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»Es fehlt der Mut«

Wolfgang Louzek, Präsident des Verbands der institutionellen Immobilieninvestoren, über die heilige Kuh Mietrechtsgesetz, den fehlenden Mut der Politik für nachhaltige Veränderungen und seinen Kampf gegen Windmühlen.


Report: Sie haben die Konjunkturpakete der Regierung prinzipiell gutgeheißen, die Ihrer Meinung nach zu kurz greifenden Maßnahmen aber auch kritisiert. Sie haben sich auch eine Änderung im Mietrechtsgesetz gewünscht, um so einen Investitionsanreiz zu setzen. Dazu ist es nicht gekommen. Wie bewerten Sie aus heutiger Sicht die Maßnahmen der Regierung?
Wolfgang Louzek: Die allgemeinen Maßnahmen sind natürlich zu begrüßen, weil damit das Vertrauen in ein System gestützt wurde. Da wurde sehr rasch, sehr professionell und mit einem enormen finanziellen Aufwand reagiert. In Hinblick auf die Baubranche ist vieles in die individuelle Förderung gegangen. Der Mut, Investitionen für größere Eigentümer attraktiv zu machen, hat aber leider gefehlt. Investitionen in ein Objekt kommen in der Regel den Mietern zugute. Hier hätte man einen Schritt in Richtung steuerlichen Anreiz für diese Investitionen, aber vor allem auch in Richtung Ertragsanreiz setzen können. Der Zeitpunkt dafür wäre ein guter gewesen. Zudem sind bei der vorzeitigen Abschreibung Baumaßnahmen dezidiert ausgenommen worden, also genau der Bereich, wo wirklich Geld fließen würde.

Report: Welche Änderungen im Mietrechtsgesetz fordern Sie konkret?
Louzek: Oberste Priorität haben die Geschäftsflächen, die endlich aus dem MRG genommen werden müssen. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß. Der Schutz des Mieters hat im Bereich Wohnraummiete seine Berechtigung. Im Bereich der Geschäftsraummiete stehen sich jedoch Kaufleute, also zwei Teilnehmer des Wirtschaftslebens, gegenüber, die ihr Handeln an marktwirtschaftlichen Grundsätzen ausrichten. Ich glaube nicht, dass hier der Staat regulierend eingreifen muss. Wenn ein Eigentümer investiert, dann wird man sich auf eine höhere Miete einigen, und wenn nicht investiert wird, auf eine niedrigere.

Report: Ihre Kritiker fürchten dadurch deutlich steigende Mieten.
Louzek: Zu Unrecht. Natürlich kann es zu Beginn der Liberalisierung – wie übrigens bei jeder Liberalisierung – zu kurzfristigen Irritationen kommen. Aber nach kurzer Zeit wird der Markt die Regelung übernehmen. Denn wenn ein Eigentümer eine dem Objekt inadäquat hohe Miete verlangt, wird er es nicht vermieten können. So einfach ist das. Es wird in diesem Zusammenhang auch immer mit der hohen Leerstandsrate in B- und C-Lagen argumentiert, was schlichtweg falsch ist. Denn die Leerstände sind nicht auf eine hohe Miete zurückzuführen. Vielmehr können durch einen unrentablen Betrieb in schlechten Lagen nicht einmal die Betriebskosten bewältigt werden.
Auch im Altbaubereich, speziell bei Büros und Ordinationen, treibt das MRG seltsame Blüten und wird, salopp gesagt, zu einem Sachverständigen- und Expertenförderungsgesetz. Denn selbst der kundige Unternehmer hat keine Chance, das Gesetzesdickicht zu durchblicken.

Report: In vielen anderen europäischen Ländern wurden der Wohnungs- und Geschäftsbereich bereits getrennt.
Louzek: Österreich ist sogar das einzige Land mit der Kombination Bestandsregime, sprich Kündigungsschütz, und Mietrechtsregime, sprich gedeckelte Miethöhen. Das gibt es sonst nirgendwo.

Report: Mehr Markt, weniger Staat ist in der aktuellen wirtschaftlichen Situation kein besonders populärer Slogan. Spüren Sie heute einen stärkeren Gegenwind?
Louzek: Der Gegenwind war schon vorher sehr stark, da hat sich wenig geändert. Das Mietrecht ist in Österreich eine heilige Kuh. Wenn man das nur anspricht, nehmen die meisten schon Verteidigungsposition ein, unabhängig von der politischen Ausrichtung und den aktuellen Rahmenbedingungen.

Report: Sie klammern den Wohnungsbereich aus Ihren Forderungen explizit aus. Aus Überzeugung oder aus rein pragmatischen Gründen?
Louzek: Aus Vernunftgründen. Würden wir den Wohnbereich inkludieren, würde uns gar keiner mehr zuhören. Da hat man in Österreich keine Chance. Deshalb konzentrieren wir uns vorläufig auf das Thema Geschäftsraummiete. Das ist schwierig genug. Das ändert aber nichts daran, dass es höchste Zeit für eine Gesamtmodernisierung des MRG wäre.

