote von Drittparteien und unabhängige Angebote bekannter Unternehmen wie American Express, MasterCard, PayPal, Visa und Western Union kommen gerade auf den Markt oder sind es bereits. Mit den hoch entwickelten Smartphones und Endgeräten von heute gibt es keine Notwendigkeit, den Mobilfunkbetreiber überhaupt noch mit einzubeziehen. Da es keine allgemein gültigen Standards für Mobile-Payment-Mechanismen gibt, werden in den nächsten drei Jahren viele verschiedene Optionen auf den Markt kommen.
Davon wird vor allem der Endnutzer profitieren. Da es sich hier um einen Markt handelt, der von den Verbrauchern gesteuert wird, werden die Endnutzer sich auf die Lösung stürzen, die die einfachste und sicherste Zahlungsmethode für Produkte und Dienstleistungen verspricht — unabhängig von der zu Grunde liegenden Technologie. NFC gilt allgemein, doch nicht bei allen, als führender Mechanismus. Heutzutage sind die beliebtesten Zahlungsmethoden immer noch Bargeld, Kredit- oder EC-Karten. Die mobile Zahlungsoption gibt es nur für einige wenige Dienstleistungen und Produkte (z.B. Starbucks) und auf wenigen Plattformen. Google und Apple haben angekündigt, dass ihre Plattformen irgendwann mPayment-Funktionalitäten unterstützen werden — entweder über eine mobile Geldbörse oder NFC. Doch wird das die Endgeräte der Verbraucher an eine unternehmenseigene Infrastruktur oder an einen offenen Standard binden, der ihnen erlaubt, auch alle dritten Zahlungsanbieter zu nutzen? Das wird sich zeigen.
Asien führend
Die Adaption von Mobile Payment wird auch regionale Aspekte aufweisen. Laut Gartner gab es Ende 2010 im asiatisch-pazifischen Raum 54 Millionen Mobile-Payment-Nutzer. Damit ist Asien im Bereich Mobile Payment weltweit deutlich führend. Nach Angaben von Gartner stammt ein Großteil dieses Wachstums aus den Teilen der Bevölkerung, die zuvor gar keinen oder einen nur unzureichenden Zugang zu Bankdienstleistungen hatten. In vielen Gegenden sind SMS-basierte Mobile-Payment-Lösungen noch immer die vorherrschende Technologie. NFC und andere Smartphone-Technologien haben nicht die finanzielle Unterstützung und Infrastruktur, nötig sind, um in Schwellenländern Fuß zu fassen. Dagegen können Einzelhändler in hoch entwickelten Märkten einfacher Point-of-Sale-Terminals und -Ausstattungen aufrüsten und Support anbieten.
Wenn es bei SMS- und WAP Billing als zugrundeliegende Technologie für M-Commerce und M-Commerce bleiben soll, werden die Mobilfunkbetreiber eine wichtige Schlüsselrolle spielen. Doch wenn hoch entwickelte Technologien wie NFC und andere zum Zuge kommen, könnte sich die Rolle der Mobilfunkbetreiber nicht mehr so eindeutig erschließen. Aus diesem Grund übernehmen Mobilfunkbetreiber eine Vermittlerrolle als Partner von Zahlungsabwicklern und Finanzinstituten.
Zum Autor
William Dudley ist Leiter der Sybase 365-Produktgruppe Operator Services und verantwortlich für die Mobile-Messaging-, FMC-, GRX-, IPX- und IMS-Produktstrategie sowie neue Produktinitiativen für alle Betreiber-Services und neue Technologien bei der SAP-Tochter Sybase.