3D-Druck: Grenzen und Möglichkeiten
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Der 3D-Druck gilt als einer der großen Hoffnungsträger unser Zeit. Der Fantasie, was alles möglich ist, sind kaum Grenzen gesetzt. Auch ganze Häuser sollen in Zukunft gedruckt werden und der Wohnungsnot ein Ende machen. Der Bau & Immobilien Report zeigt, was heute schon möglich ist und wo die Science-Fiction beginnt.
Gerade in den letzten Jahren hat der 3D-Druck gewaltige Fortschritte gemacht und den Weg für viele neue Anwendungen geebnet: Maschinen- und Elektronikelemente, Fahrzeugteile, Medizinprothesen bis hin zu völlig neuen Produkten oder Produktionsmethoden werden heute dank verbesserter Technik und Filamente im Druckverfahren hergestellt. Im Baubereich stellt der Druck ganzer Häuser sicher die größte Herausforderung dar und bewegte sich bis vor einigen Jahren noch im reinen Experimentalstadium. Die Gründe dafür sind vielfältig: Düsentechnik, Materialmischungen, Bewehrungsproblematik und Steuerungsprobleme mussten beforscht und gelöst werden. Beim Druck von Gebäuden braucht es auch Drucker in entsprechender Größe, die erst entwickelt werden mussten.
Großprojekte aus dem Drucker
Der Mann, der oben genannte Probleme als Erster löste, heißt Ma Yihe und kommt aus China, Shanghai. Er beobachtete die rasche Industrialisierung Chinas und stellte fest, dass der Gebäudesektor hinterherhinkt – mit langen Bauzeiten, hohem Bedarf an Arbeitskräften bzw. Maschinen und Verschwendung an Baumaterialien. Er entdeckte die Möglichkeiten des 3D-Drucks und begann, an der Entwicklung eines Gebäudedruckers zu arbeiten. Es dauerte sechs Jahre, bis die Entwicklung von Drucker und Druckmaterial den gewünschten Erfolg brachte.
Die Ying Chuang Building Tech Co. Ltd. war in der Folge die erste Firma der Welt, die Gebäude von zehn Geschoßen und mehr baute, deren Bauteile aus dem Drucker kommen. Möglich wurde dies neben einer ausgefeilten Drucktechnik durch die Entwicklung eines speziellen Druckmaterials, das in wenigen Zentimeter dicken, übereinander liegenden Schichten ausgedruckt wird: Crazy Magic Stone (CMS) verwendet u.a. speziell modifizierten Zement als Basismaterial und weiterentwickelte Glasfasern als Additive. Es kann für die Innen- und Außenverkleidung von Böden, Wänden und Dächern eingesetzt werden.
CMS wurde mittlerweile in über 100 chinesischen Großprojekten verwendet, darunter Convention Centers und ein Opernhaus. Die Vorteile: Der Druck ist schnell und dank niedriger Materialkosten ziemlich günstig. Dazu kommt weniger Materialverschwendung durch exakten Druck der Bauteile. Der 3D-Druck aus China zeigt dazu weitere Highlights: z.B. das Hainan International Convention Center oder das Phoenix International Media Center weisen so ungewöhnlich geformte Bauteile auf, dass sie in konventioneller Fertigteiltechnik kaum herzustellen gewesen wären. Dazu kommt, dass die Bauteile innen hohl und damit wesentlich leichter sind als herkömmliche Fertigteile, was bei vielen Anwendungen, etwa im Dach,- Decken- und Fassadenbereich enorme Vorteile hat, ganz zu schweigen von der Materialeinsparung.
4.000 Dollar für ein Haus
Eines der ersten Druckerhäuser »von der Stange« wird von der texanischen Baufirma ICON angeboten, an nur einem Tag gebaut und soll 4000 US-Dollar kosten. Das »Chicon-Haus« bietet auf 60 m² ein kleines Wohnzimmer, Schlaf- und Badezimmer sowie eine kleine Veranda. Dreieinhalb Meter hoch und gute zehn Meter lang ist der Drucker, den ICON für den Zweck entwickelt hat, ganze Häuser und nicht nur Bauteile zu drucken, die erst zusammengesetzt werden müssen. Als Material kommt eine speziell entwickelte breiige Zementmischung zum Einsatz, die in einzelnen Strängen aufgetragen wird und nach und nach eine Wand bildet. Die Wände werden nicht von ebenen Flächen begrenzt, sondern weisen Rippen auf. Auch wenn das zunächst ungewöhnlich erscheint, hat dieser Stil auch seine Ästhetik. Farbstoffe in der Betonmischung erlauben eine individuelle Gestaltung der Häuser in vielfältigen Farben. Das Dach bildet gleichzeitig einen Terrassenbereich.
3D in Österreich
Abgesehen vom Amstettner Unternehmen Umdasch, das sich an der kalifornischen Contour Crafting Corporation beteiligt hat, sind Österreichs Unternehmen beim Drucken baukonstruktiver Elemente eher auf Nischenanwendungen ausgerichtet und nicht auf das Herstellen von Gebäuden.
