Pro & contra: Braucht Österreich ein Universalmietrecht?
- Written by Redaktion
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Seit SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher ihren Entwurf für ein österreichweit gültiges Universalmietrecht präsentiert hat, gehen in der Immobilienbranche die Wogen hoch. Während die einen von einem unnötigen und schädlichen Eingriff in den Markt sprechen, sehen die anderen im Universalmietrecht die einzige Möglichkeit, das Wohnen leistbar zu halten. Der Bau & Immobilien Report hat Nadja Shah, Geschäftsführerin Mietervereinigung Österreich, und Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren, zum verbalen Schlagabtausch gebeten.
Pro: Universalmietrecht für eine gesunde Volkswirtschaft
Nadja Shah, Geschäftsführerin Mietervereinigung Österreich: "Givers need to set limits because takers rarely do.« Das Zitat bringt es klar auf den Punkt, warum Österreich das neue Universalmietrecht braucht. Wir erleben seit ca. 15 Jahren ein kontinuierliches Auseinanderdriften von Einkommen und Wohnkosten. Während Ersteres stagniert bzw sogar sinkt, steigt die Mieten überproportional zur Inflationsrate. Die Ballungszentren erleben einen Wachstumsboom, die Wohnungsnachfrage steigt im gleichen Ausmaß an. Mit dem Neubau wurde begonnen, um den Druck vom Wohnungsmarkt nehmen zu können, doch gerade in Städten ist Grund und Boden ein rares Gut. Dementsprechend sind die Bodenpreise in den letzten Jahren unverhältnismäßig stark gestiegen. Diese Kosten werden von den Bauträgern natürlich über die verlangten Mieten weitergegeben.
Leistbare Mieten können vor diesem Hintergrund daher ohne staatliche Intervention gar nicht entstehen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass das derzeitige Mietpreisniveau allein durch Neubau wieder auf ein normales – für den Durchschnittsverdiener leistbares – Niveau sinken wird. Rund 70 % der ÖsterreicherInnen verdienen weniger als € 2.000,– netto monatlich, 50 % weniger als 1.500,– (inkl. Sonderzahlungen). Für diese Bevölkerungsgruppen fehlen leistbare Wohnungen. Zudem dürfen die Mieten nicht mehr als 20 bis 25 % des Einkommens auffressen, damit noch Kaufkraft für andere Wirtschaftszweige außer der Immobilienbranche übrig bleibt. Die derzeit verlangten Mieten beanspruchen aber 30 bis 50 % des Einkommens. Es ist daher dringend notwendig, klare Mietzinsobergrenzen zu definieren, um unsere Volkswirtschaft gesund und leistungsfähig zu erhalten."
Contra: Nur mehr Angebot kann Entspannung schaffen
Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII): "Es wird immer vergessen, dass Österreich ein Universalmietrecht hat, nämlich das ABGB. Erst durch den Eingriff in dieses und aufgrund der Folgewirkungen (bis zum heutigen MRG) kam es zu der heute spürbaren Marktverzerrung. Das völlig marktferne Regulativ des MRG unter dem Titel »Universalmietrecht« auf alle Mietverhältnisse in Österreich auszuweiten, ist schärfstens abzulehnen.
Was man in Österreich braucht, ist kein Universalmietrecht sondern endlich die politische Einsicht, dass nur mehr Angebot von Wohnraum zu einer Entspannung in Gebieten mit hoher Nachfrage führt. Dies kann nur durch Investitionsanreize geschehen, unter anderem z.B. durch Abschaffung der Mietzinsregulierung für alle sanierten und weitervermieteten Objekte. Solange die Politik mit weiteren Eingriffen in den Mietenmarkt droht, wird kein zusätzliches Angebot entstehen. Wenn in Wien 60 % aller Mieter in einer Gemeinde-, bzw. geförderten Wohnung leben, dann muss man sich fragen, ob dort die richtigen Menschen wohnen, wenn es immer noch welche gibt, die sich Wohnen nicht leisten können. Es ist dringend ein Ende der ständigen Diskussion über ein neues Mietrecht für alle Wohnungsmieten mit neuen Mietzinsobergrenzen gefordert. Das verunsichert und hemmt Neuinvestitionen.
Es ist empirisch nachgewiesen, dass Mietzinsregulierungen nicht zu günstigen Mieten führen. Das politisch derzeit so beliebte Thema »leistbares Wohnen« wird daher mit einem Universalmietrecht nicht nur nicht gefördert, sondern geradezu verhindert. Resümee: Wir brauchen kein neues Universalmietrecht, wir haben schon eines, das ABGB, das mit einigen ganz wenigen Adaptierungen den Markt ungeahnt beflügeln würde."