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Und sie gründen immer noch

Die Finanzmärkte kollabieren, die Weltwirtschaft versinkt in globaler Depression. Ist das Ende nahe? Österreichs Unternehmensgründer denken nicht so: Sie gründen weiterhin.

Die Auswirkungen der globalen wirtschaftlichen Flaute machen sich auch in Österreich bemerkbar. Doch von einer massenhaften Abkehr von der Marktwirtschaft und dem Unternehmertum ist einstweilen nichts zu bemerken. »Wir haben heuer in den ersten zwei Monaten im Schnitt mehr Anfragen gehabt, nicht weniger«, sagt Roland Gehbauer, Leiter des GründerCenters der Erste Bank am Wiener Schottenring. Harry Gatterer, Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft, einer wirtschaftskammernahen Organisation der Jungunternehmer und Unternehmensgründer in Österreich, sieht es so: »Wir wissen, dass es eine gedämpfte Stimmung auch bei den Jungunternehmern und Gründern gibt, so wie viele Unternehmer sich jetzt fragen: Investiere ich gerade jetzt oder investiere ich nicht? Aber gegründet wird trotzdem.« Im Jahr 2008 lag die Zahl der Unternehmensgründungen in Österreich bei 30.000 (wodurch 45.000 Jobs entstanden) und damit leicht unter 2007 mit 30.304 Gründungen. 2009 wird sich wohl ähnlich entwickeln. »Wir werden keine Rekorde schlagen, aber die Gründerwelle ebbt trotz Wirtschaftskrise nicht ab«, meint Gatterer. Die Unternehmensgründer setzen auf die richtige Idee und die richtige Nische, auch in härteren Zeiten. Gatterer verweist etwa auf die »Tiroler Gemüsekiste«: Die Gründer Michael und Brigitte Lebesmühlbacher haben ein Unternehmen für die Zustellung von Gemüse in den Haushalt gegründet. Sie bieten ein »wöchentliches Abonnement von Frischgemüse aus garantiert heimischem Tiroler Boden« an – als »Standardkiste und als Familienkiste (ca. ein Drittel mehr Inhalt)« erhältlich und garantiert vom (Tiroler) Bauern nebenan.

Das liebe Geld
Auch Sparkassen-Banker Gehbauer sieht die Gründer nicht unmittelbar unter Konjunktursorgen stöhnen. Die Ausfallraten sind bei ihm jedenfalls noch nicht gestiegen – wobei die Gründerspezialisten der Sparkassen und anderer Banken den Vorteil haben, dass es für Gründer spezielle, von der österreichischen Wirtschaftsförderbank aws garantierte Instrumente gibt, die die Geschäftsbanken vor Ausfällen schützen. Überhaupt sind die aws-Instrumente heute wichtiger denn je (siehe Kasten: Anlaufstellen für Unternehmensgründer). Die Palette reicht von Mikrokrediten über Betriebsmittelkrediten ab 10.000 Euro bis zu staatlichem Beteiligungskapital.
Die Qualität der beim GründerCenter zur Finanzierung vorgeschlagenen Projekte hat sich seit Ausbruch der Wirtschaftskrise nicht verschlechtert, meint Gehbauer: »Es sind wirklich gute Sachen dabei.« Dass die Kreditbedingungen heute härter seien als vielleicht noch vor einem Jahr, will Gehbauer nicht gelten lassen: »Durch die 80-prozentige Haftung der Förderstellen kommt man sicherheitenmäßig durchaus ans Ziel. Der von uns verlangte Eigenmittelanteil von 25 Prozent oder mehr ist halt immer ein Diskussionspunkt.«
Irene Fialka, Gründerberaterin beim Inkubator INiTS, einer Art Brutkasten für junge Unternehmen aus dem Hightech-Bereich, stellt freilich eine Geldklemme fest. »Bei den Erstgesprächen und auch in der Anlaufzeit zur Gründung spüren wir derzeit zwar noch keine Auswirkungen der Krise, aber bei laufenden Projekten merken wir es.«
Denn am Kapitalmarkt ist es enger geworden, die Venture-Capital-Firmen, die wichtige Finanzierungspartner für die Hightech-Gründungen sind, haben weniger Kapital zu vergeben. Vor allem Neugründungen, die Geld brauchen, haben es schwerer, meint Fialka. Wer dagegen für sein bereits tätiges, aber noch nicht positiv wirtschaftendes Unternehmen planmäßige neue Finanzierungsrunden braucht, hat bessere Karten. Fialka erhofft sich eine Entlastung der Situation, wenn die staatlichen Konjunkturmaßnahmen zu wirken beginnen. Pessimistisch sind die INiTS-Experten für ihre Schützlinge wie den Oberflächenbeschichtungs-Spezialisten happy plating (das Startup hat viel mit der krisengeschüttelten Autoindustrie zu tun und ist dennoch erfolgreich) nicht: »In der Vergangenheit hat man gesehen, dass aus erfolgreichen Gründungen in Krisenzeiten oft richtige Blockbuster hervorgegangen sind.« Andererseits: Die Gescheiterten kennt man natürlich heute nicht mehr.

