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»Auch der beste Kunde konnte plötzlich ausfallen«

\"AbsicherungNach starken Einbrüchen ziehen nun die Exporte wieder kräftiger an. Welche Spuren die Krise im Exportfinanzierungsgeschäft hinterlassen hat, erklärt Ingeborg Bauer-Kunst, Leiterin Export- und Investitionsfinanzierung in der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB).

(+) plus: Wie ist das Exportfinanzierungsgeschäft der RZB durch diese schwierige Zeit gekommen? Wie sehen Ihre mittelfristigen Erwartungen aus?

Ingeborg Bauer-Kunst: Bis jetzt sind wir gut durch die Krisenjahre gekommen, auf der Ertragsseite haben wir nichts gespürt. Exportfinanzierungen sind ja meist längerfristig, haben also einerseits eine gewisse Vorlaufzeit und federn andererseits aufgrund der Laufzeit der Finanzierung selbst eventuelle Rückgänge im Geschäftsvolumen ab. Wir hatten daher noch einige Transaktionen in der »Pipeline«, die auch in dieser schwierigen Zeit für Nachschub sorgten.
Etwas vorsichtiger sind wir mit der Prognose, was Geschäfte betrifft, die erst in den nächsten zwei Jahren ertragswirksam werden. Beim Export von Handelswaren, die normalerweise nicht mit einer Finanzierung verbunden sind, haben wir aufgrund der geringeren Nachfrage durch die Wirtschaftskrise einen Rückgang gesehen. Dementsprechend verminderte sich auch z.B. das Akkreditivgeschäft, da merkt man den krisenbedingten Rückgang der Exporte unmittelbar. Aber unterm Strich zieht das Geschäft schon wieder etwas an, wobei wir das ertragsseitig im Finanzierungsbereich aus den erwähnten Gründen vermutlich erst im nächsten Jahr spüren werden. Da wir aber auch mit internationalen Kunden aus Deutschland, Frankreich und den nordischen Staaten gut aufgestellt sind, können wir das Österreich-Geschäft gut ergänzen.


(+) plus: Was hat sich für die Unternehmen geändert?

Bauer-Kunst: Vor der Krise waren die Märkte und Unternehmen sehr liquide, es ist vieles auf offene Rechnung gelaufen. Die Geschäfte wurden auch nicht immer abgesichert. Das war mit einem Schlag nicht mehr so, auch der beste Kunde konnte ausfallen, wenn er plötzlich von seiner Bank keinen Kredit mehr bekam. Und auch in die andere Richtung hat sich die Situation verschärft: Viele österreichische Importeure mussten plötzlich an ihre Lieferanten Akkreditive eröffnen, weil Österreich eine Zeit lang als »nächstes Island« im Gerede war und als nicht mehr sicher galt. Deshalb haben die klassischen Instrumente wie Garantie und Dokumentenakkreditiv, die von österreichischen Importeuren schon seit langer Zeit nur mehr in relativ geringem Umfang benötigt worden waren, jetzt wieder an Bedeutung gewonnen.
Generell kann man feststellen, dass Liquidität nicht mehr in dem Umfang wie vor der Krise verfügbar ist. Deshalb finden die Hausbanken der ausländischen Importeure die Finanzierungslösungen der Bank des Exporteurs wieder attraktiv. Obwohl die Exporte also zurückgegangen sind, ist der prozentuelle Anteil der Finanzierungen gestiegen, weil das Bedürfnis danach wieder gegeben ist.

(+) plus: Sind die Kriterien für die Kreditvergabe und die Absicherung strenger geworden?

Bauer-Kunst: Die Oesterreichische Kontrollbank, die anderen Exportkreditversicherungen und auch die Banken sind sicher vorsichtiger geworden, was z.B. darstellbare Laufzeiten betrifft, einfach aufgrund des infolge der Krise teilweise gestiegenen Länder- und Bankenrisikos. An unserem Zugang zum Thema Risiko hat sich aber grundsätzlich nichts geändert, da unser Risikomanagement auf der Höhe der Zeit war und ist. Darüber hinaus waren und sind wir vom Risikoansatz immer sehr konservativ. Ein Beleg dafür: Bei Exportfinanzierungen hatten wir keinerlei Ausfälle zu verzeichnen.


(+) plus: In welchen Regionen und Branchen sehen Sie das größte Potenzial?

Bauer-Kunst: Gefragt sind heute zum Beispiel der Umwelt- und der Energiebereich, aber auch Produkte aus dem Gesundheitssektor, insbesondere medizinische Ausrüstung für Spitäler. Regional betrachtet wird die RZB vor allem mit Zentral- und Osteu­ropa in Verbindung gebracht, und gerade dort sind wir besonders stark. Ich sehe insbesondere Russland, die Ukraine und Belarus sowie teilweise China, Vietnam und Nordafrika als zukunftsträchtige Märke. Unser zweites Standbein ist ja Asien, wo wir in Singapur und China mit Filialen und in vier anderen Märkten mit Repräsentanzen vertreten sind. Darunter Indien, das nach wie vor ein sehr wichtiger Markt für die österreichischen Exporteure ist.

(+) plus: Gibt es Länder, bei denen Sie zur Vorsicht raten?

Bauer-Kunst: Ich möchte das nicht für einzelne Länder machen. Prinzipiell gilt das Prinzip »Know your customer«, sich also seinen Kunden ganz genau anzuschauen und Erkundigungen über seine Bonität einzuholen. Denn wenn erst die Bank draufkommt, dass diese nicht in Ordnung ist, hat man als Exporteur schon sehr viel Zeit und vielleicht auch Geld investiert.

In den meisten Fällen ist es sehr hilfreich, vom Exporteur frühzeitig in seine Transaktion eingebunden zu werden. Wir können zwar nicht den Liefervertrag gestalten, aber wenn es darum geht, welche Bankinstrumente verwendet werden sollen, z.B. Finanzierung, Akkreditiv oder Garantie, können wir unseren Kunden schon im Vorfeld über die Eigenheiten und Voraussetzungen der einzelnen Märkte beraten.

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