Report: Was wären die größten Vorteile einer Liberalisierung?
Louzek: Ich sehe ein enorm großes Potenzial, nicht nur in Hinblick auf neue Investitionen, sondern auch in Bezug auf das Steueraufkommen. Wenn der Mietertrag steigt, steigen auch Umsatz- und Einkommenssteuer. Auch wenn es oft so dargestellt wird, aber es ist kein kapitalistischer Auswuchs, Immobilien zu besitzen und zu vermieten. Das ist auch nichts Böses, sondern ein ganz normaler Teil der Wirtschaft. Speziell als institutioneller Investor hat man ja leider immer noch mit einem sehr schlechten Image zu kämpfen.

 

Report: Ihre Arbeit erscheint als Kampf gegen Windmühlen. Wo konnten Sie in den letzten Jahren den Hebel für Veränderungen ansetzen und welche Türen sind nach wie vor fest verschlossen?
Louzek: Das ist schwer zu beantworten. Aber ich glaube, wir können mit Recht sagen, dass es uns zumindest gelungen ist, das Thema im Bewusstsein der politischen Entscheidungsträger zu platzieren. Die aktuellen Regierungsparteien sind ja auch schon übereingekommen, dass sich beim Miet- und Wohnrecht etwas verändern muss. Was genau geändert werden muss, divergiert allerdings noch sehr stark. Wir haben auch bei vielen kleineren Novellen Nadelstiche platzieren können. Der große Wurf, die Herauslösung der Geschäftsraummieten aus dem MRG, ist aber noch nicht gelungen.

Report: Wo setzen Sie derzeit den Hebel an?
Louzek: Wir versuchen, uns auf allen Ebenen der Wahrnehmung Gehör zu verschaffen. Da ist auch viel Klinkenputzen dabei. Wir sind in engem Kontakt zu den Bereichssprechern der Parteien und vernetzen uns mit anderen, ähnlich gelagerten Interessensvertretungen. Wenn man lange genug an einem Thema dran bleibt, es am Köcheln hält, dann wird hoffentlich einmal der Zeitpunkt kommen, an dem auch die Politik nicht mehr daran vorbei kann. Inoffiziell stimmen viele Politiker unseren Forderungen zu, nur offiziell sagen dürfen sie es nicht.

Report: Wie geduldig oder ungeduldig sind Ihre Mitglieder?
Louzek: Die meisten unserer Mitglieder sind sehr geduldig. Sie wissen, dass die Mühlen in Österreich langsam mahlen. Schwierig ist es mit ausländischen Investoren. Da fehlt dann oft jegliches Verständnis für die österreichischen Eigenheiten. Das hat Konsequenzen und verhindert natürlich auch Investitionen.

Report: Wie hat sich der Immobilienstandort Wien aus Ihrer Sicht im letzten Jahr entwickelt?
Louzek: Mit Ausnahmen vielleicht des ersten Bezirks höre ich von den Kollegen, dass die Mieten stagnieren. Deswegen kann ich das Klagen von Interessensvertretungen über steigende Mieten auch nicht verstehen. Da werden Statistiken falsch interpretiert und Äpfel mit Birnen verglichen. Im internationalen Vergleich ist Wien nach wie vor ein lohnenswerter Standort für Immobilieninvestoren. Alleine in der Metropolstatistik Europas rangieren wir im letzten Drittel, da gibt es mittelfristig noch einiges zu holen.

Report: Spüren Sie ein verstärktes Interesse ausländischer Investoren?
Louzek: Das ist im Moment schwierig, alle sind ein wenig zurückhaltender als sonst. Ein Privater kann frei über sein Geld verfügen und wenn er denn will, relativ einfach antizyklisch investieren. In Unternehmen ist das anders. Da muss jede Investition erklärt werden. Diese Flexibilität privater Investoren führt etwa dazu, dass wir im Bereich von Zinshäusern oder Eigentumswohnungen beinahe schon wieder Vorkrisenniveau erreicht haben.  Man muss sich um die Branche aber keine Sorgen machen. Auch wenn es vielleicht noch ein wenig dauert, aber es werden wieder Büros und Geschäftsflächen nachgefragt werden. Und es wird auch wieder gebaut werden.

Report: Dieses Phänomen ist aber nicht nur auf die Krise zurückzuführen, diese Zyklen gehören zum Geschäft.
Louzek: Die Krise hat die natürlichen Zyklen verstärkt. Im Kern gab es diese Entwicklungen aber immer schon. Ich erinnere mich noch an die Zeit des ersten Zinshausbooms knapp vor der Weltausstellung. Da sind Objekte im zweiten Bezirk zu abenteuerlichen Fantasiepreisen über Nacht weiterverkauft worden. Da sind Immobilien zur Handelsware geworden. Und dann ist das Ergebnis der Volksbefragung bekannt worden und die aktuellen Besitzer sind auf extrem überteuerten Objekten sitzen geblieben.

Report: Wo sehen Sie in Wien das größte Entwicklungspotenzial?
Louzek: Ich denke, dass man mittelfristig in Richtung Norden gehen muss. Der Süden ist weitgehend verbaut und auch nicht mehr wirklich attraktiv. Aber im Norden in der Nähe der U-Bahn-Stationen sehe ich ein großes Potenzial.

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