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Das Killerumfeld

Jedes Jahr an einem andern Ort trifft sich die Breitbandindustrie und präsentiert auf dem World Forum die neuesten Trends. Heuer gaben sich Alcatel, Ericsson, Siemens & Co in Paris ein Stelldichein und präsentierten durchwegs gute Nachrichten. Die Auftragsbücher füllen sich und die Telcos dieser Welt investieren wieder in Datenautobahnen - und sind dabei gnadenlos pragmatisch geworden. Vorbei die Zeiten, da über Technologie gestritten wurde, jetzt kann alles mit allem, wenn’s nur dem Nutzer was bringt. Es gibt keine künstliche Trennung mehr, weder entlang der Anbindungstechnologien noch entlang der Grenzen zwischen mobil und drahtgebunden. Da passte perfekt, dass der Inbegriff des Mobilfunkanbieters, Vodafone, ankündigte, künftig auch ins Festnetz einzusteigen. Die Religionskriege haben aufgehört, die Welten wachsen endgültig zusammen und die Anbieter haben aufgehört, nach Heilbringendem zu suchen. Hyam Bolande von Alcatel bringt es auf den Punkt: »Wer nur auf eine Welt setzt , wird auf der Strecke bleiben.«

Und Johann Bergendahl vom schwedischen Anbieter Ericsson setzt nach: »Wir sind technologie-agnostisch.« Eine starke Ansage, die ausgerechnet von einem Konzern kommt, der sich als Erfinder von Standards einen Namen gemacht hat.

All-in-one. Was funktioniert, dem Zweck dient und dem Endnutzer hilft, wird kombiniert - egal, ob das WiMAX, UMTS, 4G, Glasfaser oder DSL heißt. Den Endkunden interessiert’s ohnedies nicht - er will, dass die Dienste, die er braucht, funktionieren. Deshalb müssen alte und neue Teile eines Netzes miteinander können. Das IP-Protokoll sorgt dafür und bringt über Multimedia Geschwindigkeit auf die Systeme. Die neue Offenheit hat ein Kürzel: IMS = IP Multimedia Subsys­tem. Damit werden Barrieren endgültig abgebaut und bisherige Grenzen zwischen System gehören der Vergangenheit an. »IMS passt das Netz dem Nutzer an«, meint Alcatel-Mann Hyam Boland, und Johann Bergendahl bringt es auf den Punkt: »Wir haben aufgehört, nach einer Killerapplikation zu suchen, jetzt entsteht das Killerumfeld.«

»Was bisher die breite Erschließung des Massenmarktes verhindert hat«, meint Michel Rahier, Präsident der Alcatel-Festnetzsparte, »ist, dass wir den Nutzer überfordert haben.« Ein Wust an unterschiedlichen Technologien, verpackt in unendlich viele Engeräte, auf denen Dienste laufen, die enge Grenzen innerhalb des eigenen Systems haben - das vergällt das Anwenderdasein. Komplexe Netze einfach nutzbar machen, ist jetzt das Thema. Darüber hat die ­Branche schon bisher viel geredet, jetzt ist sie mittendrin im Umbauen. Das ist die gute Nachricht aus Paris.

wortwörtlich

»Die Branche konsolidiert sich. Bisher gab’s fünf bis sechs Spieler, nach dem Alcatel/Lucent-Zusammenschluss und der Nokia/Siemens-Kooperation gibt’s noch drei - das macht vieles einfacher. Aber diese Industrie will kein Microsoft-Syndrom.« Johann Bergendahl, Ericsson.

»Wer Video übers Internet liefern will, braucht verlässliche Bandbreiten - im Gegensatz zu heute. Denn wer nur auf Webseiten browst, erkennt kaum den Unterschied zwischen zwei Megabit und 512 Kilobit. Wenn aber das Videobild zu ruckeln beginnt, ist der Ofen aus.« Phil Tilley, Alcatel.

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