Gegen den Strom
- Written by Redaktion_Report
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Kleine Teilchen zittern
Bewegungen von Kügelchen, die etwa einen Mikrometer groß sind - das entspricht dem Zehntel des Durchmessers eines Haares - und in einer wässrigen Lösung schwimmen, nennt man \"Brownsche Molekularbewegung\". Oft gilt dieses Teilchenzittern als störend bei sehr sensiblen Untersuchungen und wird deswegen unterdrückt. Die Bielefelder Physiker hingegen nutzten diese vermeintliche Störung erstmals gezielt für ihre Zwecke: In einem so genannten Lab-on-a-Chip, einem \"Mini-Labor\" zur Untersuchung kleinster Flüssigkeitsmengen, gelang es ihnen, kleine Polymer-Kügelchen \"gegen den Strom\" schwimmen zu lassen. Die Mikro-Kugeln folgten nicht der Richtung der Kraft, die an sie angelegt worden war, sondern bewegten sich in die entgegengesetzte Richtung. Dank der besonderen Struktur des Chips, der Brownschen Molekularbewegung und der exakt austarierten Kraftfelder konnte so Newtons Bewegungsgesetz \"überlistet\" werden.
Theoretisch war dieser Effekt - im Fachjargon \"absolut negative Mobilität\" genannt - in stark vereinfachten Modellsystemen zwar schon vorhergesagt worden, die Physiker der Universität Bielefeld haben es jedoch als erste verstanden, dieses abstrakte Konzept in die Praxis umzusetzen und Möglichkeiten seiner Anwendung für die Bioanalytik aufzuzeigen. Es ist denkbar, das Transportphänomen zu nutzen, um mit Hilfe eines Lab-on-a-Chip Zellen oder sogar Biomoleküle zu trennen und zu sortieren. Die Brownsche Molekularbewegung geschickt auszunutzen, statt sie als Störung zu unterdrücken, eröffnet neue, aufregende Perspektiven in der Welt der Mikro- und Nanotechnologie mit faszinierenden Anwendungen.