Konservativer Bruderkrieg
- Written by Redaktion_Report
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Bei den öBB stellt sich bisweilen schon so etwas wie Galgenhumor ein. »Wir produzieren unser eigenes Kabarett. Jeden Tag steht ein neues Stück am Spielplan«, sagt ein Mitarbeiter in der Zentrale. Ein anderer verwendet »Showdown« als Kürzel für Aufsichtsratssitzungen. Und davon gab es zuletzt viele. Denkwürdig ist die Sitzung von Anfang Dezember, in der Alfred Zimmermann mit sofortiger Wirkung freigesetzt wurde. Hauptgrund für die sofortige Abberufung des Infrastruktur Bau-Vorstandes war die kuriose Anschaffung eines chinesischen Waggonröntgenscanners, über die der Report Plus bereits im Sommer berichtete (»öBB als Terror-Forscher«). Schaltete die Bundesbahn bei der Beantwortung der damaligen Report-Anfrage noch den Nebelwerfer und die Dementimaschinerie ein, setzt man jetzt auf Transparenz. »Das Gerät hat keine Betriebsbewilligung und kein Einsatzszenario«, sagt Pressesprecher Jörg Wollmann trocken. Eigentlich hätte der Scanner bereits im Oktober geliefert werden sollen, was damit jetzt tatsächlich geschehen wird, ist noch unklar. Die öBB brauchen den Scanner nicht, das Innenministerium als potenzieller Abnehmer will ihn nicht, da durch die stationäre Bauart ein sinnvoller mobiler Einsatz ausgeschlossen ist. Terroristen, die wissen, dass der Röntgenscanner in Wels steht, würden um Wels wohl einen großen Bogen machen. Jetzt knobeln die Juristen, ob sich der chinesische Lieferant NucTech zu einer Rücknahme des Deals erweichen lässt. Das derzeit wahrscheinlichste Szenario: Der Scanner wird zwar bezahlt, bleibt aber trotzdem in China. Billiger wird das Gerät, das offiziell als »Forschungsprojekt zum Schutz der Bürger und kritischer Infrastruktur« erworben wurde, nicht.Statt der ehemals veranschlagten 3,5 Millionen Euro bewegen sich die Schätzungen mittlerweile in Richtung fünf Millionen. Aber vielleicht wird das Investment für die öBB auch gar nicht so teuer. Der Scanner wird vom 7. Rahmenforschungsprogramm der EU und dem nationalen Forschungsprogramm KIRAS mitfinanziert, sofern diese Stellen noch nicht die Lust am Engagement verloren haben. Dass der Scanner just während einer Regierungsvisite von Infrastrukturminister Hubert Gorbach vom FP-nahen und mittlerweile ebenfalls geschassten Ex-öBB-Manager Alexius Vogel erworben wurde, hat zum Thema Forschungsförderung einen gewissen Konnex, der aber auch reiner Zufall sein kann. Vogels private Firma Risk Assessment International GmbH (RAI) liefert auch »Services for European Research« und hat ihr diesbezügliches Know-how beispielsweise 2004 vorgestellt. Just im Jahr der Scanner-Anschaffung referierte die RAI über Aspekte der Forschungsprojekte im Rahmen des »6th European Framework« auf einem SANACE-Symposion in Brünn. Aber Forschungs- und Förderungsspezialisten sind nur ein Problem von öBB-Boss Martin Huber. Während beim Infight um die Ablöse der roten Personenverkehrschefin Hermine Goldmann die parteipolitischen Grenzen noch klar waren, verschwimmen sie jetzt.