Fassaden ruckzuck in Gerüste hüllen
- Written by Redaktion
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Gerüste verleihen ist rasches und flexibles Tagesgeschäft. Verlässlichkeit muss auf der Tagesordnung stehen. Verbesserte Arbeitsorganisationen dienen der Sicherheit von Monteuren.
Wenn man Möbel kauft, dann sieht man nachher etwas. Anders ist das bei Fassadengerüsten: »Der Kunde sieht nach dem Abbau nicht mehr, was er ausgegeben hat. Das macht das Geschäft mit den Gerüsten nicht eben leicht«, sagt der Inhaber der Meidlinger Gerüstbau GmbH Michael Gross. Wie sich das Jahr für den Gerüstverleih 2009 entwickeln wird? Dass die Einschätzung des langjährigen Gerüstexperten nicht rosig ausfällt, ist zu erwarten. Seine Gründe: Firmen wie die Immofinanz drücken auf die Bremse, auch weiß man nicht, wie sich die Förderungen bei den Vollwärmeschutzfassaden gestalten werden. »Von Frühjahr bis März wird das Geschäft noch gut gehen, da man diese Baustellen bereits vor der Krise begonnen hat. Doch gegen Ende des Jahres kommt es sicherlich zu einer Abflachung«, so Gross.
Verlässlichkeit zählt
»Nach unten, nach unten, nach unten« – gehen die Preise in der nächsten Zeit beim Gerüstverleih, ist sich der Inhaber der Meidlinger Gerüstbau sicher. Das Gerüstmaterial wird in Deutschland gekauft, am österreichischen Standort der Meidlinger Gerüstbau in Guntramsdorf dann montiert und von der Baufirma meist aufgrund einer Ausschreibung verliehen. Verkauft wird das Gerüst ganz selten. Ein Beispiel war der Verkauf eines Revisionsgerüstes für ein Kraftwerk. Spezielle Services soll es in dieser Branche nicht geben. »Unsere Qualität besteht darin, dass wir pünktlich das Gerüst aufstellen und dass alles in Ordnung ist«, erklärt Gross. Wenn das nicht der Fall ist, könnten Pönalen drohen. Der Wettbewerb geht nur über den Preis und eben über die Verlässlichkeit, Termine einzuhalten. Der persönliche Kontakt mit dem Bauleiter ist deshalb für den Experten des Meidlinger Gerüstbauers wichtiger denn je: »Ich arbeite fast nur mehr mit Bauleitern zusammen, die ich auch persönlich kenne«, sagt Gross.
Gerüstbau ist Tagesgeschäft
Am Tag werden etwa 400 bis 500 Quadratmeter einfaches Fassadengerüst bis zu einer Gebäudehöhe von 20 Metern aufgestellt. Ohne Balkon, ohne Erker – versteht sich. Verrechnet wird, wie in der Branche üblich, nach Quadratmetern. Die Arbeit wird von angelernten, schwindelfreien sowie wetterunabhängigen Mitarbeitern ausgeführt. Ob es in puncto Sicherheit Innovationen gibt? »Das ist mit sämtlichen Ö-Normen bereits ausgereizt«, meint Gross. Man würde aber versuchen, noch mehr mit Kleinteilen bei der Montage zu arbeiten, um das Gewicht zu verringern. Laut einer deutschen arbeitspsychologischen Studie sollten Arbeiter nicht mehr als 20 Kilogramm Einzellast zu tragen haben. Statt Stahl verzinkt könnte auch Aluminium für den Gerüstbau verwendet werden. Aber das ist zu teuer, meint Gross.
Die Meidlinger Gerüstbau gehört zu den größten ihrer Branche. Zwischen 70 und 80 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt. Umsätze werden nicht gerne kommuniziert. »Bei uns ist der Gerüstbau Tagesgeschäft«, sagt der Gerüstexperte. Es kann sein, dass er am Vormittag einen Anruf von einer Baufirma erhält und am nächsten Tag in der Früh das Gerüst bereits aufgestellt werden muss. In der Bausaison sind hingegen von April bis Juni Lieferzeiten bis zu zwei Wochen gang und gäbe.
Gewicht von Gerüstsystemen abhängig
Die im Gerüstbau verwendeten Gerüstsysteme sind Systemgerüste und Stahlrohrgerüste. Systemgerüste bestehen aus vorgefertigten Elementen. Von den zwei Arten der Systemgerüste – also Rahmengerüste und Modulgerüste – werden vor allem die Rahmengerüste am häufigsten eingesetzt. Das Material ist Stahl oder Aluminium, die Belagbretter sind teilweise aus Holz. Für Aluminiumgerüste gibt es wegen der geringeren Festigkeit eine maximale Bauhöhe von 30 Metern. Aluminium ist zwar leichter, jedoch in der Anschaffung teurer als Stahlrohr und Holz. Das Gewicht der einzelnen Gerüstteile der Gerüstsysteme ist abhängig vom Gerüstsystem, vom Verwendungszweck, von der Herstellung, vom Material, von den Massen. Zum Beispiel wiegt ein Rahmen eines Rahmengerüstes, das zwei Meter hoch ist und eine Durchgangsbreite von 70 Zentimetern besitzt, in der Variante Stahl zirka 20 Kilogramm und in der Variante Aluminium zirka zehn.
