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Smarte Stolpersteine

Foto: Mit dem Projekt COEBRO wird an der TU Graz am effektiven und ressourcenschonenden Umgang mit dem Werkstoff Beton via 3D-Druck geforscht. Foto: Mit dem Projekt COEBRO wird an der TU Graz am effektiven und ressourcenschonenden Umgang mit dem Werkstoff Beton via 3D-Druck geforscht.

Smart Buildings gab es vereinzelt schon in den 70er-Jahren. Man hat sie aber nicht so genannt. Heute sind »intelligente Gebäude« weitgehend Standard. Aber auch das Bauwesen wird zunehmend smart. Allein in ­Österreich sind aktuell zahlreiche Forschungsprojekte am Laufen. Die Gesetzgebung hinkt dem Zeitgeist noch hinterher.

Smart hat eine lange Tradition. »Seit wir die ersten Gewerke im Gebäude zusammengeschaltet haben, setzen wir auf Smart Building«, stellt Walter Michor, Siemens Building Technologies, fest. Bereits in den 70er- und 80er-Jahren wurden bei einem Brand­alarm die Aufzüge in das Erdgeschoß gefahren, damit sie keiner mehr nutzen kann. »Da ein Smart Building im Grunde nichts anderes als ein vernetztes Gebäude ist, wurden hier de facto die ersten Smart Buildings realisiert – nur haben wir sie nicht so genannt.«
Durch die heute immer stärker um sich greifende Digitalisierung und Vernetzung wird auch das Bauwesen zunehmend smart. »Die Gesetzgebung ist mit der Forschung wie in vielen anderen Bereichen dazu leider nicht abgestimmt. Wenn die Forschung allerdings entsprechende Ergebnisse liefert und die Politik berät, kann sie sicher einen smarten Weg weisen«, hofft Kurt Leonhartsberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department Industrial Engineering der FH Technikum Wien.

Heinz Ferk, Leiter des Labors für Bauphysik an der TU Graz, fordert daher forcierte Forschung v.a. bei Baumaterialien der Zukunft, Kreislaufdenken, für wen, wie und in welcher Qualität gebaut wird, bei sinnvoller Integration und Separation gebäudetechnischer Komponenten, smarten Systemen, geeigneten konstruktiven hochbautechnischen Lösungsansätzen bis hin zu gesellschaftlichen Themen unter dem Aspekt der Automatisierung aller Bereiche sowie künftiger Infrastruktur und Rohstoffeffizienz. Eine »smarte« Gesetzgebung ist dringend notwendig. Das gilt auch für das große Trendthema der Bauwirtschaft. »Ein Stufenplan zur Einführung von BIM bei öffentlichen Bauaufträgen in den nächsten Jahren, wäre ein wichtiger Schritt, damit sich die Bauwirtschaft auf die neue Technologie einstellen kann«, betont Anton Rieder, Landesinnungsmeister Bau Tirol. In Deutschland und der Schweiz wird BIM ab 2020 bzw 2021 in die Gesetzgebung aufgenommen, Österreich hinkt hinterher.

Smarte Projekte

Vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Klimawandels und der Notwendigkeit einer Reduktion des Gesamt-Primärenergieverbrauchs und der Treib­hausgas-Emissionen im Gebäudelebenszyklus hat die TU Graz ein internationales Forschungsvorhaben mitinitiiert. Das Arbeitsprogramm des »IEA EBC Annex 72« umfasst die Harmonisierung und Integration von Bewertungsmethoden zur Ermittlung von Umweltwirkungen während des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. An smarten Prozessen entlang der digitalen Kette vom Planen übers Bauen bis hin zu den Ressourcen forscht an der TU Graz ein interdisziplinäres Team aus Architekten, Bauingenieuren, Informations- und Steuerungstechnologen.