Baumit Wopfinger liefert mit dem »BauMinator« ein Drucksystem, das 3D-Druck mit einem Spezialmörtel vereint. Damit können hochkomplexe Objekte und Formen zwischen 50 Zentimeter und 5 Meter Größe gedruckt werden. Betonfertigteile, Rohre, Schächte, Zaunelemente, Outdoor-Möbel, Dekor oder Kunstobjekte sind unter anderem möglich.
Der Fertigteilerzeuger Overtec druckt in seiner Produktionsstätte im oberösterreichischen Attnang-Puchheim auf einem vier Meter großen und 1,8 Tonnen schweren 3D Drucker stylische Fassadenelemente der Marke »Betonwolle«, die individuell angepasst in jeder gewünschten Form möglich sind, samt Aufschriften und Logos. Auch an gedruckten Bauteilen aus Beton wird gearbeitet.
Bei der Firma STS steht der Name für Stiegen, Treppen, Sonderteile aus Beton, der dafür in Schalungen eingebracht wird. STS-Firmengründer Johann Staudinger macht gemeinsam mit seinem Sohn Martin ein Geschäftsmodell aus dem 3D-Druck mit Beton. Weil das Druckverfahren einen schnell härtenden Beton braucht, der dennoch wenig Viskosität hat, arbeitet STS intensiv mit Baumit zusammen.
Fazit
Innovation wird sich dort durchsetzen, wo sie bessere, schnellere und/oder günstigere Ergebnisse erzielt als das Konventionelle. 3D-Druck mit Beton ist und wird wohl noch geraume Zeit eine Nischenanwendung sein. Im Zuge der Digitalisierung des Bauens kann man dennoch gespannt sein, welche Anwendungen als Erste den Sprung aus der Nische schaffen.
Einsatzmöglichkeiten
Gebäude aus dem Drucker können die Wohnungsnot in vielen Ländern reduzieren, da sie weniger Manpower, Geld und Baumaterial benötigen. Aufgrund der kurzen Bauzeit kann auch bei plötzlichen Notsituationen wie Naturkatastrophen/Flüchtlingsdramen etc. in kurzer Zeit neuer Wohnraum für betroffene Menschen geschaffen werden. Gerade auch in Gebieten mit hohen Außentemperaturen oder in Entwicklungsländern kann diese Bauweise sehr nützlich sein, da weniger Bauarbeiter vor Ort benötigt werden und weniger Bauabfälle anfallen.
Internationale Beispiele
(c) Milestone: design: Houben / Van Mierlo architects
Niederlande: Eine erste Siedlung mit vorerst fünf ungewöhnlich geformten Häusern soll in den nächsten Jahren in Eindhoven entstehen. Die Gebäudeform ist einem Obelix-Hinkelstein ähnlich. Daran zeigt sich ein Vorteil des 3D-Druckens, dass auch außergewöhnliche Formen und Konturen realisiert werden können. Beim Pilotprojekt werden nur die Innen- und Außenwände aus dem Drucker kommen, später könnten auch weitere Bestandteile eines Hauses gedruckt werden. Das Projekt Milestone ist ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde Eindhoven und der TU Eindhoven gemeinsam mit den Firmen Van Wijnen, Vesteda, Weber Beamix und Witteveen+Bos. Das Design stammt von Houben / Van Mierlo architekten.
Belgien: BOD 2, der größte 3D-Drucker der Welt, steht vor dem Druck eines zweistöckigen Hauses auf dem Gelände von Kamp C, dem Provinzzentrum für Nachhaltigkeit und Innovation im belgischen Westerlo. Interessierte Unternehmen können ab Herbst 2019 mit dem Drucker in Westerlo experimentieren. Der Zweck des Unterfangens besteht darin, die flämische Bauindustrie anhand praktischer Anwendungen von den Vorzügen dieser innovativen Technik zu überzeugen.
Saudi-Arabien: Das Bauunternehmen »Elite for Construction & Development Co.« hat den BOD2-Drucker gekauft, mit dem in einem Arbeitsgang dreigeschoßige Gebäude mit mehr als 300 Quadratmetern pro Stockwerk gebaut werden können. Das Unternehmen entschied sich für den Kauf als Reaktion auf den Bedarf Saudi-Arabiens, innerhalb der nächsten zehn Jahre 1,5 Millionen Privathäuser zu bauen. Dies entspricht der Vision 2030 des Landes, in deren Umsetzung öffentliche Organisationen den starken Wunsch geäußert haben, die 3D-Konstruktionsdrucktechnologie in Bauprojekten einzusetzen.
Vereinigte Arabische Emirate, Dubai: zweistöckiges Gebäude aus einem 3D-Drucker. Mit großem Engagement hat die Stadt geplant, bis 2030 zahlreiche ihrer Neubauten in Beton-3D-Druck zu realisieren. Ein Jahr lang wurden die Bauteile ausgedruckt und auf der Baustelle zusammengesetzt. Vor kurzem wurde das Gebäude mit einer Höhe von 9,5 Metern und einer Fläche von 640 Quadratmetern enthüllt. An der Arbeit daran waren nur 15 Personen beteiligt.