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Der Vollblutmanager

\"RudolfDas Timing ist perfekt: Ende Oktober läuft sein Vertrag als Österreich-Chef von Hewlett Packard aus, am 1. November tritt Rudolf Kemler die Nachfolge von Markus Beyrer als Chef der Staatsholding ÖIAG an.

Dass der 56-jährige Perchtoldsdorfer im Rennen gegen den von der ÖVP favorisierten Herbert Paierl sowie Ex-AUA-Vorstand Peter Malanik die Nase vorn hatte, ist doch recht überraschend und widerspricht allen politischen Direktiven. Dem Vernehmen nach war Aufsichtsrats-Präsident Peter Mitterbauer diesmal wild entschlossen, sich nicht wieder einen unliebsamen Kandidaten »aufs Aug drücken« zu lassen.

Eine Palastrevolution ist dennoch nicht zu erwarten. Für die anstehende Umgestaltung der ÖIAG braucht Kemler politische Querverbindungen. Seine Nähe zur Industriellenvereinigung könnte dabei nützlich sein. Auf den drei verbliebenen Baustellen der Holding – Telekom Austria, OMV und Post – wartet einiges an Arbeit. Nur noch bei der Post ist der Staat mit 52,8 % Mehrheitseigentümer. Weitere Privatisierungen dürfte die ÖVP bei einer Neuauflage der rot-schwarzen Regierung zur Koalitionsfrage machen, auch eine Eingliederung von Verbund und ÖBB wird bereits laut angedacht. Bei der derzeit von Schmiergeldskandalen geschüttelten Telekom Austria stehen Gespräche mit Neoaktionär América Móvil an. Der mexikanische Telekom-Milliardär Carlos Slim will seine Beteiligung von 7 auf 25 % aufstocken. Die ÖIAG braucht das Geld dringend, um die geplanten Expansionen in Südosteuropa zu stemmen, will aber ihre Anteile (28,4 %) tunlichst nicht mindern. Auch OMV-Partner IPIC aus Abu Dhabi drängt auf mehr Mitsprache.

Kemler werden Verhandlungsgeschick und Zielstrebigkeit, aber auch eine gewisse Farblosigkeit zugeschrieben. Der HTL-Absolvent begann in der EDV-Abteilung der Creditanstalt und durchlief in internationalen IT-Konzernen wie Siemens-Nixdorf, Debis, T-Systems und HP unzählige Stationen. Mitterbauer lobte ihn als »Vollblutmanager mit einem beeindruckenden Werdegang«. Den passionierten Segler und Golfer, verheiratet mit einer Volksschullehrerin und Vater von zwei erwachsenen Kindern, zog es ursprünglich als Mitglied der Landhockey-Nationalmannschaft in Richtung Spitzensport. Die ÖIAG will er künftig »strategisch aufwerten« und »dem direkten Einfluss der Tagespolitik entziehen«. Ein ehrgeiziges Vorhaben, an dem schon einige Vorgänger gescheitert sind.

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