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Trocken vorgefertigt

Foto: Als erste HTL bietet jene in Baden im nächsten Schuljahr 2018/19 auch den Schwerpunkt Trockenbau an. Foto: Als erste HTL bietet jene in Baden im nächsten Schuljahr 2018/19 auch den Schwerpunkt Trockenbau an.

Trockenbau schwimmt auf einer Erfolgswelle. Das spiegelt sich nun auch im Lehrplan wider. Erstmals bietet die Höhere Technische Lehranstalt Baden Trockenbau als Schwerpunkt an.

Manche glauben immer noch, beim Trockenbau geht es vor allem um Zimmertrennwände. Das können wir auch – aber wir können noch viel mehr«, erklärt Thomas Huber, Leiter der Anwendungstechnik bei Rigips. Es reicht von Deckenbekleidungen, Bauteilen in mehrgeschoßigen Objekten und nachträglichem Wärme-, Brand- und Schallschutz in öffentlichen Gebäuden, Spitälern und Schulen bis zu Dachgeschoßausbauten im Einfamilienhaus. Damit beweisen die Unternehmen die Vorteile des modernen Montagesystems: Durch den Entfall von Austrocknungszeiten werden Immobilien früher verwertbar, wodurch die Wirtschaftlichkeit steigt.

Geringe Bauteilstärken ermöglichen die bessere Nutzung bestehender Grundfläche, das geringe Gewicht kommt der Gebäudestatik zugute. Zahlreiche Materialien werden im Trockenbau eingesetzt – Gipskarton, Gipsfaser, Holz, Metall, Kunststoff, Mineralfaser, Glas, Calciumsilikate, Perlite uvm. Mit Gipsplattensystemen lassen sich bereits Außenwände und Decken realisieren. Knauf sieht Trockenbau künftig auch auf der Stufe tragender Konstruktionen. Auf ein Problem weist das IBO hin. Durch das Verspachteln der Fugen und Anschlüsse wäre ein zerstörungsfreier Rückbau nur mit hohem Aufwand möglich. Die Platten werden geschreddert, die Metallteile entfernt, daraus neue Platten gefertigt. Forscherin Caroline Thurner berichtet dazu von einem einzigartigen Rücknahmesystem in Dänemark, das mit mobilen Aufbereitungsanlagen arbeitet. »Dieses erfolgreiche Recycling-System breitet sich derzeit am Markt aus.«

HTL »Trockenbau«

Erfolgsmeldung für alle künftigen Trockenbauer: Mit dem Schuljahr 2018/19 tritt ein neuer Lehrplan an den Bautechnikschulen in Kraft, der auch Trockenbau als Schwerpunkt vorsieht. »Bisher haben Hochbau-HTLs Trockenbau im Lehrplan überhaupt nicht wahrgenommen«, bedauert Gregor Todt, Präsident des Verbandes Österreichischer Stuckateur- und Trockenausbauunternehmungen, VÖTB. Damit gingen Schulen laut Todt bisher an der gängigen Praxis vorbei, denn Trockenbau hat sich vom klassischen Handwerk zum Gewerbe auf Ingenieurniveau entwickelt. »Bei jeder Baustelle kommt unser Handwerk vor.« Immer mehr Leistungen fließen ein, Schallschutz ebenso wie Bauphysik und Brandschutz. Bislang wurde die Trockenbauweise nie ganzheitlich, sondern nur in der Lehre unterrichtet.

Die Privatindustrie betreibt eigene Schulungen für ihre Produkte, z.B. Trockenbau-Akademie und Lehrlingstrophy von Rigips, die Knauf Junior Trophy, Schulungen bei Saint Gobain oder Rockwool – aber es fehlt der umfassende Blick. Hochwertige Schulung ist aber für den Trockenbau sehr wichtig. »Oft kommen Sub- und Sub-Sub-Unternehmen mit fehlendem Wissen zum Einsatz, schlechte Verarbeitung führt zu Schäden, manche unmittelbar erkennbar, manche treten erst nach 20 Jahren mit entsprechenden Kosten auf«, zeigt Todt auf. Die technischen Eigenschaften müssen gelehrt werden, wichtig sind auch multimediale, weniger sprachbasierte Module, da auf der Baustelle immer verschiedene Nationalitäten zusammenarbeiten. Vorreiter beim Schwerpunkt Trockenbau ist die HTL Baden. Zunächst wurde noch die Möglichkeit der berufsbegleitenden Ausbildung angedacht, die Entscheidung fiel dann aber auf das Ganztagesprojekt. »Die komplette österreichische Systemherstellerindustrie hat uns unterstützt«, zeigt sich Todt erfreut. An der HTL Baden wird ein umfassendes Schulungskonzept aufgebaut.

