»Mit einer Lehre ist alles drin«
- Written by Redaktion
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Ein Gastkommentar von Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich.
Im immer stärker werdenden globalen Wettbewerb liegt Österreichs größte Chance in Innovation, Forschung sowie Qualität. Dafür brauchen wir für die Zukunft die besten Schulen der Welt, die die Begabungspotenziale unserer Kinder und Jugendlichen bestmöglichst ausschöpfen. An einer Reform des Schulwesens beteiligen wir uns aktiv und haben entsprechende Vorschläge auch schon der Politik vorgelegt.
Wo wir bereits jetzt zu den Besten der Welt gehören, ist bei der Berufsausbildung! Sowohl bei den Berufs-Welt-, als auch den Berufs-Europameisterschaften räumen unsere jungen Fachkräfte regelmäßig Medaillen ab und finden sich als Team immer auf einem Stockerlplatz. Positiv in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Lehrabschluss nach wie vor die häufigste Basis für Unternehmertum und leitende Positionen ist – 39 % aller Leitungspositionen in der Wirtschaft sind mit Lehrabsolventen besetzt.
Es sind aber nicht nur diese tollen Ergebnisse, die uns zeigen, dass wir mit unserem Dualen Bildungssystem den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Bestätigung geben uns auch die »nackten Zahlen«: Während Länder in Europa ohne ein Duales Bildungssystem mit Jugendarbeitslosenquoten von rund 20 % zu kämpfen haben, können wir in Österreich auf die niedrigste Quote mit 8 % stolz sein. Oder, um konkret zu werden: Finnland ist zwar Pisa-Sieger und hat das beste allgemeinbildende Schulwesen. Aber eine Duale Lehr-Ausbildung wie wir hat Finnland nicht und deshalb eine doppelt so hohe Jugendarbeitslosenquote. Auch die OECD sieht das österreichische Berufsausbildungssystem als weltweit vorbildlich an und das World Economic Forum hat Österreich im Wettbewerbsranking verbessert, weil wir in der beruflichen Ausbildung Spitze sind.
>> Heute an morgen denken <<
Wir stehen also gut gerüstet da für die Herausforderungen der Zukunft. Wir dürfen uns auf diesem Polster aber nicht ausruhen. Denn in den nächsten Jahren sinkt angesichts geburtenschwacher Jahrgänge die Zahl der 15-Jährigen dramatisch und gleichzeitig verschärft sich der Fachkräftemangel in unseren Betrieben. Zugleich entscheiden sich immer mehr Jugendliche gegen eine Lehrausbildung und für eine weiterführende Schule. Der Wirtschaft fehlen durch diese demografische und bildungspolitische Entwicklung tausende Fachkräfte, die für eine stabile Entwicklung unserer Wirtschaftskraft notwendig sind. Die duale Ausbildung muss das attraktivste Ausbildungsangebot für junge Menschen werden. Darum arbeiten wir daran, unser schon jetzt international gelobtes System weiter zu verbessern.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Erhöhung der Attraktivität der Lehrberufe, denn die Lehre ist keine Einbahnstraße, doch dieses Bewusstsein muss noch stärker in die Köpfe der Jugendlichen und ihrer Eltern hinein! Die Lehre ist etwas Positives mit unzähligen tollen Zukunftschancen und quasi einer »Jobgarantie«. Mit einer AHS-Matura alleine hat ein Jugendlicher heute am Arbeitsmarkt null Chance, mit einer Lehre aber alle Möglichkeiten. Über 200 attraktive Lehrberufe stehen den Jugendlichen zur Verfügung – mehr Auswahlmöglichkeiten als alle Universitäten zusammen anbieten können. Ein ganz besonderes Augenmerk muss die Bildungspolitik in den nächsten Jahren daher auf die Berufsorientierung legen, denn es darf nicht sein, dass 50 % aller Mädchen nur einen von vier Lehrberufen ergreifen. Außerdem müssen wir noch stärker vermitteln, dass auch der Weg in den tertiären Bildungsbereich, auf die Universitäten, mit einer Lehre möglich ist und an sich jedem offen steht. Wer etwa im Anschluss an die abgeschlossene Lehre die Berufsmatura macht, kann auch studieren. Oder man wählt gleich die Schiene »Lehre und Matura« und lernt neben der Berufsausbildung für die Reifeprüfung.
Lehre, Matura und Studium dürfen keine Gegensätze sein. Vielmehr muss es als Bereicherung angesehen werden, wenn junge Menschen ihren Lehrberuf mit einer höheren Ausbildung kombinieren wollen. Hier gilt es Anreize zu schaffen, die die Verbindung von dualer und höherer Ausbildung einfacher und durchlässiger gestalten. Das Motto lautet also, »von der Lehre zum Unirektor – es ist alles drin«!