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Was lange währt, wird endlich Orange

Von Daniel AJ Sokolov

One wird Orange. Endlich hat österreichs drittgrößter Mobilfunk-Netzbetreiber eine neue Eigentümerstruktur, der Energiekonzern E.ON ist ausgestiegen. Seit Jahren schwirrten immer wieder Gerüchte über einen mehr oder weniger unmittelbar bevorstehenden Verkauf von One durch den Blätterwald. Doch zwei Faktoren verhinderten die längste Zeit den Deal: Zunächst war da ein verkorkster Gesellschaftervertrag. Klar war, dass E.ON verkaufen wollte - aber jeder der Minderheitseigentümer Orange (France Telecom), Telenor und TDC hatte ein Vorkaufsrecht. Jeder wollte entweder verkaufen oder eine Mehrheit.

Eine Einigung darüber, wer wen um wie viel auskauft, wollte nicht und nicht zustande kommen. Daran war auch der zweite Faktor schuld: Der zwischenzeitliche Verfall der am internationalen Markt erzielbaren Preise für europäische Mobilfunknetzbetreiber. Natürlich wollte keiner mehr als den Marktpreis bieten und fast ebenso natürlich war das den anderen zu wenig.

Nachdem sich 2005 die Preise für Mobilfunknetze erholt hatten, kam vor einem Jahr zum ersten Mal echte Bewegung in die Sache. Die zuvor erfolgte übernahme des Konkurrenten tele.ring durch T-Mobile Austria hatte den Wert von One zusätzlich steigen lassen, denn es bestand Aussicht auf ein Nachlassen des Wettbewerbs und damit höhere Margen. France Telecom erkämpfte sich einen exklusiven Verkaufsprozess - nur France Telecom, zusammen mit dem Finanzpartner Carlyle Group, sollte kaufen dürfen. Man schritt zur Due Diligence Prüfung, brach diese jedoch ab. über die Ursachen dieses Scheiterns gibt es diverse Gerüchte, doch im Endeffekt wird es ums liebe Geld gegangen sein.

One-Verkaufsprozess startete im Februar
Erst im Februar dieses Jahres ging es weiter. Ein neuer Verkaufsprozess wurde gestartet, diesmal aber nicht exklusiv. France Telecom kreuzte mit Mid Europa Partners als Finanzpartner auf. Neben der niederländischen KPN sollen unbestätigten Informationen zu folge auch die russische Alfa Group und die ägyptische Orascom Telecom Interesse gezeigt haben. Beim Showdown im Juni setzten sich France Telecom und Mid Europa Partners gegen KPN durch.

Für 1,4 Milliarden Euro steigen E.ON, Telenor und TDC aus. Reich sind sie mit One nicht geworden, haben sie doch wesentlich mehr Geld investiert. Alleine bis Ende 2005 waren es 1,88 Milliarden Euro. Finanzielles Trostpflaster sind die aus den Eigentümerdarlehen über die Jahre lukrierten Zinseinnahmen. France Telecom verdoppelt den Anteil von 17,45 auf 35 Prozent und kann das aus der Ablöse des Eigentümerdarlehens finanzieren. Mid Europa Partners muss für ihren 65-Prozent-Anteil hingegen Bargeld aufbringen.

Besonders profitabel war One nie. 2003, fünf Jahre nach dem Eintritt in den Markt, gab es mit 8,4 Millionen Euro den ersten Reingewinn. Im Jahr darauf waren es sogar 17,9 Millionen. Beide Resultate waren wesentlich begünstigt durch Einmaleffekte, etwa aus dem Outsourcing des Mobilfunknetzes an Alcatel. 2005 wurde eine schwarze Null erreicht (600.000 Euro). 2006 gab es mit 3,4 Millionen Euro wieder nennenswerten Reingewinn. Umgelegt auf die im One-Netz telefonierenden Kunden ergibt das aber auch nur etwa einen halben Cent pro Nutzer und Tag.

One vs. tele.ring
Der Vergleich zum vor etwas über einem Jahr über die Bühne gegangenen tele.ring-Verkauf drängt sich auf. Die deutlich kleinere tele.ring war von T-Mobile für 1,3 Milliarden Euro gekauft worden. Pro Kunde gerechnet war One mit nicht ganz 700 Euro also wesentlich billiger, als tele.ring (1.263 Euro pro Mobilfunkkunde). Diese Differenz ist nicht unberechtigt, ist doch dich Kundenstruktur sehr unterschiedlich. Tele.ring hatte zu etwa vier Fünfteln Postpaid-Kunden und nur zu einem Fünftel tendenziell umsatzschwache Prepaid-User. Bei One sieht das ganz anders aus. Von den 1,3 Millionen direkten One-Kunden sind mindestens zwei Fünftel Prepaid. Dazu kommen über ein halbe Million Nutzer der Diskontmarke Yesss, deren Marge nicht üppig sein dürfte. Die weiteren Untermieter im One-Netz, Tele2 samt C-Cube sowie eety, und tragen kaum etwas zum Umsatz bei. C-Cube und eety stellen vernachlässigbar kleine Kundengruppen, der ARPU (Umsatz pro Kunden und Monat) der Tele2mobil-User liegt deutlich unter fünf Euro.