»Die detaillierte Arbeit an einer HTL ist uns lieber als eine Spur Trockenbau in mehreren höheren Schulen.« Michael Wagner, Direktor an der HTL Baden, berichtet von tatkräftigem Engagement aller zur Realisierung des Ausbildungsschwerpunkts Trockenbaumanagement. »Der Trockenbau ist ein fester Bestandteil des Bauwesens. Dieses Faktum und das passende Schulungsangebot mussten wir der Öffentlichkeit erst mit einer Marketingkampagne präsentieren.« Die bislang bestehenden Schwerpunkte Malerei und Gestaltung an der HTL Baden bleiben erhalten.

Materie Trockenbau

Die Schnittstelle mit anderen hochtechnischen Bereichen bildet die Herausforderung für den Trockenbau. Direktor Wagner: »Die Antwort hierauf heißt Schnittstellenmanagement. Unser neuer modularer Ausbildungsschwerpunkt soll genau dieses Erfordernis erfüllen«, betont er und verweist auf einige noch freie Plätze im Herbst. Auch für den Vorbereitungslehrgang bestehe noch die Möglichkeit sich anzumelden. Trockenbau wird Thema an der HTL, es bleibt zu hoffen, dass der Lehrplan hinter den Hightech-Entwicklungen im Bauwesen nicht zurückbleibt. Denn die stetig wachsenden Anforderungen der modernen Architektur stellen laufend neue Chancen und Herausforderungen für das zeitgemäße Bauen in den Fokus. Das muss sich laut VÖTB auch im Lehrplan widerspiegeln. »Bislang wird noch immer das geschult, was vor 20 Jahren im Lehrplan stand«, kritisiert Todt. Das ist mit ein Grund für die sinkenden Lehrlingszahlen im Trockenbau. Jugendliche wollen mit modernen Techniken auf der Baustelle arbeiten, von Laptops bis zu visuellen Kameras und Spracherkennungssystemen. Das braucht es auch in der Ausbildung. »Der Verband kann Impulse geben, das Tagesgeschäft muss aber die Industrie erledigen. Da denken die Trockenbauer noch zu konservativ.«

Kühler Trockenbau

Laut Rigips gibt es fast keine Anforderung mehr, die nicht in Trockenbauweise realisiert werden kann: Schallschutz, Brandschutz, Einbruchhemmung, sommerliche Überwärmung … Stichwort Überwärmung: Hat man sich bis vor kurzem vor allem mit Wärmedämmung beschäftigt, gewinnt der Schutz vor Überhitzung zunehmend an Bedeutung. Bei den neuartigen Alba Balance Vollgipsplatten von Rigips sind z.B. speziell entwickelte PCM-Mikrokapseln in die Gipsmatrix eingefügt. Steigt die Raumtemperatur über 25° C, wird die überschüssige Wärme von den Platten, die als Beplankungen für Ständerwände, Vorsatzschalen und Bekleidungen sowie von abgehängten Decken eingesetzt werden können, absorbiert. Sinkt die Temperatur, geben sie die gespeicherte Wärme wieder ab. Der Trockenbauverband nennt neben technischer Kühlung und Dämmung auch Kühldecken als Lösung.

Todt: »Diese Kühlsysteme haben sich aber nicht durchgesetzt, weil die Wände oft verbaut sind und die Kühldecken vom Leistungsvolumen her träge sind.« Der Vorteil laut Rigips: Sie bieten eine zugfreie Kühlung. Das oberösterreichische Unternehmen T4 Systems Umwelttechnik bietet eine erfolgreiche Kühllösung an. Geschäftsführer Thomas Sammereyer: »Das Wandregister ist in eine Trägerplatte aus Gips-Fasermaterial eingebettet. Unser System kann wie ein großes Bild aufgehängt werden. Die Kundennachfrage ist stark steigend.«

Trockenbau umfasst auch den Bereich Dämmung. Darunter fallen synthetische Dämmstoffe wie Polystyrol, Phenolharz, Aerogel und Vakuumplatten ebenso wie mineralische Dämmstoffe, z.B. Stein- und Glaswolle (Mineralwolle) bzw. Schaumglas sowie pflanzliche/tierische Dämmstoffe wie Baumwolle, Kork und Schafwolle. Mineralwolle und Polystyrol sind die am häufigsten verwendeten Materialen bei der Fassadendämmung, Ersteres aufgrund seiner guten Brandschutzeigenschaften, Letzteres wegen seiner leichten Verarbeitung und kostengünstigen Beschaffung. Eine wichtige Quelle für Steinwolle ist Rockwool. »Wir bieten eine Vielzahl an Produkten und Systemen aus Steinwolle für den Innenausbau zur Dämmung von Holz- oder Metallständerwänden, Ständer- und Schachtwänden, Kellerdecken, im Dachgeschoß und im Fußboden«, betont Geschäftsführer Manfred Wagner. Über 95 Prozent der Steinwollreste aus der Produktion werden bereits recycelt, am Recycling von Projektmaterial wird derzeit gearbeitet.

