»Maßgeschneiderte Finanzierungslösungen«
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Der klassische Bankkredit ist in Österreich noch immer die häufigste Finanzierungsform. Alternativen wie Mezzaninkapital sind bisher nur wenigen Unternehmern geläufig. Gregor Deix, Bereichsleiter Firmenkunden und öffentliche Hand der Erste Bank, über Vorteile und Einsatzgebiete von Mezzaninfinanzierungen.
(+) plus: Die Banken sind bei der Kreditvergabe vorsichtiger geworden. Steigt im Gegenzug die Nachfrage bei Mezzaninfinanzierungen?
Gregor Deix: Wir erwarten, dass die Eigenkapitalquoten der österreichischen KMU weiterhin unter Druck geraten und dass es zu einer Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdfinanzierungen klassischer Art kommt. Deshalb bringen wir dieses Produkt bewusst auch für KMU ab einem Finanzierungsvolumen von 200.000 Euro auf den Markt. Das ist besonders für wachstumsorientierte Unternehmen interessant, die keine entsprechende Eigenmittelausstattung und keine Sicherstellungen für klassische Bankfinanzierungen haben.
(+) plus: Üblicherweise liegt das Finanzierungsvolumen für Mezzaninkapital zwischen 500.000 und 7,5 Millionen Euro. Wie ist dieser deutlich geringere Rahmen möglich?
Deix: Mezzaninkapital ist in den meisten Fällen ein Teil einer gesamten Finanzierungsstruktur, ein Zusatz zu klassischen Bankfinanzierungen. Damit werden nicht der gesamte Finanzierungsbedarf, sondern im Durchschnitt nur etwa 20 Prozent abgedeckt.
(+) plus: Für welche Unternehmen kommt Mezzaninkapital infrage?
Deix: Für alle Unternehmen, die am Markt etabliert sind und Wachstumspotenzial haben. Weitere Anlassfälle sind Betriebsübergaben, Unternehmensnachfolgen oder Akquisitionsfinanzierungen. Außerdem Unternehmen, die Internationalisierung und die Erschließung neuer Märkte anstreben.
Sanierungsfälle und Gründungen schließen wir aus, dafür ist Mezzaninkapital nicht geeignet. Im Unternehmen muss es nachhaltig positive Cashflows geben und das bisherige Eigenkapital muss im Unternehmen verbleiben. Der Mindestumsatz sollte bei drei Millionen Euro pro Jahr liegen. Es gibt keinen speziellen Branchenfokus.
(+) plus: Werden die Finanzierungen individuell auf das Unternehmen zugeschnitten?
Deix: Die Laufzeit variiert zwischen fünf und zehn Jahren. Bei der Rückzahlung sind wir flexibel – von einer tilgenden Struktur bis zu einer endfälligen Lösung, bei der die Tilgung erst am Ende der Laufzeit zu leisten ist. Das richtet sich insbesondere nach dem Finanz- und Businessplan des Unternehmens. Deshalb spreche ich von maßgeschneiderten Finanzierungen: Wir gestalten die Tilgungskomponente und die Laufzeit möglichst flexibel und versuchen außerdem, in Kombination mit anderen Finanzierungsmodellen die optimale Struktur zusammenzustellen. Zuerst werden in der Regel Förderungen sowie Möglichkeiten der klassischen Investitionsfinanzierung ausgeschöpft, dann kommt die Mezzaninfinanzierung. Es ist kein Produkt für die große Breite, sondern eine maßgeschneiderte Nischenfinanzierung.
(+) plus: Gibt es eine Faustregel, wie hoch das Mezzaninkapital im Vergleich zum Eigenkapital sein darf?
Deix: Gemeinsam sollten Mezzaninkapital und Eigenkapital jedenfalls 20 Prozent der Bilanzsumme übersteigen.
(+) plus: Die Zinsen sind gegenüber einem klassischen Bankkredit relativ hoch. Mit welchen Kosten muss man rechnen?
Deix: Wir haben für Laufzeiten und Rating eine bonitätsabhängige Mindestzinskomponente eingebaut. Dazu kommt eine erfolgsabhängige Vergütung von zwei Prozent, wenn der Plan des Unternehmers im positiven Sinn erreicht oder überschritten wird, sowie eine Bearbeitungsgebühr. In Summe bleiben wir bei unseren Mezzaninfinanzierungen aber deutlich im einstelligen Bereich. Das ist ein sehr faires Angebot, denn immerhin handelt es sich um Blankofinanzierungen ohne Sicherheiten, die nachrangig gegenüber dem sonstigen Fremdkapital sind.
