Was ändert die EU-Insolvenzrechts-VO für grenzüberschreitende Insolvenzen?
- Written by Redaktion
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Insolvenzverfahren im Bausektor waren über Jahre an der Tagesordnung. In letzter Zeit sind die Insolvenzverfahren hier generell rückläufig, jedoch gab es mit der Alpine-Bau-Insolvenz eine der spektakulärsten Pleiten Österreichs. Auf der anderen Seite nehmen außergerichtliche Sanierungen in ihrer Bedeutung seit Jahren zu, was auch die aktuellen Bemühungen der EU im Sinne einer Vereinheitlichung der Mechanismen der Unternehmensrestrukturierung unterstreichen.
Ein Kommentar über die neue Insolvenzrechts-Verordnung von Clemens Jaufer.
In der Bau- und Immobilienwirtschaft waren in den letzten Jahren zunehmend grenzüberschreitende Aktivitäten zu beobachten: entweder durch die Übernahme von Bauaufträgen in anderen Mitgliedsstaaten oder durch die Expansion von Immobilieninvestments in neue Märkte und neue Regionen der EU. Dies führt gleichermaßen dazu, dass bei einem Fehlschlagen einzelner Projekte, die außerhalb des Sitzstaates der Konzernmutter oder des Hauptunternehmens abgewickelt werden, völlig unterschiedliche Mechanismen (Jurisdiktionen) einer Unternehmensrestrukturierung zur Anwendung kommen. Dies erschwert bzw. vermindert oftmals sinnvolle Bemühungen einer Gesamtsanierung.
Damit zumindest im EU-Raum diese Situation für erfolgreiche Unternehmensrestrukturierungen harmonisiert und verbessert werden kann, hat die EU nunmehr die EUInsolvenzverordnung 2015 erlassen (Wirksamkeit Juni 2017) und setzt weitere Bemühungen, auch einen einheitlichen Rahmen für außergerichtliche Restrukturierungen insbesondere für grenzüberschreitend tätige Unternehmensgruppen zu entwickeln (voraussichtliche Umsetzung ab 2019).
Einheitlicher Rahmen
Die EU-InsVO stellt nunmehr sicher, dass für ausländische Betriebsstätten (im EU-Raum) weitestgehend die Wirkungen des Insolvenzverfahrens im Sitzstaat des Unternehmens die ausländischen »Betriebsteile« mitumfasst und damit ein einheitlicher Restrukturierungsrahmen geschaffen wird. Sollten die Aktivitäten im Ausland mit eigenen Auslandsgesellschaften abgewickelt werden, dann besteht weiters eine Koordinations- und Kooperationspflicht unter den einzelnen im Insolvenzverfahren verantwortlichen Personen. Diese Entwicklung ist sehr zu begrüßen, weil dadurch die immer globaler werdenden Geschäftstätigkeiten und Investitionsbemühungen zumindest im EU-Raum in einer Unternehmenskrise unter einem möglichst abgestimmten und einheitlichen Sanierungsverfahren restrukturiert werden können.
Die EU-InsVO sieht schließlich einen einheitlichen Schutz der Gläubigerinteressen in derartigen Verfahren vor: Dies wird durch vereinheitlichte Anmeldeformalismen und einen erleichterten Zugang zu den ausländischen Gerichten ermöglicht. Dadurch wird dem Unternehmer, der einen insolventen Geschäftspartner gegenüberstehen hat, ebenfalls in der Durchsetzung seiner Ansprüche ein vereinfachter Zugang geboten.
Praktische Erfahrungen
In der Praxis der Unternehmensrestrukturierungen zeigt sich bereits in den wenigen Monaten nach Inkrafttreten der EU-InsVO auch in der Umsetzung eine positive Resonanz infolge dieser neuen dynamischeren Verfahrensregeln, die eben auch dazu motivieren sollen, Unternehmen mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten frühzeitig zum Erhalt der Unternehmenssubstanz und zur Verhinderung von ungesteuerter Wertvernichtung in ein kontrolliertes Sanierungsverfahren zu bringen.
Zur Person
Dr. Clemens Jaufer ist Partner der ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte (Graz/Wien) mit Tätigkeitsschwerpunkt im Wirtschaftsrecht und vornehmlich in den Bereichen Unternehmenssanierung und -umstrukturierung, Unternehmensnachfolge, finanzielle Restrukturierung, beim Kauf/Verkauf von Krisenunternehmen, sowie Unternehmensentflechtungen
tätig.