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Großer Lauschangriff, Sicherheit für Täter

Äußerst ernüchternde Ergebnisse liefert der jüngste Justizbericht zu den \"besonderen Ermittlungsmaßnahmen\", gemeinhin als \"großer und kleiner Lauschangriff\" bezeichnet. Fazit: Diese Extremform der Überwachung kann immer seltener eingesetzt werden. Ein Gastkommentar von Hans G. Zeger.

Waren es 2001, zu Beginn der Maßnahmen 78 Überwachungsfälle im Jahr, in Spitzenzeiten sogar 80, sank die Zahl 2007 auf 59 Fälle. Dies trotz explodierender Kriminalitätszahlen. Besonders alarmierend sind jedoch die \"Erfolgsquoten\". Seit 2001, dem Beginn der Aufzeichnungen lag in keinem Jahr die Erfolgsquote bei mehr als 50 Prozent, 2007 sank sie sogar auf 33 Prozent. Zwei von drei bewilligten Lauschangriffen waren ein kompletter Schlag ins Wasser!

Diese schlechten Ergebnisse wurden noch von den Oberstaatsanwaltschaften Graz und Linz getopt. Rund 80 Prozent der 2007 bewilligten Lauschangriffe waren völlige Pleiten. Ob es bloß Unfähigkeit der ermittelnden Beamten war oder ob die Lauschangriffe zu leichtfertig bewilligt wurden, ist im Ergebnis einerlei. Die Tausenden Täter können ziemlich beruhigt sein, praktisch nie ist ein Lauschangriff zu erwarten und wenn er schon gemacht wird, dann wird er in den seltensten Fällen verwertbares zu Tage fördern.

Täter stellen sich rasch auf Überwachung ein
Gescheitert sind diese Maßnahmen nicht wegen taktisch-operativer Fehler der Exekutive, sondern wegen einer völlig falschen politischen Strategie. Der Glaube, man müsse nur genügend viele Daten, Listen und Evidenzen anhäufen, um Verbrechen quasi automatisch, mittels Computer aufklären zu können, entpuppt sich als das, was es immer war. Ein Aberglaube, eine Illusion, getragen von einer verantwortungslos populistisch agierenden Gruppe von Politikern.

Die Zahlen zum Lauschangriff belegen eindrucksvoll, dass sich Täter schneller als die Politik auf neue technische Gegebenheiten einstellen. Sobald bestimmte Verfahren bekannt sind, werden sie von der organisierten Kriminalität ausgewertet, Schutzmaßnahmen gesetzt und zum Teil sogar zum eigenen Vorteil verwendet.

Authistisches Verhalten der Politik
Trotz der ernüchternden Zahlen wollen Innenministerium und EU die präventivstaatlichen Methoden vorantreiben. In der Öffentlichkeit wird derzeit die Vorratsdatenspeicherung noch heftig diskutiert. Sie wird alle Bürger unter Generalverdacht stellen und ihr Telefonier- und Internetverhalten flächendeckend aufzeichnen.

Parallel dazu, jedoch unbemerkt von der Öffentlichkeit, wird derzeit die vorbeugende Datensammlung des gesamten Zahlungsverkehrs, von der EU vor Jahren beschlossen, in Österreich still und heimlich abgenickt. Die flächendeckende Mobilitäts- und Reiseüberwachung wird derzeit sowohl auf EU-Ebene, als auch auf nationaler Ebene vorbereitet. Diese gigantische Fülle von mehr Daten wird noch mehr Kapazitäten des Sicherheitsapparates binden, die Ergebnisse werden noch schlechter sein, als Lauschangriff und Videoüberwachung. Ist die Jagd nach den Tätern der Suche nach der Nadel im Heuhaufen zu vergleichen, sind heute die Politiker geradezu erpicht darauf, den Heuhaufen noch ins Unermessliche zu vergrößern.

Täter wird's freuen, populistische Politiker auch, haben sie doch damit alle Argumente in der Hand, die Leben und Freiheit der Bürger noch mehr zu kontrollieren, noch mehr einzuengen. Öffentlichkeit und Bevölkerung werden sich zwar wundern, warum ein immer größerer Anteil ihrer Steuergelder in Sicherheit fließt, ohne Verbesserung der Sicherheit, doch wird es Konsequenzen geben?

Neues, mehrstufiges Sicherheitskonzept notwendig
Die Sicherheitsalternativen sind bekannt, werden von der Bevölkerung gefordert und akzeptiert, jedoch von den Politikern seit Jahren ignoriert.

1) Durchforstung der polizeilichen Aufgaben
Nicht jeder soziale oder gesellschaftspolitische Konflikt muss zuerst von der Polizei behandelt werden. In vielen Fällen sind Mediationslösungen effektiver, die Polizei sollte - als letztes Mittel - nur dort eingeschalten werden, wo diese Mechanismen nicht funktionieren. Eine Vielzahl von Aufgaben, wie Bevölkerungspolitik, Migration oder Sozialpolitik gehören überhaupt nicht in den Bereich der Polizei.

2) Besserer Kontakt mit der Bevölkerung
Die Strategie in einigen wenigen Zentren Österreichs Supercops zu konzentrieren, die innerhalb von Stunden in Hollywoodmanier Geiselbefreiungen durchführen oder Terrorangriffe abwehren, geht an der Realität der zehntausenden Alltagsdelikte vorbei, die rasches Eingreifen und Ortskenntnis erfordern. Der abgeschaffte örtlich bekannte Polizist mit Ortskenntnis als erste Anlaufstelle bei den Tagesdelikten sollte wieder eingesetzt werden.

3) Neue Kostenschwerpunkte
Auch im Sicherheitsbereich sind die Budgets beschränkt. Der Sicherheitseuro kann nur einmal ausgegeben werden. Statt damit neue Monitore und Evidenzen zu finanzieren, die die Kriminalität bloß verwalten, sollte in die Polizei vor Ort investiert werden.

4) Verbesserte zentrale Hilfestellen
Wird eine Brieftasche gestohlen, ist oft weniger der Barwert das große Problem, als eine Unzahl bürokratischer Abläufe. Das Sperren der Bankomatkarte, der Kreditkarte, von Kundenkarten, der eCard oder von Personaldokumenten muss über dutzende verschiedene Telefonnummern und Kontaktstellen mit ganz unterschiedlichen Bereitschaftszeiten durchgeführt werden. Hier sollte die Notrufnummer 112 als Einheitshilfe aufgewertet werden.

5) Bessere Ermittlungsarbeit
Es bleibt eine bittere Wahrheit. Die Polizei kann immer nur den Tätern nachlaufen, sie niemals überholen. Ein Staat, in dem sich die Polizei vorbeugend aussuchen darf, wer der Täter sein wird, wird gemeinhin als Polizeidiktatur bezeichnet. Damit sie rasch genug nachlaufen kann, wird man ihr ausreichende Geräte geben müssen. Jeder Euro der in der nicht funktionierenden Präventivdatenaufzeichnung gespart wird ist ein gewonnenener Euro für die Aufklärungsarbeit.

Zum Autor
Hans G. Zeger ist Obmann der ARGE DATEN - Österreichische Gesellschaft für Datenschutz.

 

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