»Müssen nicht alle glücklich machen«
- Written by Redaktion_Report
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Report: Frau Reich, wenn Sie die vergangenen zehn Jahre Telekommunikationsmarkt betrachten - was ist Ihr Resümee aus heutiger Sicht?
Alexandra Reich: Es war eine extrem spannende Zeit. Anfangs haben ja viele Unternehmen noch improvisiert gearbeitet, dadurch aber viel bewegt. Ich habe es immer als Stärke der österreicher gesehen, einfach die Dinge auszuprobieren - ohne im Hintergrund hundert Konzepte dazu haben zu müssen. max.mobil war ein gutes Beispiel für diese Emotionalität, die in der Branche zu finden war. Heute ist die Pionier- und Aufbruchstimmung der Professionalität gewichen. Die Branche hat einen Generationenwechsel erlebt, der Markt ist aufgebaut. Nun gilt es, die Kunden zu halten, den eigenen Markt zu bewahren. Dies ist auch positiv zu sehen: wir haben heute eine mächtige IT-Landschaft und eine hohe Kostensensibilität in den Unternehmen.
Der max.mobil-Manager der ersten Stunde, Georg Pölzl, propagiert die völlige Ablöse des Festnetzes durch den Mobilfunk. Sehen Sie diese Substitution ebenfalls in einer solchen Intensität?
Wissen Sie, bestimmte Dinge werden immer parallel existieren. Es wird stets Nutzer geben, die auch auf einen Festnetzanschluss setzen - wenngleich unsere Zielgruppe nicht sehr festnetzaffin ist. Insgesamt findet derzeit aber auch ein Generationenwechsel im Medienverhalten statt. Für junge Menschen hat der klassische 20-Uhr-15-Termin, um vor dem Fernseher bei Tatort zu sitzen, keine Bedeutung mehr. Der Medienkonsum passiert in dieser Gruppe vielmehr eventbasiert. Für uns als Mobilprovider hat dies zu Folge, dass wir dann etwa am Handy Fernsehsender oder Applikationen wie die Möglichkeit zur Auktionsteilnahme bei eBay anbieten. Der moderne Nutzer will auch nicht ständig vor dem PC sitzen müssen. Mobil zu sein ist für ihn wichtig.
Wohin steuert die Mobilfunkbranche, was wird in zehn Jahren sein?
In weiteren zehn Jahren ist Voice eine Commodity und wird nicht mehr viel wert sein. Breitbandinternet und Breitbandzugang werden die bestimmenden Treiber sein - bereits Ende 2007 werden wir eine HSDPA-Abdeckung von über 90 Prozent in österreich haben. Die Zeit der bilateralen Kommunikation ist vorbei, die Nutzer wollen sich in Communities bewegen können. Hutchison hat etwa in Italien ein Modell entwickelt, in dem die User Geld für bereit gestellte Videos bekommen. In diesem crossmedialen Projekt wurden bereits unglaublich tolle Beiträge geschaffen. Es zeigt, welches Potenzial hier schlummert.
Derzeit laufen heftige Diskussionen zur Nutzung von Flatrates bei den Mobilfunktarifen. Kann Drei einen echten Pauschaltarif anbieten?
Wir bieten mit unserem »Genial«-Tarif 2000 Freiminuten bei einer Grundgebühr von 70 Euro. Dieses Preismodell steht quasi für eine unlimitierte Nutzung. Mit der Minutenbeschränkung wird lediglich der Missbrauch des Angebots - der Nutzung des Handys als Telefonbox - ausgeschlossen. Schwarze Schafe gibt es immer, wir wollen diesen nicht ständig hinterher laufen müssen.
Gilt die echte Flatrate als gescheitert?
Der Trend zum Pauschaltarif wird bleiben. Es macht aber keinen Sinn, am Markt alles zu bedienen. Wir wollen mit unseren Angeboten die unterschiedlichen Nutzergruppen besser treffen können - erheben gleichzeitig aber nicht den Anspruch, die ganze Welt glücklich zu machen. Gerade im Breitbandbereich wird es sicherlich ebenfalls ähnliche Flatrate-Modelle auf Fair-Use-Basis geben, wie wir sie heute im Festnetz haben. Diese Pauschalprodukte werden die Revolution der Breitbandnutzung am Handy einleiten. Man muss sich nur die Verkaufszahlen im mobilen Breitband ansehen: HSDPA-Karten verkaufen sich extrem gut, HSDPA-Datenmodems sogar noch besser. Wir sehen auch im B2B-Bereich mehr und mehr Anfragen. Kleine und mittlere Unternehmen haben immer öfter einen mobilen Arbeitsplan. Hinzu kommt, dass sich das Handy zunehmend zu einem multifunktionalen Tool entwickelt. Für unsere User ist das Handset ihr eigener iPod. Navigationssysteme und der Skype-Service, den wir 2007 launchen, werden diese Entwicklung weiter treiben.