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Schlecht vorbereitet

Die Wirtschaftsregion China ist derzeit heißbegehrter Partner für Unternehmen aus aller Welt. So groß und unterschiedlich aber das Reich der Mitte in seiner geografischen und wirtschaftspolitischen Vielfalt ist, so wenig verstanden werden die lokalen Mentalitäten von westlichen Unternehmern. \"Nur hier sitzen und sagen, dort lasse ich produzieren, ist zu wenig“, warnt Johannes Wesemann, Geschäftsführer des auf China spezialisierten Unternehmensberaters Wesemann Weissel und Partner.

Durchschnittlich acht Prozent Wachstum kann China bereits seit Jahrzehnten verzeichnen, in den nächsten Jahren legt das Wirtschaftswachstum vermutlich noch schneller zu. \"Die Zeit ist vorbei, in der China bloß als billige Werkbank herhalten musste. Sie wollen Einfluss nehmen mit ihren Produkten, ihren Entscheidungen, ihrer Kultur“, heißt es bei Branchenkennern. Mittlerweile treffe oft die kolportierte Engstirnigkeit der Chinesen, trotz weniger Erfahrung mit unbändigem Wirtschaftsdrang auf den Markt zu drängen, den Mitbewerb im Westen hart. Die Unterschiede sind teils schmerzhaft deutlich: Noch immer wird Kopieren in China als Ehre gesehen, die dem \"Meister“ erbracht wird.

Generell rät Wesemann österreichischen Unternehmen, wirtschaftliche Aktivitäten in China vorab genau zu überdenken: \"Nicht für jedes Unternehmen ist China ein sinnvoller Markt“, meint der Berater. Unternehmen würden in China auf enorme Spannungsverhältnisse treffen, die wirtschaftliche Aktivitäten erschweren können. So finde man trotz des hohen Wirtschaftswachstums teilweise nur eine veraltete, mangelhafte Infrastruktur vor. Auch innerhalb der Bevölkerung sind die Gegensätze extrem: Neben einer kaufkräftigen Mittelschicht von rund 400 Mio. Menschen leben im Reich der Mitte rund 800 Mio. sehr arme Bauern. Wer in China wirtschaftlich aktiv werden will, müsse zudem in der Landessprache kommunizieren. Ein Dolmetscher, der auch über entsprechendes Markt-Know-how verfügen sollte, ist daher in den meisten Fällen unverzichtbar. Was den Aufbau von Kontakten in China angeht, rät der Experte von Wirtschaftsreisen in Gruppen ab: \"Das wichtigste sind funktionierende persönliche Kontakte. Die lassen sich am besten mit einem Kontaktmann vor Ort aufbauen. Wer als Mitglied einer Wirtschaftsdelegation reist, läuft Gefahr, in der Anonymität der Gruppe unterzugehen.“ Er empfiehlt, vor Ort einen verlässlichen Partner zu suchen, der als Vertrauensmann die richtigen Kontakte knüpft und als Kenner der örtlichen Bürokratie so manchen Stolperstein aus dem Weg räumen kann.

Chinesischer Way of Life. \"Das Problem der Europäer ist, dass sie versuchen, eine Geschäftsidee endlos zu analysieren, bevor sie sie umsetzen. Die Chinesen haben eine Idee und setzen sie sofort um. Wenn es nicht funktioniert, versuchen sie etwas Neues“, so Wesemann, der in seiner Jugend selbst in Asien gelebt hat. Zwar haben rund 2200 österreichische Unternehmen bereits Aktivitäten in China gesetzt - der Exportweltmeister österreich tickt aber grundsätzlich anders. Es sind vor allem größere Firmen, die den neuen Markt beackern. Wesemann bietet nun kleinen und mittleren Betrieben, ebendies in Angriff zu nehmen und ortet bereits den Boom, \"von den großen Multis gelernt zu haben“. Es liege nun an den KMU, sich mit einem Engagement im Fernen Osten bei Nischenprodukten und Marktdifferenzierungen zu profilieren. Die Individualisierung des Markteintritts vorausgesetzt, streut man der Wirtschaftskammer wenige Rosen. \"Die österreichische Wirtschaft hat tatsächlich Probleme, in China Fuß zu fassen“, fehlt es dem Chinaberater an politischem Lobbying. Er rät dingend zur Einrichtung einer eigenen China-Kommission seitens der österreichischen Bundesregierung, um zukünftig besser vorbereitet zu sein. \"Es ist eigentlich unverständlich, dass es noch immer kein solches Expertengremium in österreich gibt.“

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