Ziel ist es, die Digitalisierung für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Baukultur zu nutzen, informiert Christian Pichlkastner vom Institut für Tragwerksentwurf. Um das Know-how zu bündeln und längerfristig zu verankern, wird am Aufbau eines Kompetenzzentrums zur Digitalisierung des Bauens gearbeitet. Dazu wird das Team gemeinsam mit Wirtschaftspartnern als nächsten Schritt das Projekt »Digital Bauen« als COMET Projekt einreichen. So werden neue digitale Fabrikationsprozesse entwickelt, in denen der effektive und ressourcenschonende Umgang mit dem Werkstoff Beton unter dem Einsatz von 3D-Drucktechnologien erforscht wird, ergänzt Andreas Trummer vom ITE.

Bild oben: »Mit entsprechenden Ergebnissen kann Forschung sicher Einfluss auf die politische Arbeit nehmen und das Thema ›Smart‹ in allen Facetten vorantreiben«, sagt Kurt Leonhartsberger vom FH Technikum Wien

Das Projekt sLiM – Smart Living in a Metropolis – arbeitet wiederum an konkreten Maßnahmen für die Flexibilisierung und nachhaltige Gestaltung im urbanen Energiesystem. Als ein wesentliches Projekt an der FH Technikum Wien nennt Kurt Leonhartsberger das »Zukunftsquartier«, wo untersucht wird, wie sich smarte Flexibilität bei Mischnutzung durch Büro-, Einkauf- und Wohnbereich auswirkt. Plusenergiequartiere sind der Kern von KoLPEQ, das im Jänner 2019 startet. »Es bringt nichts, sich nur mit technischem Potenzial zu beschäftigen. Es braucht die Integration der NutzerInnen und ihren Anforderungen an lebenswerte Quartiere als soziotechnische Systeme.«

Smart in der Wohnumgebung ist ein Forschungsfeld an der Donau-Universität Krems. Manfred Bruck verweist u.a. auf Cool Air, das die Optimierung der natürlichen Nachlüftung über Klappen zum Inhalt hat. Wohlgefühl ist auch Thema bei E-Fence – einem Projekt rund um Sensoren für Klimaanlagen. MANUBuilding ist schließlich ein Forschungsprojekt rund um energieeffiziente Produktionsgebäude in der Industrie. Lebensqualität wird auch am IBO groß geschrieben – SC_Mikroquartiere erforscht energie- und lebensqualitätsoptimierte Planung und Modernisierung von Smart City–Quartieren. Als laufendes Projekt nennt Barbara Bauer Way2Smart Korneuburg, mit dem die niederösterreichische Gemeinde auf ihrem Weg unterstützt werden soll, bis 2036 energieautonom und CO2-neutral zu werden.

Smart Readiness Indicator

Die EU-Kommission führt auf Basis des »Clean Energy for All European«-Maßnahmenpakets von 2016, konkret in der 2018 überarbeiteten EU-Gebäuderichtlinie, den Smart Readiness Indikator ein. Damit soll die Fähigkeit von Gebäuden bewertet werden, wie stark sie bezüglich Energiesystem kommunizieren können, nach innen und außen. Derzeit erstellt ein EU-Konsortium aber erst einen Vorschlag zur Berechnung des Indikators. »Das wird bis Ende 2019 dauern, danach sollen die einzelnen Mitgliedsländer den Indikator national umsetzen«, informiert Armin Knotzer von AEE INTEC, der mit einem Team am nationalen Vorschlag der Einführung arbeitet. Es braucht viele Stakeholder, mit denen das Potenzial smarter Technologie, die Erwartungen an intelligente und flexible Gebäude, Technologiescreening, Wirkungsanalyse und Klassifikation möglicher Technologien und Services sowie der Einfluss von bzw. auf nationale Regelwerke erörtert wird. Die Stakeholder-Online Umfrage kann unter de.surveymonkey.com/r/2ZWSVMR aufgerufen werden.

Building Innovation

Ab Herbst 2019 bietet die Donau-Uni Krems den Universitätslehrgang »Building Innovation«, eine berufsbegleitende Weiterbildung rund um die integrale Planung von zukunftsfähigen und energieeffizienten Gebäuden. Das Get-together findet am 15.9.2019 statt, die zwölf Module reichen bis Juni 2021.

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