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Verdammt verdübelt

Gerhard Gollner, Inhaber der gleichnamigen Firma in Wien, macht sich Sorgen um die Langlebigkeit der von der Asfinag errichteten heimischen Betonfahrbahnen. Gollner glaubt, dass die lackierten bzw. pulverbeschichteten Rundeisendübel, welche die Fugen zwischen den Betonplatten gegen vertikalen Höhenversatz sichern, begrenzt haltbar sind. Was für ihn mehr zählt, ist jedoch der begrenzte Ausziehwiderstand von 42 kN (Kilonewton), der deutlich über dem in Fachpublikationen empfohlenen Widerstand von zwölf kN liege. »Damit sind Schäden geradezu vorprogrammiert«, meint Gollner.

Er hätte eine Alternative parat. Einen mit Kunststoff überzogenen Dübel mit einem Ausziehwiderstand von nur zwei kN. »Die geforderten Sollwerte wurden damit von allen Dübeln mit sehr großer Sicherheit eingehalten«, heißt es in einem Gutachten des Prüfamts für Bau von Landverkehrswegen der TU München aus dem Jahr 2003. Gollner wurde dort auf Anraten des im Infrastrukturministerium für Straßen zuständigen Ministerialrats Günther Breyer vorstellig. Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Betonstraßen in der gemeinnützigen Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr entscheidet er letztlich, welcher Dübel österreichs Autobahnen zusammenhält.
Die positiven Prüfergebnisse aus München änderten jedoch nichts daran, dass Gollners Produkt über eine Probestrecke bei Böheimkirchen nicht hinauskam. Der Grund dürfte nicht zuletzt im Preisunterscheid liegen.
Ein importierter Dübel mit Pulverbeschichtung kostet pro Stück einen Euro und 50 Cent. Gollners Produkt, das derzeit noch nicht in Serie gefertigt wird, hingegen 5,90 Euro. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass auf einem Kilometer Autobahn (zwei Fahrspuren plus Pannenstreifen) rund 5400 Dübel einbetoniert werden. »Die Kosten würden bei Serienfertigung in österreich deutlich sinken«, argumentiert Gollner. »Hier wird wohl übereifrig gespart, vor allem auch sehr kurzfristig gedacht«, glaubt er.
»Der Dübel ist nicht die Schwachstelle«, sagt dazu Asfinag-Techniker Karl Kragger, der die eigentliche Zuständigkeit aber im BMVIT, also bei Breyer, angesiedelt sieht. Kragger bedauert, dass man mit Gollners Dübel schon so viele Sitzungsstunden verbracht hat, obwohl gar »kein Handlungsbedarf« gegeben sei: »Teile der gerade in Sanierung stehenden A 1 wurden 1964 gebaut, wir haben dort kein Problem mit den Stahldübeln«, sagt er. »Risse in Betondecken können viele Ursachen haben«, erklärt auch Johannes Steigenberger vom Forschungsinstitut der Vereinung der österreichischen Zementindustrie. »Den Mehrkosten steht kein Mehrwert gegenüber«, urteilt schließlich Breyer. Wollte man Gollners Dübel einbauen, müssten die Fertiger adaptiert werden, was auch Kosten verursachen würde. »Die derzeit verwendeten Dübel garantieren bei sachgemäßem Einbau eine Haltbarkeit von 30 bis 40 Jahren«, erklärt er. Gollners Dübel habe Gremien durchlaufen, das Resümee war gleichlautend. »Der Dübel ist gut, aber niemand braucht ihn, weil der erreichte Ausziehwiderstand gar nicht erforderlich ist«, sagt Breyer. Gollner will sich dennoch nicht geschlagen geben und Medien und Politiker weiterhin »aufrütteln«, wie er es nennt. Interessant am komplizierten Dübelstreit ist, dass die im Zuge der Recherche des Report kontaktierten Fachleute und Verantwortlichen sich gegenseitig stets am Laufenden gehalten haben. Sogar der an der TU München lehrende Professor Günther Leykauf, der in Fachkreisen als »Dübelpapst« bekannt ist, blieb nicht uninformiert. Pikanterweise hat Leykauf in einem Gutachten dem Gollner-Dübel hervorragende Ausziehwiderstände bestätigt. Gollners Schlussfolgerung: »Die halten zusammen wie Pech und Schwefel.«

Alle fünfeinhalb Meter wird eine neue Betonfahrbahn zerschnitten, also eine Fuge gemacht, die es dem Material ermöglicht, sich bei Wärme auszudehnen. Damit die Platten sich trotzdem nicht selbstständig machen und zum Beispiel hochklappen, werden während des Betonierens etwa 50 Zentimeter lange und drei Zentimeter starke Dübel aus Stahl eingearbeitet.

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