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Mehr Schutz notwendig

\"''WennChina ist einer der wichtigsten Handelspartner für Europa.

Das »Reich der Mitte« ist auch ein wichtiger Absatzmarkt, vor allem für exportorientierte Unternehmen. Doch der geringe Schutz geistigen Eigentums ist noch immer ein Problem für europäische Firmen – und oft existenzbedrohend.

Von Gilbert Rukschcio

113 Milliarden Euro: Auf diese Summe belief sich der Wert jener Waren, die Europa 2010 laut EU-Kommission nach China exportierte. Gerade in Zeiten, in denen die Wirtschaftszahlen weniger rosig ausschauen, eine stolze Summe. Fast das doppelte Volumen hat Europa im gleichen Jahr sogar aus China importiert. Darunter fällt eine große Menge von Solarpanels, die nach Meinung eines deutschen Herstellers mittels unerlaubter staatlicher Beihilfen zu Dumpingpreisen angeboten werden und damit die europäischen Hersteller in ihrer Existenz bedrohen. Das Anti Dumping-Verfahren, das nun die Kommission einleitet, bedeutet eine neue Eskalation in den handelspolitischen Beziehungen zwischen Europa und China.

Geistiges Eigentum in Gefahr

Dabei hängen bereits etliche Gewitterwolken über diesen Beziehungen. Vor allem der geringe Schutz geistigen Eigentums ist etlichen europäischen Firmen seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. In regelmäßigen Abständen beruft die Kommission eine Gesprächsrunde dazu ein, in der Unternehmen ihre Erfahrungen schildern. Kritikpunkt Nummer eins: In China besteht noch immer nur geringe Rechtssicherheit. Denn dort lautet die Maxime nicht »Rule of law«, sondern »Rule by law«. Selbst wenn stichhaltige Beweise vorliegen, die die Verletzung geistiger Eigentumsrechte dokumentieren, kann sich ein Unternehmen nicht darauf verlassen, dass die Gerichte in China diese auch anerkennen. Diese Erfahrung musste auch jüngst ein Unternehmen aus Kärnten machen, dessen Antriebssoftware für Windräder gestohlen wurde und das sich seitdem mit dem ehemaligen Partnerunternehmen in China im zähen Rechtsstreit befindet.

Für Klein- und Mittelbetriebe steht die Existenz auf dem Spiel

Gerade für Klein- und mittlere Betriebe, die in ihrer Nische »hidden champions« sind und über heiß begehrtes Wissen verfügen, kann das »Abenteuer China« sich schnell zu einem Albtraum verwandeln. Kunden oder Kooperationspartner können plötzlich zu Klaggegner mutieren, wenn Baupläne, Quellencodes oder Patente gestohlen wurden. Wichtig ist es daher, sich im Vorfeld über Gefahren und Risiken zu informieren und auch rechtlich abzusichern. So ist zum Beispiel der Rechtsstand im Vertrag genau zu regeln und im Idealfall mit Europa, Singapur oder Hong Kong zu wählen. Sowohl die WKO durch ihre Außenhandelsstellen als auch die EU-Kommission mit ihrem »SME IPR China Helpdesk« bieten gute Anlaufstellen für Unterstützung im Vorfeld.

Harmonisierung in Europa in Vorbereitung

Doch auch auf der regulativen Seite ortet die Kommission Handlungsbedarf. Die Tatsache, dass es in Europa 27 verschiedene Systeme zum Schutz geistigen Eigentums gibt, wird als großer Schwachpunkt gesehen. Die Harmonisierung der Systeme ist nun in Vorbereitung, um in Zukunft Handelspartnern außerhalb Europas mit einer Stimme gegenübertreten zu können.


Zum Autor: Gilbert Rukschcio studierte Politikwissenschaft in Wien und Aix-en-Provence. Seine berufliche Laufbahn startete er 2005 im Europäischen Parlament. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter von peritia communications und als Politikberater mit Tätigkeitsschwerpunkt in Brüssel für verschiedene österreichische und internationale Unternehmen und Verbände tätig. In seiner Kolumne »Nachricht aus Brüssel« versorgt er die LeserInnen der Report-Fachmedien mit Hintergrundinfos zu europäischen Fragen.

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