Zukunftsmärkte Schwellenländer
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Die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China sind die attraktivsten Zukunftsmärkte für die globale Baumaschinenindustrie. Laut einer aktuellen Umfrage des Strategieberaters Roland Berger schätzen die befragten Führungskräfte der Baumaschinenhersteller diese Märkte erheblich interessanter ein als die der etablierten Industriestaaten. Das liegt vor allem daran, dass die Entwicklung der Infrastruktur in diesen Ländern mit dem Ausbau von Häfen und Straßen sowie mit anderen Verkehrsprojekten stark vorangetrieben wird. Aber auch Nahost, Südostasien und Afrika gelten laut Umfrage als interessante Märkte. Die stärkste Nachfrage in den Schwellenländern besteht neben Baggern vor allem nach Radladern.
Absatzmarkt China
»Rund zwei Drittel der weltweit produzierten Radlader werden in China abgesetzt«, erklärt Martin Gschwend, Mitglied der Geschäftsführung des Liebherr-Werks Bischofshofen. Nach der Einschätzung des Unternehmens Liebherr, basierend auf der Analyse der China Construction Machinery Association – Earthmoving (CCMA-EM), soll der Radladermarkt in China im Jahr 2011 rund 200.000 Einheiten betragen. Die Anforderungen Chinas sowie der restlichen BRIC-Staaten an die Maschinenkonzepte unterscheiden sich jedoch sehr von jenen der Industriestaaten. Trotz der generell positiven Perspektive für die Baumaschinenindustrie in diesen Ländern hängen die Wachstumsaussichten stark von lokalen Faktoren ab. »Die Wirtschaftspolitik der jeweiligen Regierung sowie eventuelle Marktregulierungen spielen dabei eine wesentliche Rolle«, meint András Tóth, Autor der Roland-Berger-Studie. »Emissionsbestimmungen, Importbeschränkungen, Zölle und Steuern machen den großen Unterschied.« Während in Europa und den USA die Marktregulierung ein wesentlicher Aspekt sei, würden in Ländern wie Brasilien, China und Russland strenge Importbeschränkungen eine wichtige Rolle spielen. Außerdem steige in den BRIC-Staaten zunehmend die lokale Konkurrenz aus den Schwellenländern.
Unterschiedliche Anforderungen
»Wir erleben seit einigen Jahren einen dynamischen Wandel der weltweiten Märkte für Baumaschinen«, so Gschwend. Die verschiedenen Standards bei der gesetzlichen Normierung der Abgaswerte, individuelle Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Maschinen sowie die völlig unterschiedlichen Marktpreisniveaus der einzelnen Wirtschaftsräume würden immer mehr ein diversifiziertes Konzept erfordern. Neben der Nachfrage nach Maschinen für Standardeinsätze steigt in den Industrieländern der Bedarf an speziell ausgerüsteten Radladern. In den BRIC-Staaten bezieht sich die stark steigende Nachfrage nach Radladern fast ausschließlich auf Geräte für Standardeinsätze. Außerdem erlauben die in diesen Ländern vergleichsweise liberalen Abgasregelungen deutlich kostengünstigere Maschinenkonzepte.
Um entsprechend am Wachstum des chinesischen Marktes partizipieren zu können, produziert Liebherr in der chinesischen Fertigungsstätte am Standort Dalian ein speziell auf die Anforderungen der Schwellenländer entwickeltes Gerät, den Radlader L556 II. »Etwa 1.000 Stück wollen wir dort dieses Geschäftsjahr absetzen«, sagt Gschwend. Diese Maschine sei für das angesprochene Kundensegment in China zwar um etwa 20 Prozent teurer als vergleichbare, lokal angefertigte Geräte, hat dafür aber eine rund 20 Prozent größere Schaufelkapazität. Die nächsten Modellgrößen dieser Baureihe seien bereits in Entwicklung.
Produktion für Industrieländer
Im Liebherr-Werk in Bischofshofen bei Salzburg werden vor allem Radlader für die Absatzmärkte der Industrieländer produziert. Seit der Spezialisierung auf diese Produktgattung im Jahr 1997 konnte die Fertigungsstätte Bischofshofen die Produktionsstückzahlen bis 2007 von unter 1.000 Einheiten auf über 3.000 Einheiten steigern. Nach einem Produktionsrückgang im Krisenjahr 2009 auf rund 1.200 Stück konnte das Werk 2010 mit knapp 2.000 Einheiten ein Wachstum von 48,5 Prozent erzielen. Für das laufende Geschäftsjahr ist eine Steigerung der Produktion von 2.700 Radladern und damit ein Wachstum von 41,1 Prozent geplant. »Für das kommende Jahr 2012 sehe ich vorsichtig optimistische Entwicklungen, auch wenn wir in manchen Märkten im Vergleich zu Jahresbeginn eine geringfügige Abkühlung der Nachfragesituation feststellen«, meint Gschwend. Mit rund 36 Prozent Absatzanteil der Radladerproduktion in Bischofshofen war Deutschland im vergangenen Jahr der wichtigste Markt für Liebherr. Frankreich trägt 11,7 Prozent des Absatzes, Österreich 5,4 Prozent sowie die Schweiz 2,8 Prozent.
Der Radladermarkt in Westeuropa hatte laut Angaben der Statistik des Comittee for European Construction Equipment (CECE) im ersten Halbjahr 2011 ein Volumen von 11.195 Einheiten. Mit einer Steigerung von etwa zwei Drittel (+66,4 Prozent) nähert sich der westeuropäische Baumaschinenmarkt im langjährigen Vergleich nun wieder einem mittleren Niveau. Zwar mit einer wesentlich geringeren Stückzahl, dafür aber weitaus dynamischer konnte sich der Absatz von Radladern am osteuropäischen Markt entwickeln und im selben Zeitraum und mit 2.685 Einheiten mehr als verdreifachen. In den USA stieg der Gesamtmarkt zu Jahresbeginn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 63,5 Prozent.
>> Liebherr: Wirtschaftlicher Ausblick
Insgesamt rechnet die Firmengruppe Liebherr 2011 mit einem Jahresumsatz von 8,6 Mrd. Euro, also einer Steigerung um rund 13 Prozent. »Dabei wollen wir unser organisches Wachstum ausschöpfen. Kooperationen und Übernahmen bilden eine Ausnahme«, sagt Winfried Böhm, Mitglied des Direktoriums der Liebherr-International AG. Seinem Baumaschinenbereich prognostiziert das Unternehmen ein Wachstum von etwa 16 Prozent auf rund 750 Mio. Euro. Diese Entwicklung werde insbesondere auf die Sparten Erdbewegung und Mining sowie Baukrane und Mischtechnik zurückzuführen sein.