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Wien darf Wienux werden

Vor kurzem gingen noch in München die Wogen hoch: die Ankündigung, alle 14.000 PCs der Stadtverwaltung auf Linux zu migrieren, trieb Microsoft-Chef Steve Ballmer die Sorgenfalten auf die Stirn. Dieser reiste persönlich an, um die Münchner von den Vorteilen von Window-Systemen zu überzeugen. Genützt hat es freilich nichts: in der bayrischen Hauptstadt wird bis 2008 nun rigoros auf Open-Source umgestellt. Ganz so dogmatisch läuft es in Wien, der nächsten Station des Gerangels ums bessere Betriebssystem, nicht ab: dort dürfen sich nun die Magistratsbediensteten selbst entscheiden, ob der Pinguin Einzug in die Kanzleien hält. Totalumstieg werde es definitiv keinen geben, betont Stadtrat Rudi Schicker. Dazu sind die Wiener zu pragmatisch. Der Plan: 7500 PCs, rund die Hälfte aller Abreitsplätze, könnten \"problemlos\" das lizenzkostenfreie Office-Paket OpenOffice.org benutzen. 4.800 dieser PCs wiederum könnten komplett auf Linux umgestellt werden. Das Open-Source-Paket in der Hauptstadt wurde liebevoll Wienux getauft und soll zunächst bis Ende des Jahres bereits einige hundert interessierte Nutzer erobert haben.

Im Rahmen dieser \"sanften\" Produkteinführung betont Erwin Gillich, Leiter der IT-Dienststelle MA 14, die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Migration. \"Wer will, kann sich für den Open-Source-Weg entscheiden. Wer dagegen an den bisherigen Produkten hängt, möge dort verbleiben\", so Gillich. Er selbst sei \"nicht weltanschaulich oder religiös geprägt\", sondern müsse \"wirtschaftlich denken\". Pro vollständig umgestiegenen Arbeitsplatz rechnet die MA 14 mit jährlich 90 Euro Lizenzkostenersparnis. Die Kosten für die Entwicklung des Linux-Pakets samt Schulungen und Installation beziffert Gillich mit rund 110.000 Euro in einem Zeitraum von fünf Jahren. Allerdings: Kontrapunkt zu Microsoft-Windows-Systemen soll der neue Weg nicht werden. Open-Source-Software verfüge ebenso über Schwächen und hätte eine Total-Cost-of-Ownership, die zu beachten sei.

Technisches. Wienux wurde auf Basis der Linux-Distribution debian mit dem KDE (Kool Desktop Enviroment) Desktop entwickelt. Als Webbrowser wird Mozilla Firefox eingesetzt, auf die E-Mails kann via Microsoft Outlook WebAccess zugegriffen werden. Zudem wurden für die Arbeit in den Magistraten Features wie Single-sign-on-Lösungen und SAP-Schnittstellen hinzugefügt. Während das lizenzkostenfreie OpenOffice.org auf allen Rechnern (Microsoft oder Wienux) installiert werden soll, ist Gillich dankbar über die Strategie der kleinen Schritte in der Migration zu einem neuen Betriebssystem. \"Alle Desktops auf einmal umzustellen, wäre nicht wirtschaftlich gewesen\", so der MA 14-Leiter.

\"Wir glauben gute Produkte gemacht zu haben, wissen aber: der Teufel steckt im Detail\", so Gillich weiter. Man werde die Arbeitsplatzlösung \"sicherlich noch nachbessern müssen\". Die nächsten Jahre sollen dazu dienen, die Migration und Arbeit mit plattformunabhängigen Systemen genau zu beobachten. In Kürze soll auch eine Einzelplatzlösung für Computer außerhalb des Magistratsnetzwerkes angeboten werden. Diese werde dann ohne Single-Sign-On-Features oder Sicherheitsfeatures auskommen.

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