Zankapfel Vergaberecht
- Written by Redaktion
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Der Entwurf zum Bundesvergabegesetz stärkt das Bestbieterprinzip nicht, sondern schwächt es. So drastische Folgen, wie Kritiker befürchten, hat das allerdings nicht.
Der Entwurf des Bundesvergabegesetzes 2017 sorgt für jede Menge Zündstoff. Besonders scharf fiel die Kritik der Bundeskammer der Ziviltechniker aus. Die geplanten Änderungen würden das Bestbieterprinzip dramatisch aushöhlen, ein Preis- und Qualitätsverfall mit enormen negativen Folgen sei vorprogrammiert. »Die Novelle bot die einmalige Chance zur Förderung engagierter, regionaler Betriebe, die hochqualifizierte Leistungen anbieten. Mit dem vorgelegten Entwurf sinkt die Unterstützung aber umgekehrt auf einen neuen Tiefpunkt«, kritisiert der Vizepräsident der Bundes-Ziviltechnikerkammer Rudolf Kolbe. Bisher hätte das Bestbieterprinzip bedeutet, dass im Zuge der Angebotsbewertung neben dem Preis noch andere Kriterien berücksichtigt werden. Jetzt könne die Anwendung des Bestbieterpinzips auch die Vergabe nach den niedrigsten Kosten wie etwa Anschaffungs- und Wartungskosten bedeuten.
Für den Vergaberechtsexperten Stephan Heid, Heid Schiefer Rechtsanwälte, zielen diese und andere Kritikpunkte der Kammer zwar auf die richtigen Schwachstellen des Gesetzes, überzeichnen aber teilweise die Auswirkungen. Richtig ist laut Heid, dass der Entwurf das Bestbieterprinzip nicht stärkt, sondern schwächt, etwa durch die »nicht nachvollziehbare« Herausnahme von Sektorenauftraggebern wie Flughäfen, Verkehrsbetrieben oder Energieversorgern aus der Bestbieterpflicht bei Bauaufträgen. »Auch in anderen Bereichen versucht der Gesetzgeber durch den neuen Begriff der ›qualitätsbezogenen Aspekte‹ ein ›Bestbieterprinzip light‹ zu schaffen, das in Zukunft zulasten des echten Bestbieterprinzips ausgebaut werden könnte«, befürchtet Heid. Unzutreffend sei hingegen die Sorge, das Bestbieterprinzip könne auf reine Kostenfaktoren wie die angesprochenen Wartungskosten reduziert werden. »Versteht man den Gesetzgeber in den Materialien richtig, dann ist das ›Kostenmodell‹ keine zulässige Alternative für die klassischen Bestbieterfälle wie geistige Dienstleistungen oder Bauaufträge über einem Auftragswert von einer Million Euro. Eine Klarstellung im Gesetzestext selbst wäre aber hilfreich«, so Heid.