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Das Bestbieterprinzip in der Praxis

Das Bestbieterprinzip in der Praxis Foto: Thinkstock

Angekündigte Katastrophen bleiben in der Regel aus. Das gilt auch für die befürchtete Flut an Einsprüchen durch das Bestbieterprinzip, wie eine erste Evaluierung der Asfinag zeigt. Im Gegenteil: Durch das Bestbieterprinzip ist die Qualität der Angebote generell gestiegen. Mit dem Gemeindebund ist jetzt auch einer der schärfsten Kritiker von den Vorzügen des Bestbieterprinzips überzeugt.

Seit 1. März 2016 ist die Novelle zum Bundesvergabegesetz in Kraft und hat für die Branche einige Neuerungen bei öffentlichen Aufträgen gebracht. Dazu zählen mehr Transparenz bei Subvergaben, Verschärfungen im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping, ein stärkeres Augenmerk auf Eigenleistungen sowie das verpflichtende Bestbieterprinzip. Es war vor allem das Bestbieterprinzip, das bei vielen öffentlichen Auftraggebern für Skepsis und Stirnrunzeln gesorgt hat. Zu komplex, zu aufwendig und vor allen zu anfällig für Einsprüche wäre das neue Instrument. Schon früh zum Bestbieterprinzip bekannt hat sich hingegen die Asfinag.

Seit September 2015 kommt bei allen Bauausschreibungen über einer Million Euro freiwillig das Bestbieterprinzip zum Einsatz. Insgesamt 18 Qualitätskriterien – und damit sogar um fünf mehr als die Sozialparter-Initiative »Faire Vergaben« als Initiator des neuen Vergaberechts vorgeschlagen hat – hat die Asfinag definiert. Bei in Summe 98 Vergabefahren im Umfang von 720 Millionen Euro wurden zwei bis sechs dieser Kriterien in die Ausschreibung aufgenommen und abhängig von den Schätzkosten und den Gewerken mit drei bis zehn Prozent gewichtet.

Die erste Bilanz zeigt, dass das neue System nur in drei Fällen zu einer Neureihung geführt hat und sich der Zweitbilligste durch Qualitätsmerkmale an die Spitze gesetzt und den Zuschlag erhalten hat. Ein Indiz dafür, dass die Qualitätskriterien zu gering gewichtet sind, ist das laut Asfinag Vorstand Alois Schedl aber nicht. »Im Gegenteil. Durch das Bestbieterprinzip haben sich die Angebote generell verbessert. Jene Bieter, die den Preis optimieren, denken verstärkt auch über die Qualität nach.« Auch die befürchteten Einsprüche sind ausgeblieben.

Kritiker an Bord

Die größten öffentlichen Auftraggeber sind nicht die Asfinag oder die ÖBB, auch nicht der Bund oder die Länder, sondern die insgesamt 2.100 österreichischen Gemeinden. Sie investieren  mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dem Bestbieterprinzip sei Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer anfangs »durchaus euphorisch« gegenübergestanden. Allerdings wich seine Euphorie aufgrund der zu erwartenden Komplexität rasch einer großen Skepsis. »Ich habe mich auch darüber geärgert, dass vor einigen Monaten ein Leitfaden zur Anwendung des Bestbieterprinzips erschienen ist, der vorwiegend  für die großen Auftraggeber ÖBB und Asfinag gedacht war.« Kleinere Gemeinden und auch Auftragnehmer hätten aber ganz andere Anforderungen und Bedürfnisse.

Deshalb wurde jetzt gemeinsam mit den Sozialpartnern eine eigene Version speziell auch für kleinere Gemeinden erarbeitet. Das Ergebnis ist ein verschlankter Bestbieterkriterien-Katalog, der Vorschläge für je zwei Zuschlagskriterien aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt enthält. »Das Ziel war, die Gemeinden bürokratisch zu entlasten und trotzdem für Rechtssicherheit zu sorgen. Das ist mit dem neuen Leitfaden gelungen«, zeigt sich Mödlhammer zufrieden.


Zuschlagskriterien für Gemeinden

Gemeinsam mit dem Gemeindebund haben die Sozialpartner Vorschläge für jeweils zwei Zuschlagskriterien aus drei Bereichen erarbeitet.

Wirtschaft: 

Fachliche Qualifikation des Schlüsselpersonals
Reaktionszeit Bauphase

Soziales:

Erhöhte Arbeitssicherheit
Beschäftigung von Lehrlingen und älteren Arbeitnehmern

Umwelt:

Reduktion von Transportkilometern und LKW-Transporten
Technische Ausstattung der Fahrzeuge

Info: Speziell mit den Punkten »Reaktionszeit Bauphase« und »Reduktion von Transportkilometern und LKW-Transporten« ist es möglich, vergaberechtskonform regionale Unternehmen zu fördern. 

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