Pauschalpreisverträge – Mythos und Wirklichkeit
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Die Vertragsparteien, hier in erster Linie Auftraggeber (AG), erwarten sich vom Abschluss eines Pauschalpreisvertrages in der Regel eine besondere Sicherheit. Dadurch, dass die Vergütung im Vorhinein festgelegt wird, können die Baukosten, so die Vorstellung, nicht höher werden. In mancher Hinsicht ein Mythos, wie dieser Beitrag aufzeigen soll.
Von Bernhard Kall und Heinrich Lackner, Müller Partner Rechtsanwälte
Bei einem »Pauschalpreisvertrag« oder »Pauschalvertrag« treffen die Parteien des Bauvertrages – Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) – eine besondere Vereinbarung im Zusammenhang mit der Vergütung, welche der AN für die Ausführung der Bauleistung erhält.
Anders als z.B. beim Einheitspreisvertrag oder bei Regiepreisverträgen, bei denen nicht zuletzt die Quantität der tatsächlich ausgeführten Leistungen die Grundlage für die Ermittlung des Entgelts bildet, spielt der Umfang der für die Herstellung des Werkes notwendigen Arbeiten, Materialien, Geräte(-stunden) etc. beim Pauschalpreisvertrag grundsätzlich keine Rolle. Das Entgelt (der Werklohn) wird im Vorhinein festgelegt. Eine Abrechnung nach tatsächlich ausgeführten Mengen soll nach dem Willen der Vertragsparteien unterbleiben.
Mythos 1: Sämtliche Leistungen sind umfasst
Wesen des Pauschalpreisvertrages ist es also, dass eine Ermittlung der tatsächlich ausgeführten Mengen nicht stattfindet. Stattdessen soll die Herstellung des Werkes zu dem im Vorhinein festgelegten Werklohn abgegolten werden. AG und AN einigen sich somit auf eine bestimmte Abrechnungsmodalität. Zwar finden sich in der Judikatur Rechtssätze, wonach der Unternehmer (AN) »keine Preiserhöhung verlangen könne, auch wenn das Werk mehr Arbeit oder größeren Aufwand« erfordere (OGH EvBl 1987/176); oder Pauschalpreisvereinbarungen auch »bei erheblicher Über- oder Unterschreitung der Kosten verbindlich« seien (OGH 1 Ob 192/97k). Das gilt aber nur im Rahmen des vereinbarten Leistungsumfangs.
Was außerhalb des Leistungsumfangs liegt, ist von der Pauschale nicht umfasst. Pauschaliert wird das Entgelt und nicht die Leistung. Dementsprechend ist es selbstredend, dass der AN im Fall von Leistungsänderungen oder Störungen der Leistungserbringung eine Vergütung für den Mehraufwand verlangen kann.
Mythos 2: Funktional ist besser als konstruktiv
Auch beim Pauschalpreisvertrag ist es Sache des AG, den Leistungsumfang vollständig zu beschreiben. Die Leistung funktional zu beschreiben, bringt dem AG auf den ersten Blick Vorteile. Durch die Verwendung von allgemeinen Merkmalen, Leistungs- und Funktionsanforderungen kann theoretisch nur das Leistungsziel vorgegeben werden, ohne die Leistung in Einzelpositionen aufzugliedern. Vom Leistungsumfang umfasst und mit der Pauschale abgegolten wäre dann »alles«, was zur Erreichung des Leistungsziels erforderlich ist. Eine rein funktionale Leistungsbeschreibung lässt sich jedoch praktisch kaum verwirklichen. Außerdem birgt sie für den AG die Gefahr, dass seine Qualitätsvorstellungen nicht erfüllt werden. Im Zweifel, ohne eine konkrete Beschreibung, schuldet der AN nämlich nur ein taugliches Werk von durchschnittlicher Art und Güte.
Mythos 3: Mengenrisiko wird uneingeschränkt überwälzt
Das Unterbleiben der Abrechnung nach tatsächlich ausgeführten Mengen hat zur Folge, dass der AN grundsätzlich das Mengenrisiko, also das Risiko von Mengensteigerungen vorhandener Leistungspositionen, trägt. Dieses Risiko übernimmt der AN jedoch nicht uneingeschränkt und in jedem Fall. Gradmesser ist die Qualität der verfügbaren Mengenermittlungskriterien (Pläne, Bau- und Ausstattungsbeschreibung, Schemata, Raumbücher odgl.) sowie die Möglichkeit, Mengenangaben anhand dieser prüfen zu können. Nur soweit sich die Annahmen anhand dieser Unterlagen verifizieren lassen, kann das Mengenrisiko auf den AN überwälzt werden. Unvorhersehbare Mengensteigerungen sind von der Pauschale nicht gedeckt bzw. kann die Überwälzung des Mengenrisikos in diesem (Einzel)Fall sittenwidrig sein.
Fazit
Beim Pauschalpreisvertrag unterbleibt eine Abrechnung nach den tatsächlich ausgeführten Mengen. Wie viel »Mythos und Wirklichkeit« im Pauschalpreis steckt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ausschlaggebend sind der vereinbarte Leistungsumfang sowie die Qualität der verfügbaren Mengenermittlungskriterien.