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»Lieber gemeinsam sparen als Mietpreisreduktionen«

Clemens Rumpler, Geschäftsführer Henderson Global Investors Immobilien Austria GmbH, über Erfolgskriterien für Einkaufszentren, Begehrlichkeiten in Richtung neuer Großprojekte im Gewerbebereich und wie er seinen Mietern in Krisenzeiten entgegenkommt und dabei die Miethöhe unangetastet lässt.


Report: Die Immobilienwirtschaft wurde im letzten Jahr so richtig durchgebeutelt. Wie geht es der Henderson Immobilien Austria GmbH?
Clemens Rumpler: Das lässt sich nicht in einem Satz beantworten. Die meisten unserer Investoren sind ja nicht nur in unserem Immobilienfonds investiert, sondern auch in vielen anderen Fonds mit ganz anderen inhaltlichen Schwerpunkten als Immobilien. Die haben ein breit gestreutes Portfolio, wo die Immobilienbeimischung meist eine marginale Rolle spielt. In der Krise kam es, vor allem im Nichtimmobilienbereich, zum Teil zu massiven Wertverlusten. Da hilft es mir auch nur wenig, dass sich unser Fonds trotz Krise als äußerst stabil erwiesen hat. Wenn es nun unseren Investoren auf der Ebene der Gesamtanlagestrategie schlecht geht, dann wirkt sich das indirekt auf unseren Fonds aus. Investoren gleichen Verluste oft dadurch aus, dass sie Kapital aus den Investments abziehen, in denen es besonders gut gelaufen ist. Die Folge für den Fonds: Neues Kapital steht kaum zur Verfügung, vorhandenes wird abgezogen und weitere Akquisitionen gebremst. Das ist durchaus verständlich und nachvollziehbar, es ist aber schade, weil es derzeit richtig gute Investmentchancen am österreichischen Markt geben würde und dieses Fenster wahrscheinlich maximal noch bis zum Sommer 2010 offen ist.

Report: Abwertungen sind an der Tagesordnung. Wie hat sich der Immobilienwert des Warburg-Henderson Österreich Fonds Nr. 1 im letzten Jahr entwickelt?
Rumpler: Viel besser als befürchtet. Uns sind sogar drei erfreuliche Aufwertungen gelungen: mit dem Objekt Outlet-Center Galerien in Parndorf, unserem Bürogebäude in der Mariahilfer Straße und einem Gewerbegebäude am Handelskai in Wien. Dies ist im Wesentlichen auf vorausschauendes und aktives Asset Management zurückzuführen. Uns ist es gelungen, den Leerstand drastisch zu reduzieren. Beispielsweise konnten rund 4.000 Quadratmeter Leerstand im Objekt Handelskai 52 beseitigt werden. Dort haben wir indirekt von der Krise profitiert. Rundum in den benachbarten Prestigeobjekten kostet der Quadratmeter zwischen 15 und 17 Euro. In unserem Objekt liegt die Miete mit sechs bis acht Euro wesentlich niedriger. In der Krise suchen viele Mieter günstigere Flächen, die trotzdem eine gute Lage und eine zeitgemäße Ausstattung aufweisen. Beides ist im Handelskai 52 der Fall.

Report: Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung haben Sie einmal gesagt, dass Mietreduktionen für Sie nicht in Frage kommen. Gilt das auch in Zeiten, in denen viele Ihrer Mieter ums Überleben kämpfen?
Rumpler: Ja, absolut. Das Unerfreulichste für einen Immobilienbesitzer ist, wenn der Ertrag sinkt. Der Ertrag ist nun einmal die entscheidende wertbildende Zahl. Und ist die Miete erst einmal gesenkt, ist es fast unmöglich, sie wieder zu erhöhen. Eine Mietzinssenkung nur aus der Angst heraus, man könnte einen Mieter verlieren, halte ich für ein völlig falsches und brandgefährliches Signal. Mietreduktionen kommen deshalb nicht in Frage, da bleibe ich hart. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die Mieter zu unterstützen.

