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Innovationen alleine sind nicht genug

\"WieNano ist in aller Munde. Ob es nun um Nanomaterialien, Nanoenergie oder um organische, druckbare Elektronik geht, der Nanotechnologie wird eine große Zukunft vorausgesagt. Aber wie so oft gibt es bei Neuerungen auch Bedenken. Ist die Verarbeitung dieser Nanomaterialien sicher, gefährden sie gar die Gesundheit?

Von Matthias Nolden

Bei der Nanotechnologie und deren Wahrnehmung in der Bevölkerung existieren durchaus Pa­rallelen zur Atomtechnologie und zur Gentechnik. Beide Themen sind, gerade aktuell, negativ vorbelastet, obwohl es viele positive Anwendungen gibt, auf die heute niemand mehr verzichten möchte. So existiert in der Medizin eine Vielzahl an Diagnoseanwendungen, die ohne Atom- bzw. Strahlentechnologie nicht denkbar wären. Und Insulin wird heute mithilfe von gentechnisch veränderten Bakterien produziert, ohne den Einsatz von tierischen Ausgangsmaterialien.

Das soll nicht heißen, dass diese beiden Technologien harmlos sind. Es geht vielmehr darum, differenzierter und verantwortlicher mit den Themen umzugehen und neue Technologien nicht per se zu verurteilen.

Die Nanotechnologie ist, auch wenn sie eigentlich keine so neue Technologie ist, noch wenig in ihren Möglichkeiten und Auswirkungen erforscht. Und trotzdem existieren schon ernsthafte Befürchtungen, dass Nanoteilchen genauso gefährlich sind wie Asbest.

Mögliche Gefährdungspotenziale

Nun muss man wissen, dass es, genauso wie in der Atomtechnik, auch nicht »die« Nanotechnologie gibt. Vielmehr handelt es sich bei der Nanotechnologie um Forschungen und Anwendungen aus den Bereichen Oberflächenchemie und -physik, Halbleitertechnik, Maschinenbau und noch vielen mehr, die im Wesentlichen eines gemeinsam haben: Man möchte mittels kleinster Teilchen im Nano-Größenbereich (ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter = 10-9 Meter) die Eigenschaften von herkömmlichen Materialien verbessern. Bekannte Anwendungen hierfür sind z.B. Beschichtungen, die einen Autolack kratzfester machen oder auf Glas und Keramik Schmutz und Wasser besser abperlen lassen (Stichwort Lotusblüteneffekt). Dies sind durchaus Produktanforderungen, die vielen als sinnvoll erscheinen. Nur wissen wir bis heute noch zu wenig über die Auswirkungen solcher Beschichtungen. Was passiert, wenn z.B. bei einem Unfall solche Nanopartikel vom Lack gelöst werden oder die Beschichtung von der Keramik abblättert?

Dazu gibt es bereits heute viele Untersuchungen, die nahelegen, dass selbst eingeatmete Nanoteilchen nicht gesundheitsgefährlicher sind als Hausstaub und im Körper bei weitem nicht so fatal wirken wie die berüchtigten Asbestfasern. Aber aufgrund der Vielzahl von Anwendungsfällen kann immer nur für diesen expliziten Einsatz eine Gefährdung ausgeschlossen werden, nicht aber für die Nanotechnologie generell.

Aus heutiger Sicht kann nicht per se gesagt werden, dass Nanotechnologie gefährlich oder ungefährlich ist, auch wenn dies von den unterschiedlichsten Interessensgruppen kundgetan wird. Dafür sind die Anwendungsfälle und eingesetzten Materialien zu verschieden. Aber es besteht die Gefahr, dass der Begriff Nano genauso negativ vorbelastet wird wie heute schon die Begriffe Atom- und Gentechnik.

Offene Kommunikation für mehr ­Akzeptanz

Hier hilft nur eine offene und transparente Kommunikation, die neben den vielfältigen Chancen der Nanotechnologie auch ehrlich die Risiken anspricht.

Diese offene Kommunikation beginnt bereits innerhalb der Unternehmen selbst. Hier sollten Erfahrungen und Wissen zu den eingesetzten Technologien offen und transparent an die Mitarbeiter kommuniziert werden. Dabei kann ein gelebtes Wissensmanagement im Unternehmen helfen, um die Informationen schnell und zielgerichtet zu verbreiten. Interne Projektpräsentationen, z.B. wenn wesentliche Meilensteine erreicht wurden oder bei Projektabschluss, dienen dazu, wichtige Informationen im Unternehmen zu verteilen. Somit sind alle Mitarbeiter am Projekt involviert und können mitreden. Und gut informierte Mitarbeiter sind der erste Schritt für eine erfolgreiche Vermarktung der neuen Technologien. Denn einerseits sind sie selbst Kunde und Anwender, andererseits kommunizieren diese Mitarbeiter im Rahmen von persönlichen Netzwerken und Social Media. Und je besser sie informiert sind, desto mehr sind sie auch glaubhafte Protagonisten der Nanotechnologie.