Recycling spielt auch eine Rolle bei der Entscheidung für Zellulose. »Aus Tageszeitungspapier hergestellte Zellulose hat eine um 25 Prozent bessere Wirkung gegenüber anderen Dämmstoffen«, betont Franz Pramhaas, Geschäftsführer von FPI. Das steirische Unternehmen ist spezialisiert auf Wärmedämmung mit Dämmzellulose. Die bessere Wind- und Luftdichtheit verhindert Zug und damit das Aufheizen des Raumes über die heiße Dachdeckung. Holzfaserprodukte bieten ebenso sommerlichen Hitzeschutz, da sie über ein besonders hohes Wärmespeicherungsvermögen verfügen. Die Sommerhitze wird gepuffert, sodass sie nur stark zeitversetzt und mit erheblich verminderter Intensität ins Haus vordringen kann.

Bild oben: Das Fakro Dachflächenfenster ermöglicht den Einsatz von Hitzeschutzelementen an der Außen- und Innenseite, wobei der außenliegende Hitzeschutz solarbetrieben erfolgt. Fakro bietet auch außenliegenden flächendeckenden Sonnenschutz in Form von Netzmarkisen für Dachbalkone.

 

Modulbauweise

Im heutigen Bauwesen gilt: Je kürzer die Bauphasen eines Projekts, desto wirtschaftlicher. Damit wächst die Bedeutung des Modulbaus. Je nach Abwicklung unterscheidet die Bauwirtschaft zwischen der Containerbauweise, bei der komplett ausgestattete Elemente mittels Baukran aufgestockt werden, und der Skelettbauweise. Hier wird die Außenwand vorgefertigt, die Raumausstattung erfolgt nach dem Baukastenprinzip individuell vor Ort. Beide Modulbauweisen überzeugen durch eine deutliche Verkürzung der Bauzeit auf der Baustelle. Bis zu 90 Prozent aller Arbeiten erfolgen vorab im Werk. Damit verbunden ist eine signifikante Reduzierung der Bauemissionen wie Lärm und Staub, Kalkulationssicherheit, Kostenersparnis- und transparenz sowie langfristige Investitionssicherheit.

Ein Vorteil des Modulbaus liegt im Wegfall von Trocknungsphasen, in höherer Maßgenauigkeit und besserer Qualität als bei der Produktion vor Ort. »In der modularen Holzbauweise für Schulen und Studentenheime sehen wir bereits eine sehr weit entwickelte Systembauweise. Vollständig ausgeführte Raumzellen werden an die Baustelle zur Montage angeliefert«, betont Georg Binder, Geschäftsführer von pro:Holz. Für ein Pilotprojekt gibt es von Knauf bereits ein fertiges Produktmodul inklusive Haustechnik, zu besichtigen in Deutschland ab Jänner 2019. Aktuell wird an tragenden Systemen für Decken-, Boden- und Wandelementen gearbeitet, aus denen Module gebaut werden. Alle konstruktiven Bestandteile bestehen aus Knauf Systemkomponenten.

Besonders viel Anklang findet die Modulbauweise im Trockenbau. Gregor Todt erinnert hier neuerlich an die notwendige hochwertige Ausbildung. »Wenn aufgrund der Kosten nicht qualifizierte Subunternehmer eingesetzt werden, kann jetzt oder auch erst in 20 Jahren viel Schaden entstehen, z.B. wenn Abdichtungen nicht ordnungsgemäß verlegt sind.«. Die Modulbauweise bietet vor allem im Hochbau große Vorteile. »Aktuell werden in Österreich zwar Wohnungen in ausreichender Stückzahl gebaut, allerdings mit zu hohen Kosten für die Mieter. Daher wird es notwendig, durch serielles Bauen, beispielsweise durch modulare Einheiten, die Baukosten zu reduzieren«, heißt es bei Knauf.

Module bieten Cradle to Cradle

Die Sorge über den Verlust an Diversität im Bauwesen ist unbegründet. Thomas Huber, Rigips: »Bei einer guten Planung kann der Architekt seine Gestaltungswünsche in der modularen Bauweise genauso realisieren wie im klassischen Sektor. Im Trockenbau ist man auch im Nachgang noch flexibel genug, um Anpassungen herbeizuführen, die vielleicht ursprünglich nicht bedacht wurden oder die aufgrund geänderter Anforderungen notwendig werden.« Eine Ständerwand umzusetzen sei beispielsweise wesentlich einfacher und schneller möglich als eine Massivwand. So schnell wie die Module abgebaut sind, können sie an einem anderen Ort auch wieder aufgebaut und weiter verwendet werden. Das Konzept ist so gestaltet, dass mit Ausbaumaßnahmen wie Vorsatzschalen, Bodenaufbauten, Fassaden usw. langfristig ein moderner Wohnraum entstehen kann. Demontierbare bzw. verschiebbare Innenwände ermöglichen eine flexible Raumaufteilung.

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