Zieht man das Vielfache des EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zum Vergleich heran, war One sogar etwas teurer, als die damals schon überraschend hochpreisig gehandelte tele.ring: Der Kaufpreis von tele.ring entspricht dem 8,07-fachen Vorjahres-EBITDA, jener von One dem 8,7-fachen.

Offenbar haben die neuen Eigentümer Mid Europa Partners und France Telecom eine Vorstellung davon, wie sie die Kosten bei One senken können. Im Vergleich One mit tele.ring fortfahrend und dabei jeweils das Jahr vor dem Verkauf betrachtend, sieht man die Kostenschere deutlich. Der Mobilfunkumsatz von One liegt um mehr als 100 Millionen Euro über jenem von tele.ring. Beim EBITDA liegen die beiden Unternehmen aber genau gleich auf. Daraus lässt sich ableiten, dass One operativ deutlich höhere Kosten hat, denn die Differenz lässt sich nur zu einem geringen Teil auf höhere Interconnect-Aufwendungen zurückführen.

One muss Kosten senken
One nachhaltig profitabel zu machen ist zweifelsohne das Ziel von Mid Europa Partners und France Telecom. Dazu müssen also die Kosten gesenkt werden. So einen radikalen Schnitt beim Personalstand wie 2004 wird es dabei voraussichtlich nicht geben. Aber die optimistischen äußerungen von Gewerkschaftsseite, wonach es zu gar keinem Personalabbau kommen werde, sind wohl ein frommer Wunsch. Ob die berühmte \"natürliche Fluktuation\" ausreichen kann, bleibt abzuwarten.

Als Erste dran glauben werden wohl die Aufsichtsräte (mit Ausnahme der France-Telecom-Vertreter) und das Topmanagement müssen. CEO Jørgen Bang-Jensen und CTO Peter Pedersen haben TDC in ihrem Stammbaum stehen, CFO Holger Püchert die E.ON. Wie es um den einzigen österreicher im Bunde, CCO Michael Fried, bestellt ist, wird sich zeigen. Doch in der Regel will ein neuer CEO auch seine Mannschaft neu aufstellen.

Dieser neue CEO soll gerüchteweise der alte tele.ring-CEO Michael Krammer werden. Eine durchaus plausible Option. Krammer kennt den österreichischen Markt wie seine Westentasche und hat Erfahrung im Senken von Kosten: \"Price based costing\" lautete einer seiner Wahlsprüche zu tele.ring-Zeiten. Das Geheimnis um den neuen Chef wird bald gelüftet werden.

One wird Orange
Bereits von France Telecom angekündigt ist der Markenwechsel. \"One\" wird \"Orange\" weichen müssen, obwohl France Telecom nach wie vor Minderheitseigentümer ist. Doch wenn alles ungefähr so läuft, wie sich die Beteiligten das vorstellen, wird Mid Europa Partners seine Anteile eines Tages an France Telecom verkaufen. Der Sinn dieser Konstruktion ist schnell erklärt: France Telecom muss jetzt kein frisches Geld in die Hand nehmen und die Bilanz wird vorerst nicht oder nur zu 35 Prozent von den durchwachsenen One-Resultaten berührt. Dazu lastet das unternehmerische Risiko zu 65 Prozent auf den Schultern des Finanzinvestors, der im Gegenzug auf einen lukrativen Verkauf der Anteile zu einem späteren Zeitpunkt hoffen darf.

So war Mid Europa Partners an der Orange Slovensko beteiligt und verkaufte 2005 an France Telecom. überhaupt ist der Investor im Telekombereich erfahren. Im Januar wurde von TDC der in Lettland und Litauen tätige Mobilfunk-Netzbetreiber Bité erworben. In der Vergangenheit wurden Anteile an Oskar (heute Vodafone Czech Republic), Connex (heute Vodafone Romania) und eben Orange Slovensko gehalten. Der ungarische Festnetzbetreiber Invitel wurde Anfang 2007 an die TDC-Tochter HTCC veräußert.

Markenwechsel sind immer eine riskante Sache, da ist auch der übergang von \"One\" zu \"Orange\" keine Ausnahme. Eine gute Vorbereitung ist unabdingbar. In den Aufbau von One wurden viele Millionen Euro gesteckt. Das Ergebnis ist ein cooles Image, das vor allem in den Städten zieht. Die Lücke im ländlichen Bereich hätte der Untermieter Tele2mobil schließen sollen, nicht zuletzt durch Haus-zu-Haus-Vertrieb, vulgo Haustürkeiler. Aufgegangen ist dieser Plan nicht. Mit dem Umstieg auf Orange wird zwar ein Millionenwert über Nacht weggeworfen, doch die Möglichkeit für einen erfolgreichen Neustart auf dem \"flachen Land\" gewonnen. Mit dem Aufbau der Orange-Marke hat France Telecom in zahlreichen Ländern bereits viel Erfahrung sammeln können. Die Chance lebt auch in österreich.

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