Wider die Schulphysik oder alles Humbug
- Written by Redaktion_Report
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Auf wackligen Beinen
Diese beängstigende Nähe zur Pseudowissenschaft verleitet Anhänger der Raumenergietheorie dazu, sich umso mehr mit einem Deckmantel wissenschaftlicher Seriosität zu umgeben. So geschehen in Wien, wo die mit Raumenergie im Bereich der Mauerntrockenlegung erfolgreiche Firma Aquapol zum Symposium \"Raumenergie-Technologien - Die Energietechnik der Zukunft“ lud. Als Veranstaltungsort wählte man das Naturhistorische Museum, schließlich will man Teil der exakten Wissenschaft sein - am Podium befanden sich Universitätsprofessoren, Journalisten und unabhängige Forscher. Nur: Ganz halten konnten die Vorträge des Symposiums nicht, was durch das ehrwürdige Ambiente versprochen wurde. Wenn Verschwörungstheorien - \"Die Mineralölkonzerne sind schuld, dass die Raumenergie nicht wissenschaftlich erforscht und industriell genutzt wird“ - strapaziert werden (© Josef Gruber, Ehrenpräsident Deutsche Vereinigung für Raumenergie DVR), abstruse Erlebnisse von Selbst- und Wunderheilungen als Beispiel für die Geheimnisse der Natur präsentiert werden (© Herbert Klima, Atominstitut der österreichischen Universitäten) und der Umgang der traditionellen Wissenschaft mit der Raumenergie-Technologie als \"moderne Inquisition“ bezeichnet wird (© Hans Kronberger, Journalist und ehemaliger EU-Abgeordneter), dann kann die so sorgsam aufgebaute Seriosität doch relativ leicht ins Wanken geraten.
Deduktion versus Induktion
Für Raumenergietheoretiker ergibt sich das Problem, dass die Physik eine deduktive Wissenschaft ist, das heißt es wird vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen. Auf dieser Ebene stehen Anhänger der Raumenergie und auch Firmen wie Aquapol auf relativ verlorenem Posten, denn es fehlt ganz einfach eine fundierte Theorie. Wählt man allerdings den entgegen gesetzten Weg der Induktion, befindet man sich auf relativ sicherem Terrain: Die Firma Aquapol hat ein Gerät entwickelt, dass ohne externer Energiezufuhr Mauern trocken legen kann. Punkt. Eine große Anzahl zufriedener Kunden beim Symposium und die Tatsache, dass sich die Firma seit 20 Jahren erfolgreich am Markt behauptet sind dafür zumindest Indizien. Ob sich daraus allgemein gültige Sätze ableiten lassen ist nebensächlich - zumindest für die Firma Aquapol. \"Es gibt absolut keinen Grund, diese Dinge prinzipiell abzulehnen“, meint auch Skeptiker Mohn, \"nur wenn das Gerät tatsächlich funktionieren sollte, dann sicher nicht so, wie die Firma Aquapol glaubt.“ Es könnten viele Parameter für die beobachteten Phänomene verantwortlich sein, etwa Trockenperioden oder ein Absinken des Grundwasserspiegels. Um wissenschaftlich korrekt vorzugehen, müssten langfristige Studien durchgeführt werden, die alle diese Randbedingungen mit erfassen. \"ähnlich wie es in der Medizin geschieht, wo ein Medikament in zahlreichen Studien seine Wirksamkeit unter Beweis stellen muss, bevor es zugelassen wird“, so Mohn.
Einmal Verschwörung, bitte
Wie sehr sich Anhänger der Raumenergietheorie an die Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit klammern, zeigen die ständig kursierenden Verschwörungstheorien rund um das Thema. Verschwörungstheorien haben schon durch ihre schlichte Existenz einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Durch ihren gezielten Einsatz bekommt jede Theorie, jede Idee - und sei sie noch so abwegig - eine Legitimation und wird quasi in ihrem Wahrheitsgehalt bestätigt. Denn wäre die Theorie unrichtig oder in diesem Fall wissenschaftlich nicht haltbar, müsste es ja keine Verschwörung geben - ein Teufelskreis.
Drahtzieher hinter der groß angelegten Verschwörung sollen in erster Linie die großen Mineralölkonzerne sein, die kaum ein Interesse daran haben könnten, alternative Energiequellen anzuerkennen. \"Wir können die Raumenergie nutzen, wenn wir wollen. Aber leider ist der Widerstand von denen, die heute gut verdienen, zu heftig“, klagt DVR Ehrenpräsident Gruber Regierungen und Mineralölkonzerne gleichermaßen an. Hier widerspricht Mohn heftig: \"Es ist ja nicht so, dass mich die OMV anruft und sagt, ich dürfe meine Forschungsergebnisse nicht veröffentlichen. Wenn es einen theoretischen Zugang geben würde, wenn all diese Dinge belegt wären, dann gäbe es keinen Grund irgend etwas zu verheimlichen. Hätte ein seriöser Wissenschafter gute Ergebnisse zum Thema, dann würde er publizieren.“ Natürlich sei es richtig, dass die Mineralölkonzerne auch selbst in Richtung alternative Energiequellen forschen, ihre Ergebnisse aber nicht unbedingt publizieren solange sie mit dem öl gutes Geld verdienen. \"Das ist aber noch lange keine Verschwörung. Es gibt keine zwölf Männer, die irgendwo in New York sitzen und die Entscheidung treffen, dass die Welt noch nicht reif ist für Raumenergie.“
Auch der ständige Verweis auf Teslas überlegungen zur freien Energien und ihre Verbannung aus den Lehrbüchern scheint an den Haaren herbeigezogen. \"Der arme Tesla muss immer wieder herhalten, wenn es um irgendwelche abstrusen Theorien geht“, erklärt Mohn. Das liege daran, dass Tesla ein sehr eifriger Physiker war, der zu seiner Zeit viel Bahnbrechendes gemacht hat und wichtige Forschungsarbeiten, etwa zum Wechselstrom, gemacht hat. Parallel war er aber auch ein begabter Konstrukteur und Entertainer, der auf Jahrmärkten allerlei Kunststücke mit mehr oder weniger physikalischen Hintergrund zum Besten gegeben hat. \"Es ist also kein Wunder, dass nicht alle seine Arbeiten Einzug in die Lehrbücher hielten“, so Mohn abschließend.