(+) plus: Wie läuft eine Mezzaninfinanzierung konkret ab?
Deix: Der Kunde stellt uns sein Investitions- oder Wachstumsvorhaben vor, wir analysieren seinen Businessplan und Finanzbedarf und stellen – in Relation zu seiner Bilanzstruktur – das optimale Finanzierungspaket zusammen. Je früher uns der Kunde einbindet, desto besser. Wir bemühen uns sehr, den Prozess möglichst zügig abzuschließen. Länger als acht Wochen sollte es vom ersten Gespräch bis zur Auszahlung nicht dauern.
(+) plus: Mezzaninkapital gibt es in verschiedenen Spielarten – von eher eigenkapitalähnlichen Formen bis zu Finanzierungen mit Fremdkapitalcharakter, die sich jeweils unterschiedlich in der Bilanz niederschlagen. Decken Sie das ganze Spektrum ab?
Deix: Es ist gerade für Klein- und Mittelbetriebe wichtig, dass es nicht zu Änderungen der Stimmrechtsverhältnisse kommt und kein Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen genommen wird. Deshalb bieten wir Mezzaninkapital als nachrangiges Risikokapital an. In unserem Rating wird es als wirtschaftliches Eigenkapital geführt, streng genommen ist es in der Bilanz dem Fremdkapital zuzurechnen. Diese Variante halten wir für die beste.
(+) plus: Besteht statt einer Rückzahlung auch die Möglichkeit zur Umwandlung in Unternehmensanteile?
Deix: Das sehen wir nicht vor. Die Rückzahlung erfolgt entweder abgestimmt auf den Businessplan mit laufenden Tilgungen oder wird durch die erwirtschafteten Erträge am Ende der Laufzeit auf einmal getilgt. Es gibt auch die Möglichkeit, am Schluss noch eine zweijährige Abschichtungsdauer anzuschließen.
(+) plus: Was passiert im Insolvenzfall?
Deix: Das ist das Risiko. Unser Kapital ist gegenüber allen Fremdkapitalgläubigern nachrangig. Wir müssen deshalb vorher besonders gut prüfen und richten uns gezielt an etablierte Unternehmen, die ein genaues Reporting zur Verfügung stellen können. Das Risiko wird durch einen höheren Risikoaufschlag abgegolten. Es ist ein selektives Produkt – man muss die Kunden kennen, für die es passt. Wir beobachten auch während der Laufzeit die Entwicklung des Unternehmens auf Basis der Quartalsberichte und sind laufend in Kontakt. Einmal pro Jahr gibt es ein intensives Gespräch mit den Kunden. Aber wir wollen keine Einflussnahme in die Geschäftsführung des Unternehmens.
Glossar:
Der Begriff Mezzaninkapital leitet sich vom italienischen Wort „mezza“ (= Mitte) ab. Es handelt sich um eine Mischform von Eigen- und Fremdkapital, die sich nicht auf Sicherheiten, sondern auf Beteiligungen am Gewinn stützt. Mezzaninkapital ist verzinslich und tilgungspflichtig. Je nach Ausprägung in der Bilanz reicht die Bandbreite von eigenkapitalähnlichen Formen wie Genussscheinen, Wandelanleihen oder stillen Beteiligungen bis zu nachrangigen Gesellschafterdarlehen mit Fremdkapitalcharakter. Als Fremdkapital bilanziert, ist die Finanzierung steuerlich abzugsfähig, ein als Eigenkapital ausgewiesener Bilanzposten verbessert hingegen die Bonität.
Die Verzinsung erfolgt gewinnabhängig und ist aufgrund des höheren Risikos höher als bei herkömmlichen Kreditfinanzierungen. Weitere Sicherheiten wie Hypotheken oder Bürgschaften sind nicht erforderlich – die Bonität für weitere Fremdfinanzierungen bleibt deshalb erhalten. Die Laufzeit wie auch der Tilgungszeitpukt werden individuell an die Liquiditätslage des Unternehmens angepasst. Manche Kapitalgeber behalten sich das Recht vor, statt der Rückzahlung Unternehmensanteile zu übernehmen (»Equity Kicker«). Mezzaninkapital wird bei wachstumsstarken, etablierten Unternehmen, Expansionsvorhaben oder zur Finanzierung von Betriebsübergaben eingesetzt. Für Gründungen sind Mezzaninfinanzierungen daher nicht relevant.