Was ist schon sicher?
Bestärkend beim Gründen kann freilich die Tatsache wirken, dass auch große Firmen als Angestellten-Arbeitgeber derzeit oft unsicher wirken, was den Respekt vor dem Sprung in die Selbstständigkeit abmildern dürfte, sagt Gatterer. Und noch etwas: »Offensichtlich sehen viele diese Situation auch als Chance. Sie sagen sich: Jetzt ist die Gelegenheit, mit neuen Ideen und Konzepten am Markt zu reüssieren.« Das ist eine Art innovativer Kern der Gründer, den Gatterer »den Asterix-Faktor« nennt – etwa 15 Prozent der Jungunternehmer gehören zu einem Völkchen, das meint: »Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt.« Ansonsten hat man, wie bereits das berühmte Comic-Vorbild, vor nichts Angst.
Der Großteil der Jungunternehmer sagt allerdings, es geht weiter, bloß das Gehen ist härter, meint Gatterer. »Die heutige Zeit bewirkt, dass die Idee vom fixen Arbeitsplatz wackelt. Das wirkt förderlich.« Dass viele darunter sozusagen in die Selbstständigkeit gezwungen werden, glaubt Gatterer nicht. Auch eine von KMU Forschung Austria-Direktor Peter Voithofer präsentierte Untersuchung kommt zu diesem Schluss: Hauptmotiv für die Unternehmensgründung ist die Selbstverwirklichung; für die Hälfte der Gründer steht das Streben nach Gewinn im Vordergrund, aus der Not heraus werde nur eine Minderheit der Unternehmen gegründet. Gatterer: »Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass dieser Anteil äußerst gering ist. Oder kennen Sie einen Unternehmer, der sagt: Ich hab halt gründen müssen?«

Anlaufstellen für Unternehmensgründer:

>> AplusB Netzwerk von Inkubatoren und Beratungszentren für Hightech-Gründer in Österreich. Näheres unter www.aplusb.at.

>> INiTS (Wien): Inkubator für Hightech-Gründer aus der universitären und wissenschaftlichen Szene. Bietet umfassende Beratung und Hilfe und fördert Innovationen aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, Life Science u.Ä.
INiTS Universitäres Gründerservice Wien GmbH
Tel.: 01/715 72 67
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.inits.at   

>> Arbeitsmarktservice (AMS): Bietet zahlreiche geförderte Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte von Betrieben an, z.B. für Männer ab 45, Wiedereinsteigerinnen nach Kinderbetreuung, usw. Spezielle Branchen-Schwerpunkte etwa für den Tourismus bieten Zusatzleistungen. Auch für Unternehmensgründer interessante Arbeitsplatz- und Ausbildungsförderungen. AMS Österreich sowie Geschäftsstellen, Tel. 01/331 78 – 0; www.ams.at

>> AWS bzw. Tourismusbank, Landes-Förderstellen: Das Austria Wirtschaftsservice (aws) kann dank Konjunkturpaket heuer mit verdoppelten Fördermitteln von stolzen 1,8 Mrd. Euro operieren. Erhältlich sind KMU-Finanzierungen (Kleinkredite), Haftungen und Garantien, die für Unternehmenserweiterung und Modernisierung, Entwicklung neuer Produkte oder Verfahren bzw. Dienstleistungen verwendet werden können. Spezielle Gründer-Angebote. Informationen über die Hausbank, Landes-Förderstellen und natürlich das aws-Kundencenter: Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH, 1030 Wien, Ungargasse 37, Tel.: 01/501 75 – 100; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; www.awsg.at

>>Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich: Erste Anlaufstelle für Unternehmensgründer, Beratung zu allen Themenbereichen. www.gruenderservice.at

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