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„Licht in die Beziehungen bringen“

Ende Oktober haben die Alt-Eigentümer unter Ulrich Gilhofer Data Systems Austria überraschend an Investoren verkauft. Mit Jon Martinsen, 42, Markus Berndt, 39, und Richard Dippelreither, 43, wurde nun ein Generationenwechsel im Vorstand des österreichischen IT-Unternehmens vollzogen. Die Neuausrichtung ist dringend notwendig: der heimische Markt ist weiterhin in der Konsolidierung, wie der jüngste Konkurs des Mitbewerbers Semiramis zeigt.

Report: Herr Martinsen, als neuer Investor wollen Sie Data Systems in die östlichen Länder bringen. Welche Ziele sind für die Region CEE gesteckt?
Jon Martinsen: DSA soll 2010 unter den fünf größten österreichischen Systemhäusern rangieren und in den wichtigsten CEE-Ländern nennenswerte ERP-Marktanteile im KMU-Bereich haben. Das heißt: Wir wollen in gut drei Jahren in drei bis vier Ländern einen Marktanteil von wenigstens zehn Prozent erreichen. Welche Länder dies sind, wo zugekauft wird und welche Investitionen dazu nötig sind, kann ich aus heutiger Sicht nicht sagen. Dies gilt auch für das Geschäft in österreich, wo bei der derzeit herrschenden Marktbereinigung grundsätzlich nichts ausgeschlossen werden kann.

Wenn Sie Ihr neues Unternehmen beurteilen - welche Stärken und Schwächen sehen Sie bei Data Systems Austria?
In österreich bilden die hervorragend motivierten Mitarbeiter der DSA ein Potenzial, mit dem man gut arbeiten kann und das das Geschäft weiter ausbaufähig gestaltet. Die Ertragslage ist gut, wesentlich ist aber die einzigartige Wahrnehmung, die Data Systems als eines der ältesten IT-Unternehmen zuteil wird. Nunmehr 2800 Kunden bilden eine Kundenbasis, bei dem Vertrauen zum Dienstleister und Servicequalität noch immer stimmen. Manch Mitbewerber ist schon wieder vom Markt verschwunden, Data Systems Austria gibt es immer noch.Dass wir in einzelnen Branchen mit unseren Produkten sehr gut aufgestellt sind, ist gleichzeitig aber die eine Schwäche bei DSA. Wir wollen künftig breiter im ERP-Markt aufgestellt sein - nicht nur in den für uns traditionell gut besetzten Sparten wie Touristik, Gemeinden, Ticketing oder der Wohnungswirtschaft. So gibt es für den Bereich Industrie eine sehr gute technische Lösung in unserem Haus, der aber jener Verkaufserfolg fehlt, den wir damit schon in der Schweiz erreicht haben. Ebenso liegt im Verkaufsfokus unserer Mitarbeiter sicherlich noch Potenzial. Mit der hohen Kundenzufriedenheit, die Data Systems Austria hat, ist in der Vergangenheit zu wenig gearbeitet worden. Wir sind in der Rolle als Softwarehaus und IT-Dienstleister optimal als Komplettanbieter aufgestellt und können die unterschiedlichen Disziplinen sehr gut kombinieren. So liegt beispielsweise auf der Hand, die Warenwirtschaftssysteme bei den Kunden mit Dokumentenmanagementlösungen zu erweitern. Der Trend zu umfassenderen Lösungen aus einer Hand ist am Markt allgegenwärtig. Unternehmen wie Data Systems können Licht in die Systeme und Beziehungen zwischen Lieferant, Hardware, Netzwerke und Software bringen.

Was haben Sie sich persönlich vorgenommen?
Mein persönliches Ziel ist eine reibungslose übernahme des Unternehmens ohne interne Streitigkeiten. Das neue Management sollte einen fließenden übergang ohne große Schwierigkeiten ermöglichen. Wir wollen Data Systems zurück ins starke Wachstum bringen und jährlich wieder mindestens zweistellig wachsen. Ich habe aber auch in meinen bisherigen Managementtätigkeiten gelernt, nicht alles in Frage zu stellen. Um Glaubwürdigkeit in einem neuen Unternehmen zu bekommen, sollte mit den Mitarbeitern auf derselben Ebene kommuniziert werden. Besserwisser brauchen wir keine.

Welcher Mitbewerber verursacht Ihnen Kopfzerbrechen?
SAP bedient aus unserer Sicht die Großkunden - dies ist aber nur ein kleiner Teil der 150.000 Unternehmen, die in österreich tätig sind. Die Fähigkeit und Aufstellung, in die Tiefe des Marktes zu gehen, hat eher ein lokaler Anbieter wie Data Systems. Als größten Mitbewerber sehe ich Microsoft mit Navision - wenn auch wieder mit Abstrichen. Die Angst vor Microsoft, die bei manchen Mitarbeitern herrscht, ist sicherlich größer als meine eigene. Ein global vertriebenes Produkt kann nur bedingt die Anforderungen lokaler Märkte erfüllen. Lokale Anbieter werden daher stets ihren Erfolg aus der Kundennähe schöpfen können.

Zur Person
Jon Martinsen, 42, in Norwegen geboren, war nach Managementfunktionen bei Telia InfoMedia Norway und TeleMedia Nederland sieben Jahre im Vorstand bei Herold Business Data, ist seit 2001 Vizepräsident Admira Wacker Mödling und seit November 2005 CEO der Beteiligungsgesellschaft Clear Vision.
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