Gutes Verleihgeschäft
»Der Verleih ist für uns das bessere Geschäft, da es kaum einen Wareneinsatz gibt«, erklärt Franz Dürbeck, Wiener Niederlassungsleiter der in Wels ansässigen Firma Hago Bautechnik. Sonst würde sich auftragsmäßig das Geschäft Verkauf zu Verleih die Waage halten. Das mittelständische Unternehmen verleiht einfache Fassadengerüste, die zwar verliehen, aber selbst abgeholt werden und aufgestellt werden müssen. Zudem werden Aluminium-Fahrgerüste für Schlosser bzw. den Innenausbau verliehen. Die Standfläche dieser Fahrgerüste beträgt 1,50 bis 2,85 Meter und geht hinauf bis zu einer Höhe von 13 Metern. »Wir verleihen diese Fahrgerüste, stellen diese auch zu, übernehmen aber nicht die Aufstellung«, erklärt Dürbeck. Wie sich der Verleih von Gerüsten, aber auch Zäunen und Absperrungen seines Sortiments im nächsten Jahr entwickeln wird? »Ich vermute, wenn Kapital trotz Bedarf knapp wird, wird eher der Verleih punkten«, so der Niederlassungsleiter.
Auftragsbücher fest im Griff
Wie das Jahr 2009 aber tatsächlich verlaufen wird, darüber könne er erst Ende 2009 etwas sagen. Die klassischen Fassadenbauer können sich große Flächen nicht leisten und große Firmen gehen immer mehr in die Miete hinein, beobachtet Dürbeck. Jeder habe aber seine Auftragsbücher fest im Griff. Für den Kunden rentiert sich eine Miete bis zu drei Monaten, darüber hinaus wird er sich dann Gedanken machen, ob er Gerüste nicht etwa auch kauft. Aufgrund des großen Aufwandes wird nur für eine Woche vermietet. Denn erst ab diesem Zeitpunkt rechnet sich für das Unternehmen die Miete. Bestellt werden muss mindestens einen halben Tag vorher. Als spezielles Service der Firma bezeichnet der Wiener Chef, dass die Gerüste bzw. Fahrgerüste stets lagernd sind. Dürbeck: »Wichtig ist, dass die finanzielle Seite des Kunden richtig abgewogen wird.« Kunden mit einer guten Bonität könnten auch auf Lieferschein bezahlen.
Rohstoffpreise gestiegen
Letztes Jahr, Anfang des Jahres, gab es bei Hago für den Gerüstverleih eine Preiserhöhung von etwa vier Prozent. Dem Lieferanten für Stahl verzinkt musste ein Zuschlag von 7,5 Prozent ausgehändigt werden. Für Aluminium wurde dem Lieferanten ein Zuschlag von 4,5 Prozent bezahlt. Vorher wäre der Preis für den Verleih von Gerüsten die letzten sechs bis sieben Jahre gleich geblieben. Dürbeck versichert: »2009 werden die Preise stabil bleiben und sich sicherlich nicht verändern«.
Der Verleih von Gerüsten, Zäunen und Absperrungen bringt der Wiener Niederlassung Umsätze von rund 500.000 Euro pro Jahr. Das ist etwa ein Viertel des jährlichen Umsatzes. Die stärksten Umsatzbringer im Verleih sind in dieser Reihenfolge die Aluminium-Fahrgerüste, Fassadengerüste, Zäune und Absperrungen.
Hartes Brot für Subunternehmen und Ich-AGs
Leicht haben es auch die so genannten Subunternehmen und Ich-AGs beim Gerüstverleih derzeit nicht. »Letztes Jahr hatten wir zwei bis drei Mal so viele Ausschreibungen als heuer«, sagt ein Klein-Firmen-Chef, dessen Name nicht genannt werden soll. Von den Baufirmen würde derzeit nichts kommen. Er schätzt, dass sich der Umsatz seines kleinen Unternehmens im Jahr 2009 um bis zu 30 Prozent verringern wird. Besonders hart sei die Tatsache, dass sich die Preise beim Gerüstverleih nicht erhöhen würden.
Allgemein erfolgt die Qualifizierung der Mitarbeiter in diesem Baugewerbe vor allem on-the-job, in betriebsinternen Weiterbildungen oder in den berufsbezogenen Weiterbildungsangeboten. Tendenziell haben Gerüstmonteure in einem Gerüstbauunternehmen ein höheres Qualifikationsniveau als in Subunternehmen, da die Monteure in Gerüstbauunternehmen meist unbefristete Arbeitsverträge besitzen und die Unternehmen an einer nachhaltigen Qualifizierung interessiert sind, um den unterschiedlichen Marktbedürfnissen gerecht zu werden.
Gute Arbeitsorganisation nötig
Die Schweizerin Elke Tomforde Schöni untersucht in ihrer Masterarbeit an der ETH Zürich das »Arbeitssystem und das Belastungsempfinden im Gerüstbau«. Als präventive arbeitsgestalterische Maßnahmen schlägt sie vor, die Arbeitsvorbereitung zu verbessern und finanzielle Anreize für Subunternehmen zu gewährleisten, damit sie ihre Gerüstmonteure in Arbeitssicherheit und Ergonomie schulen. Zwischen dem auftraggebenden Gerüstbauunternehmen und dem Subunternehmen, insbesondere bezüglich des Auftrags, der Leistungsentschädigung und der Verantwortlichkeiten für Arbeitssicherheit, sollte es zu verbindlichen vertraglichen Regelungen kommen.r