Report: Welche konkret?
Rumpler: Die Mieter versuchen, ihre Kosten zu optimieren. Viele glauben, dass man gerade jetzt den Vermieter unter Druck setzen kann. Ich stelle dann immer gerne die Frage, ob die Immobilie oder das Management schuld sind an Umsatz- oder Gewinnrückgängen. Wenn das nicht der Fall ist, sind Mietreduktionen vom Tisch. Wir kommen den Mietern aber dennoch entgegen. So haben wir etwa bei allen unseren Immobilien die Betriebskosten evaluieren lassen und da gibt es einen enormen Spielraum. In einem unserer Wiener Objekte konnten wir die Betriebskosten um circa 50 Prozent senken. Das geben wir an die Mieter weiter, die damit deutlich mehr einsparen können, als wenn wir die Miete um einen geringfügigen Betrag senken.

Report: Wo genau verbergen sich diese Einsparungspotenziale?
Rumpler: Vor allem im Bereich Facility Management. Die in der Branche üblichen Pauschalverträge beinhalten umfassende Leistungen, von denen viele in der Krise nicht unbedingt gebraucht werden. Da kann man einiges streichen oder deutlich reduzieren, das senkt natürlich die Kosten. Außerdem macht es oft auch Sinn, kurzfristig Geld in die Hand zu nehmen. Wir hatten den konkreten Fall, dass die ständige Wartung eines etwas älteren Fahrstuhls richtig viel Geld gekostet hat. Durch die Investition in eine neue Steuerung haben wir nicht nur die laufenden Kosten reduziert, sondern auch nachhaltig in die Immobilie investiert. Ähnliches gilt, wenn ich statt Mietreduktionen das Geschäftslokal durch einen neuen Boden oder das Streichen der Wände aufwerte. Das hat auch einen Mehrwert für Kunden, ohne meinen Ertrag zu schmälern.  

Report: Nicht jeder wird sich mit einem neuen Teppich oder weißen Wänden zufrieden geben.
Rumpler: Natürlich versuchen einige wenige Mieter, Profit aus der Krise zu schlagen und üben massiv Druck aus. Die drohen auch mit sofortiger Kündigung, wenn sie keine Reduktion bekommen. Da beginnt dann das strategische Spiel. Speziell in Fachmarktzentren und Einkaufszentren muss man sich dann die Wertigkeit des Mieters ganz genau ansehen. Handelt es sich um einen großflächigen, wichtigen Kunden oder nicht? Das ist der Grund, warum wir im Fonds breit auf verschiedene Mietparteien gestreut haben. So können wir uns einen jährlichen Leerstand von etwa 10.000 Quadratmetern ohne großen Performanceeinbruch leisten. Damit sind wir in einer guten Verhandlungsposition.

Report: Die Dichte an Fachmarktzentren und Einkaufszentren ist in Österreich sehr hoch. Ist die ökonomisch sinnvolle Grenze bereits überschritten?
Rumpler: Diese Grenze ist definitiv schon überschritten. Wir haben die höchste Dichte in ganz Europa. Deshalb kommt in Österreich auch der Lage eine immens große Bedeutung zu. Stimmt die Lage, dann spricht aber nichts gegen ein weiteres Center.

 

Report: Die Lage allein kann es aber nicht sein. Sonst müsste so mancher bekannter Einkaufstempel blühen und gedeihen, tut es aber nicht.
Rumpler: Es geht immer um das Gesamtpaket. Es gibt ganz klare Richtlinien, wie ein Einkaufszentrum aufgebaut sein muss. Da geht es um den richtige Branchen- und Mietermix, um eine vernünftige Kundenführung, die richtige Platzierung und Auswahl von Ankermietern, der Gastronomie- und Unterhaltungsbetriebe. Bei einigen der Objekte, die Sie ansprechen, sind meines Erachtens einige Grundregeln nicht beachtet worden.

Report: Welche Fehler sind das im Konkreten?
Rumpler: Viele Objekte sind viel zu dunkel, sie haben kein Beleuchtungskonzept. Aus der psychologischen Forschung weiß man heute sehr genau, welches Licht die Kunden im Center zum Bleiben und zum Kaufen animiert. Zweitens sind zu viele Stockwerke Gift für ein Einkaufszentrum. Das verschreckt Kunden.

