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Neue Wege, alte Werte

Was sich in den Köpfen erst einmal eingenistet hat, ist von dort nur schwer wieder zu vertreiben. Das gilt für eingefahrene Denkmuster und liebe alte Gewohnheiten. Bei der Unternehmensfinanzierung ist es nicht viel anders. Studiert man die Prospekte der Banken, entsteht leicht der Eindruck, dass die österreichischen Unternehmen bereits virtuos am Treasuryparkett tanzen. Die Realität wird jedoch noch immer von der klassischen Hausbank und dem Firmenkredit dominiert. »Alternative Finanzierungsformen werden von mittelständischen Unternehmen nur langsam angenommen«, sagt Werner Albeseder, Partner bei der auf den Finanzbereich spezialisierten Prime Consulting. Aber der Druck zu mehr Beweglichkeit wächst für die KMUs gleich von mehreren Seiten. Wolken lässt die jüngste Befragung der Creditreform aufziehen, die über 1700 kleine und mittlere Unternehmen zur Wirtschaftslage im Herbst 2005 befragt hat. Die betrübliche Nachricht: Umsätze und Investitionen sind rückläufig, nur noch jeder fünfte Betrieb steigert seine Erträge, ein Drittel der Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern beurteilt ihre Geschäftslage als schlecht. Jammern ist zwar der Gruß der Kaufleute, dass auch der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als sehr gut oder gut bezeichnen, um zehn Prozent gesunken ist, macht die Bestandsaufnahme nicht erfreulicher. Auch die Kapitalstruktur hat sich erneut verschlechtert. Gleich ein Drittel der KMUs hat eine Eigenkapitalquote von weniger als zehn Prozent und und hat damit gute Chancen, ein Insolvenzgericht von innen kennen zu lernen. Der Druck, alle möglichen Finanzierungsformen auszuschöpfen, steigt auch vonseiten der Banken. Die BA-CA fährt ein eigenes Programm, um beispielsweise Corporate Bonds und Kapi-talmarktzwitterfinanzierungenauch dem Mittelstand schmackhaft zu machen. Den gefährdeten KMUs werden aber oft genug auch einfach die Kreditlinien gekappt. Die Institute nennen das - Stichwort Basel II - etwas verbrämt eine quantitative Verbesserung ihres Kreditportfolios. Als böser Bube taugt Basel II aber nur bedingt. Das ungeliebte Regelwerk ist ist nur der vorläufige Abschluss einer langfristigen Entwicklung, bei der die Banken ums Leiberl rennen. Auch die Institute leiden: Die Margen sinken, gleichzeitig steigt der Kostendruck. Das KMU-Klientel ist oft nicht nur eigenkapitalschwach, sondern kämpft bisweilen auch mit argen Defiziten bei der Planung und der Transparenz. Bei der BA-CA machen sich die 2004 eingeläuteten Maßnahmen schon bemerkbar. Der Marktleader im heimischen Firmenkundengeschäft steigerte den Anteil der »besseren« Ratingklassen am Gesamtvolumen von 65 auf 69 Prozent. »Die Kreditvergabepraxis ist in den letzten Jahren restriktiver geworden«, diagnostiziert auch WKO-Experte Erich Kühnelt. Doch beim Jammern will es die Kammer nicht bewenden lassen. Heuer tourten die Interessenvertreter mit einer Roadshow quer durch österreich, um ihre Schäfchen von den Möglichkeiten alternativer Finanzierungen zu überzeugen. Deren Akzeptanz sei zweifelsohne noch ausbaufähig, meint Kühnelt und ist damit argumentativ durchaus im Boot mit den Banken.

Unaufhaltsamer Wandel
Auch wenn der Turboschub noch ausbleibt, der Wandel vom klassischen Kredit- zum Kapitalmarkt ist in vollem Gang. Integration ist nicht nur in der IT, sondern auch im Bankbusiness angesagt. Die BA-CA nennt das »Integrated Corporate Finance« und bringt damit Kreditgeschäft, Unternehmensfinanzierung und Projektgeschäft unter einen strategischen Hut. Die Kundschaft wird sich also an Bonitätsoptimierungen und Strukturanalysen gewöhnen müssen, selbst wenn nur ein simpler Firmenkredit gefragt ist. Vor allem aber werden »clevere« Finanzierungen salonfähig. Wie andere Institute auch vermeldet die Raiffeisen Zentralbank (RZB) ein steigendes Interesse an Kapitalmarktinstrumenten und strukturierten Finanzierungsprodukten. Das Geschäft mit den Corporate Bonds - wo die RZB Marktleader ist - blüht, gleichzeitig nehmen die Kommerzkunden Basel II als Anlass, um ihre Bilanzstrukturen aufzumöbeln. Beliebt sind beispielsweise Eigenmittelsurrogate wie Mezzaninkapital, das den Nerv der oft familiär geprägten Unternehmen trifft. Wie auch seine diversen Abkömmlinge werden diese nachrangigen Finanzspritzen beinahe wie Eigenkapital behandelt und halten so die Kreditlinien frei. Gleichzeitig bleiben die Eigentümer weitgehend Herr im eigenen Haus. Ebenfalls beliebt ist die Kapitalzufuhr via Gewinnwertpapier. Auch hier werden keine Unternehmensanteile abgegeben und die Zeichner sind lediglich am Gewinn beteiligt, der für diese Finanzierungsform freilich auch eine Voraussetzung darstellt. Zur Hochform laufen auch Klassiker wie Factoring auf, dass derzeit mit Wachstumsraten von rund 25 Prozent pro Jahr aufwarten kann. Erfreuliches berichten die Banken vom Beteiligungs- und Projektgeschäft, das vor allem dank des schnurrenden Exportmotors brummt. Raiffeisen, Erste und BA-CA spielen im Ostgeschäft zwar auf teilweise unterschiedlichen Geigen, positionieren sich aber in ihren jeweiligen Geschäftsfeldern auch gegenüber der internationalen Konkurrenz hervorragend. Auch wenn das Bankgeschäft im Umbruch ist, Klassiker verlieren nie an Wert. »Die Kundenbetreuer müssen so denken wie der Kunde«, predigt RZB-Vorstand Karl Sevelda, der in der Branche als Beziehungswunder und Banker der alten Schule gilt. Ihren USP sieht die RZB daher nicht darin, was sie macht, sondern wie sie es macht - und kommt damit gut an. Auf der Werteskala stehen »altmodische« Agenden wie Transparenz, Offenheit und langfristige Partnerschaft ganz oben. Eine Erhebung der BA-CA kommt übrigens zu vergleichbaren Ergebnissen. Das schnelle Geld oder das schnelle Porsche-Cabrio eines Bankers, der als »High Performer« durch die Gegend kurvt, beeindruckt die Kundschaft wenig. Gefragt sind eher Werte, die auch eine gute Ehe auszeichnen. Dabei sind nicht einmal die angeblich so heiligen Konditionen alles. »Ich muss mir überlegen, wer wirklich mein Partner ist«, so RHI-Finanzvorstand Eduard Zehetner.

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