Wissensmanagement als Katalysator

Wissensmanagement hilft aber nicht nur, die Akzeptanz solcher Technologien zu erhöhen. Wissensmanagement schafft auch die Voraussetzung, um neue und wirtschaftliche Anwendungen mit Nanomaterialien zu entwickeln. Bekanntestes Beispiel ist zurzeit das Thema Silbernanopartikel. Dies sind allerkleinste Silberpartikel, die eine antibakterielle Wirkung haben. Somit finden diese z.B. in Deodorants Anwendung, Textilien werden damit beschichtet oder Computertastaturen und Türklinken entsprechend ausgestattet. Man sollte nun annehmen, dass dies eine durchaus gewünschte Eigenschaft ist. Was passiert aber, wenn sich diese Partikel beim Waschen lösen und zusammen mit dem Abwasser in biologischen Kläranlagen landen? Die antibakterielle Wirkung wird natürlich auch hier nicht vor den Bakterien Halt machen, die für die Wasserreinigung zuständig sind. Ein anderes Problem ergibt sich, wenn man z.B. OP-Tische im Krankenhaus mit Silbernanopartikeln beschichtet. Da sich eine solche Beschichtung mehr oder weniger schnell abnutzt, muss es einen zuverlässigen Nachweis geben, wann die antibakterielle Wirkung so weit nachgelassen hat, dass sie keinen wirkungsvollen Schutz mehr liefert.

Von der Natur lernen

Somit wäre ein mögliches Ziel, Beschichtungen zu entwickeln, die dauerhaft halten. Hier können Erfahrungen und Wissen mit anderen Beschichtungen helfen. Oder auch die Natur: Wir alle kennen den Lotusblüteneffekt, also die selbstreinigende Wirkung der Lotusblüten. Auch dieser wird durch Beschichtungen erreicht, der allerdings ebenfalls nicht von dauerhafter Wirkung ist. Weitere Untersuchungen des Originals, also der Lotusblüten selbst, können hier helfen, diesen Beschichtungen eine dauerhaftere Wirkung anzueignen. Und dies­ lässt sich dann hoffentlich, dank Wissensmanagement, auch auf die Silbernanopartikel übertragen.

Ähnlich wird es sich bei den magnetotaktischen Bakterien verhalten. Diese im Wasser lebenden Bakterien orientieren sich am Magnetfeld der Erde und tragen winzige Nanopartikel aus magnetischen Mineralien in sich. Aufgrund der Größe wird bereits überlegt, ob diese Nanopartikel in der Medizin Anwendung finden können. Da sie effektiver aufgenommene Energie in Wärme umwandeln können, wären sie ideal zur Tumorbekämpfung. Aber auch hier werden sich in der Erforschung sicher wieder Nebenwirkungen herausstellen, die sich durch aktives Wissensmanagement, also die Nutzung von Wissen aus vergleichbaren Problemstellungen, minimieren oder gar beseitigen lassen.

Diese Beispiele lassen sich endlos fortsetzen. Oft sind es Anwendungen, die die Natur als Vorbild haben, sei es nun die Haftwirkung von Geckos oder die oben erwähnten Beispiele der selbstreinigenden Wirkung und der magnetischen Eigenschaften. Alle haben sie gemeinsam, dass bei der Entwicklung das Wissen aus der Natur Pate stand.

Die Bedenken ernst nehmen

Letztendlich darf aber auch die externe Kommunikation nicht vernachläs­sigt werden. Der Kunde hat ein berechtigtes Inte­resse, nicht nur über die Vorteile der Nanotechnologie unterrichtet zu werden, sondern auch über deren Risiken. Und da helfen keine Pauschalaussagen, dass diese Technik ausgereift und sicher ist. Dann bedarf es nämlich nur eines kleinen Zwischenfalls bei einer möglicherweise unbedeutenden Anwendung, und das Thema Nano ist, wie oben schon erwähnt, zur Gänze negativ belastet. Daher sollte die Kommunikation detaillierter und selbstbewusster erfolgen. Wie selbstverständlich sind heute in jedem Wertpapierprospekt nicht nur die Renditen (Chancen) aufgeführt, sondern auch Risiken gelistet. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben und trotz allem hält es einen informierten Bürger nicht davon ab, in diese Wertpapiere zu investieren. Demzufolge kann auch die Nanotechnologie hierdurch nur erfolgreicher werden.

Das Fazit lautet also: Neue, vielversprechende Ideen allein werden der Nanotechnologie nicht zum Durchbruch verhelfen. Dafür ist die Skepsis gegenüber neuen Technologien zu groß. Hier muss bei den Anwendern und Verbrauchern für Vertrauen geworben werden. Und dies gelingt am besten, wenn nicht nur die Vorteile aufgezählt werden, sondern auch Risiken offen thematisiert werden. Dann lassen sich diese Risiken auch besser einschätzen und es lassen sich Wege aufzeigen, wie mögliche Gefahren reduziert werden können. Hierbei hilft aktiv das Wissensmanagement, also die Nutzung vorhandenen Wissens.

>> Der Autor:

Diplominformatiker Matthias Nolden hat viele Jahre in der Führungsebene eines internationalen Konzerns gearbeitet, bevor er sich 2007 als Unternehmensberater selbstständig gemacht hat. Die Schwerpunkte der »Wachstumsmacher« liegen u.a. in der Strategieimplementierung und dem Innovationsmanagement. Die Wachstumsmacher sind ein Zusammenschluss von erfahrenen Beratern, die alle Aufgabenstellungen rund um das Wachstum von Unternehmen aus eigener Projekt- und operativer Linienerfahrung erfolgreich begleiten können.

Info: www.wachstumsmacher.de
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