Report: Woran erkennt man suboptimal performende Einkaufszentren?
Rumpler: An Notlösungen. Strukturelle Vermietungsprobleme erkennt man da­ran, dass sich im Center Low-Cost-Mieter einfinden. Das sind Mieter, deren Geschäftsmodell es erfordert, viel Fläche für wenig Geld zu bekommen, wie etwa aus dem Sport- oder Entertainmentbereich, zum Teil auch Diskotheken, Kinos oder Fitnesscenter. Die nimmt man eigentlich nur rein, wenn man über eine zu lange Zeit zu große Leerstände hat. Vor allem Kinobetreiber können immer auch starken Druck ausüben. Denn was kann ich mit einem Kino machen, wenn mir der Betreiber wegbricht? Entweder einen anderen finden, der aber wahrscheinlich auch nicht mehr zahlen wird, oder, wie etwa in einem bekannten Wiener Objekt, das Kino baulich rausschneiden. Das ist aber enorm aufwendig, kostet viel Zeit und Geld. Allerdings ist nicht jedes Center, das Low-Cost-Mieter enthält, ein schlechtes Center. Es kommt, wie immer bei Immobilien, auf das Gesamtkonzept an und natürlich auf den Kaufpreis.

Report: Was macht gute Zentren aus, abgesehen von der Lage?
Rumpler: Es funktionieren vor allem die Immobilien mit einem Eigentümer, der auch bereit ist, Geld zu investieren. Das gilt für Fachmarkt- und Einkaufszentren ebenso wie für Büroimmobilien. Wenn nichts für die Mieter gemacht wird, wird sich das über kurz oder lang auch auswirken. Gute Performance wie etwa im Donauzentrum zeigt sich daran, dass nicht nur investiert wird, sondern auch expandiert. Eine Regel lautet: Wenn eine Lage funktioniert, muss man sie ausquetschen wie eine Zitrone. Sehr gespannt bin auch auf das Einkaufszentrum Gerasdorf, das im Herbst 2011 eröffnet werden soll. Da sind Profis am Werk, die genau wissen, was den Erfolg ausmacht. Spitzenlage, Spitzenarchitektur – die werden sicher einen potenten Investor finden.


Report: Könnte Henderson dieser Investor sein?
Rumpler: Gerasdorf ist sicher eine Überlegung wert. Das einzige Problem, das ich derzeit sehe, ist das Fachmarktzentrum, das direkt vor dem Einkaufszentrum geplant ist. Ob dieses Nebeneinander funktionieren wird, weiß ich nicht. Wahrscheinlich wäre ein Parkplatz anstelle des Fachmarktzentrums besser gewesen.

Report: Gibt es in Österreich noch Potenzial für ein weiteres Outlet-Center?
Rumpler: Mit Salzburg ist jetzt gerade ein neues hinzugekommen. Ein Outlet- Center braucht ein riesiges Einzugsgebiet. Das sehe ich im Moment beispielsweise in Villach gegeben.

Report: Im Juli hat Henderson das Wiener Opec-Gebäude an die Raiffeisen-Holding verkauft. Ein guter Zeitpunkt, mitten in der Krise?
Rumpler: Der Preis hat gestimmt, war deutlich höher als der Ankaufspreis. Wenn ich vor Laufzeitende des Fonds ein Gebäude verkaufe, muss der Verkaufspreis den Verlust der jährlichen Einnahmen bis zum Fondsende kompensieren. Entsprechend hoch muss der Verkaufspreis sein, um den vorzeitigen Verkauf zu rechtfertigen. Es ging bei diesem Geschäft in erster Linie um subjektive Begehrlichkeiten. Der Käufer hatte Expansionswünsche und wegen Platzmangels wenig Möglichkeiten zur Realisierung. Das ändert sich durch den Ankauf des Opec-Gebäudes zu seinen Gunsten. Und es ist durchaus realistisch, dort mehr hinzubauen, als derzeit dort steht.
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Henderson in Österreich
Seit 2002 ist Henderson in Österreich aktiv und managt mit dem Warburg-Henderson Österreich Fonds Nr. 1 ein Vermögen von knapp 250 Millionen Euro. Die Hauptaktivitäten des Fonds liegen im Bereich Fachmarkt- und Einkaufszentren sowie Büroimmobilien. Es handelt sich um einen Immobilienspezialfonds für institutionelle Investoren nach dem deutschen Investmentgesetz.
Info: www.henderson.com/property

Last modified onMontag, 12 Oktober 2009 16:14
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