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Leicht massiv

\"Leichtbau ist Massivbau“, erklärt Professor Karsten Tichelmann vom Institut für Trocken- und Leichtbau Darmstadt anlässlich der Präsentation einer Studie, die im Auftrag der Interessensgemeinschaft Bau Genial erstellt wurde. \"Wir wollen dem Leichtbau ein Profil geben und Vorurteile aus der Welt schaffen“, betont Peter Leditznig, Sprecher von Bau Genial und Geschäftführer für Marketing und Vertrieb bei Rigips Austria. Gut 20 Seiten umfasst die Kurzfassung der gut 200-seitigen Analyse an der neben Tichelmann auch die TU-Experten Wolfgang Winter, Adolf Merl und Margit Pfeiffer-Rudy mitgewirkt haben. \"Ziel ist es Unwissenheit aus der Welt zu schaffen“, meint Winter. Etwa die Hälfte der Analyse widmet sich den bauphysikalischen Eigenschaften von Leichtbauweisen. \"Das Leichtbauimage ist aus technischer Sicht nicht zutreffend, der Leichtbau verfügt über einen sehr guten Wärmeschutz, eine überdurchschnittliche Luftdichtheit und guten bis sehr guten Schallschutz“, betont er und begründet diese Ansage mehrfach.

Schlank und dicht

Die Wärmedämmung erfolge im Leichtbau in der Regel integrativ, die Dämmung ist Teil der tragenden Konstuktion, beim Massivbau hingegen wird zusätzlich gedämmt, was zwangsläufig zu größeren Bauteildicken führe, so Tichelmann. Beim Passivhausstandard ergeben sich für den Leichtbau um bis zu 45 Prozent schlankere Wände. Dies bringe nutzbaren Flächengewinn. Dazu komme, dass weniger Massenbewegungen geringeren Energieverbrauch nach sich ziehe. \"Energie ist durch leichtes Bauen ersetzbar“, bringt Tichelmann seine Sicht auf den Punkt. Was den sommerlichen Wärmeschutz betrifft sei es ein Irrglaube, dass Masse allein reiche. \"Die Untersuchungen zeigen, dass die Vermeidung sommerlicher überwärmung nur bedingt mit der Speicherfähigkeit der Bauteile gleichgesetzt werden kann“, so die Anlayse. Intelligent geschichtete Bauteile in Leichtbauweise würden belegen, dass vergleichbare Klimastabilitäten wie im Massivbau möglich sind. \"Neu entwicklete Produkte, wie die Latentwärmespeicherplatte entspricht mit einer Stärke von zwei Zentimetern der Speicherfähigkeit von 24 Zentimeter Beton“, betont der Experte. Der Einsatz dieser Latentwärmespeichermaterialien sei im hochwertigen Leichtbau bereits möglich. Derzeit seien mehrere vergleichbare Produkte in Entwicklung,wenn diese in großen Mengen genehmigt und produziert werden würden sie kostengünstiger. Auch die Argumentation, dass der Leichtbau ein Problem mit dem Schallschutz hätte lässt Tichelmann nicht gelten. \"Der Schallschutz hängt nicht mit der Dicke von Bauteilen zusammen, sagt er. Zuletzt habe man Konstruktionen getestet bei denen

Brennbar und nachhaltig

Zum heiß umstrittenen Thema Brandschutz gibt Tichelmann zu bedenken, dass der Brandschutz von vielen Faktoren abhänge. \"Entscheidend für die Nutzer von Gebäudene sind der Rauchabzug und die Fluchtmöglichkeit und nicht was mit dem Gebäude in einer Stunde passiert“, sagt er. Umgekehrt sei es ein Nutzen, dass Holz brennt, da sich die Bauteile nach der Nutzung thermisch verwerten lassen. \"Wir bauen nicht für die Ewigkeit, sondern für die Zukunft“, meint dazu der TU-Professor Winter. Aus Wiener Altbauten würden pro Jahr etwa 40.000 Kubikmeter Holz herausgerissen. Etwa zwei Dritel davon würden in die Spanplattenindustrie gehen, der Rest wird in Italien zu hochwertigem Mobilar verarbeitet. \"Der Baum ist ein Photovoltaikspeicher, wenn wir ihn nicht nutzen geht Energie verloren“, plädiert Winter für mehr Holzbau. Sechs bis sieben Geschosse in Holz-Skelettbauweise seien technsich überhaupt kein Problem, so Winter. Er sieht auch für weitspannende Holzdecken noch großes Potential. \"Der Leichtbau wird in Zukunft viel von anderen Produktionsgattungen lernen, etwa dem Bau von Fahrzeugen und der Möbelbauindustrie“, glaubt Winter.

Nicht automatisch genial

Derzeit liege der Leichtbau von den Rohbaukosten in etwa gleichauf mit dem Massivbau. Die bewegten Massen jedoch differenzieren stark: \"400 m² Nutzfläche in Vollziegel wiegen 600 Tonnen, in Holz lediglich 160 bis 260 Tonnen“, rechnet Winter vor und resümiert: Die Massenströme an Baumaterialien können durch den Einsatz von Holzleichtbauweisen um bis zu 50 Prozent reduziert werden“. Die Weiterentwicklung der Bauweise an sich, so Winter weiter, habe dazu geführt, dass die technsiche Lebensdauer und die Gesamtnutzungsdauer von Häusern in Leichtbauweise dem entsprechen wie man sie von Massivbauten kennt.

Im Fall eines Erdbebens würden Gebäude mit weniger Masse im Inneren besser standhalten, so Tichelmann. Entscheidend für eine verstärkte Etablierung des Leichtbaus werden die Qualität der Bauten sein. Der Vorfertigung komme dabei eine wichtige Rolle zu. \"Leichtigkeit ist nicht automatisch genial, schwer ist nicht automatisch ungenial. Schlank zu bauen muss das Ziel sein, nicht nur leicht“, so Winter, der zuletzt auch für die Massivbauer Versöhnliches hinzufügt: \"Unsere Bautradition lebt von der Verbindung organischer und mineralischer Baustoffe“.

BauGenial

BauGenial ist das zarte Gegenstück zu BauMassiv. Die Gruppe hat sich 2005 konstituiert, ihre Mitglieder sind Heraklith, Knauf, Lafarge Gips, Rigips, Rockwool, Isover, Ursa und Xella. Die Mitglieder repräsentieren einen Umsatz von 430 Millionen Euro und beschäftigen 1.150 Mitarbeiter.Den Vorsitz hat derzeit Gottfried Lobmaier, Verkaufsleiter österreich, Xella Trockenbau-Systeme. Der Leichtbau ist hierzulande im Segment Fertighaus mit rund einem Drittel Marktanteil eine fixe Größe. Im mehrgeschossigen Wohnbau sieht die bisherige Bilanz mit aktuell rund zwei Prozent eher bescheiden aus. Nachdem die Kosten des Wohnbaus zunehmend in den Fokus rücken rechnen sich die Vertreter von BauGenial gute Chancen aus ihren Marktanteil zu steigern. Nicht zuletzt durch die Vorfertigung sollte eine Verkürzung der Bauzeit und eine schnellere Nutzung möglich sein was sich letztlich in der kürzeren Vorfinanzierungsdauer mit 3 bis 5 Prozent auswirken soll.

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