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Wofür die Parteien stehen

Wofür die Parteien stehen

Am 15. Oktober wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Der Bau & Immobilien Report wird Sie in den nächsten Ausgaben mit für die Bauwirtschaft relevanten Informationen zu den Inhalten und Positionen der Parteien versorgen. Den Auftakt macht eine kurze Umfrage unter den Wirtschaftssprechern von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach.

Die Fragen:

1. Mit rund 33.000 Unternehmen schafft die österreichische Bauwirtschaft Arbeit für mehr als 280.000 Menschen und erlöst pro Jahr laut Statistik Austria über 40 Milliarden Euro Umsatz. Nach schwierigen Jahren hat die Baukonjunktur im letzten Jahr wieder etwas angezogen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass dieser leichte Aufschwung anhält und wie wollen Sie diese für die Gesamtwirtschaft so wichtige Säule weiter stärken?

2. Ein für die Branche wesentliches Thema ist der faire Wettbewerb. Nicht nur, aber vor allem in grenznahen Regionen spüren viele Unternehmen die Konkurrenz aus Billiglohnländern. Maßnahmen wie das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz oder das neue Vergaberecht gelten als Schritte in die richtige Richtung, bringen aber noch nicht ganz den erhofften Erfolg. Wie wollen Sie die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen stärken bzw. wiederherstellen?


SPÖ: Christoph Matznetter

Mit dem Gemeinden-Infrastrukturpaket haben wir 175 Millionen Euro bereitgestellt, die direkt in die lokale Wirtschaft fließen. Damit können Kommunen in ausstehende Bauvorhaben investieren, was bis zu 8.500 neue Jobs schaffen würde. Weiters sind die öffentlichen Investitionen in den Ausbau von Schiene und Straße und die Förderung des Breitbandausbaus so hoch wie seit langem nicht mehr. Das alles hilft unserer Bauwirtschaft und bringt den Wirtschaftsstandort voran. 
Zusätzlichen Schwung erwarten wir vom Beschäftigungsbonus. Die Bauwirtschaft wird, wenn sie den Aufschwung in mehr Jobs umsetzt, ganz erheblich von der Förderung der Lohnnebenkosten profitieren. Außerdem trägt dieser zur Beschäftigung der offiziellen Wirtschaft bei.

Als Maßnahme gegen Billigkonkurrenz haben wir nicht nur schärfere Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping durchgesetzt, sondern wollen auch gegen Steuervermeidung am Bau vorgehen. Auf Druck der SPÖ wird das bilaterale Steuerabkommen mit Ungarn neu verhandelt. Dieses erlaubt den Firmen, auf ihre in Österreich erzielten Gewinne bis zu 24 Monate lange keine Steuern zu bezahlen. Im Zuge der Gewerbeordnungsreform wollen wir die Scheinselbstständigkeit bekämpfen. Darin ist vorgesehen, sogenannte »Pfuschgewerbe« (»Scheibtruhenfahrer« = Aufräumen von Baustellen oder »Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten«) einzuschränken. Auch sollen Baumeister in Zukunft die Bauaufsicht durchführen können. Zusätzlich sollen die Genehmigungsverfahren vereinfacht und verkürzt werden, womit betriebliche Bauwerke schneller begonnen werden können.


ÖVP: Peter Haubner

1. Die Bauwirtschaft ist einer der wichtigsten Konjunkturmotoren Österreichs. Daher müssen die Rahmenbedingungen für diese Branche laufend optimiert werden. Der Wirtschaftsbund setzt sich neben der notwendigen Flexibilisierung der Arbeitszeiten für Vereinfachung und praxisgerechte Gestaltung der verschiedenen Normen ein. Denn durch eine Vielzahl teils unübersichtlicher Normen und Vorgaben wird kostengünstiges und rasches Bauen erschwert. Dies muss mit Augenmaß erfolgen, aber auch immer mit Blickrichtung auf die Bedürfnisse der Bauwirtschaft.

2. Maßnahmen gegen Arbeits-, und Sozialdumping stehen ganz oben auf der Agenda des Wirtschaftsbundes. Der Wirtschaftsbund setzt auf faire Wettbewerbsregeln in Europa. Viele heimische Unternehmen, speziell in der Baubranche, kämpfen mit Billigkonkurrenz aus Osteuropa. Dienstleistungsfreiheit und der Europa-Gedanke sind uns wichtig – freilich muss sichergestellt werden, dass sich nicht schwarze Schafe durch Tricksereien Vorteile verschaffen. Nicht angemeldete Mitarbeiter, eklatante Arbeitszeitüberschreitungen oder fehlende Befähigungsnachweise machen Leistungen scheinbar billiger – österreichische Unternehmen, die gesetzestreu agieren, können damit beim Preis häufig nicht mithalten.


FPÖ: Axel Kassegger

1. Österreichs Zukunft als Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort hängt auch von einer leistungsfähigen Infrastruktur ab. Die FPÖ will daher den Ausbau der heimischen Infrastruktur forcieren – einerseits den Verkehr auf der Schiene, auf der Straße, in der Luft und auf dem Wasser und andererseits die Bereiche Post, Informations- und Kommunikationstechnologie, Energie und Forschung. Auch wollen wir eine österreichweite Bauoffensive bei Sozialwohnungen und im öffentlichen Verkehr. Da gerade in der Baubranche billige Arbeitskräfte vorrangig aus dem europäischen Osten österreichische Arbeitnehmer verdrängen, muss es zu einer sektoralen Schließung des österreichischen Arbeitsmarktes für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger kommen.

2. Das permanente Gezänk innerhalb der SPVP-Regierung schadet massiv unserem Wirtschaftsstandort – dabei bräuchte Österreich gerade jetzt echte Strukturreformen, damit unser Land wieder zukunftsfit und somit wettbewerbsfähig werden kann. Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen mit einer Senkung der Abgabenquote, mit einer grundlegenden Reform des Kammerstaates, einem echten Bürokratieabbau sowie Verwaltungsvereinfachungen und Deregulierungen, mit einer gemeinsamen Facharbeiteroffensive mit den Betrieben und einer Erleichterung des Zugangs zum Unternehmertum stärken. Auch eine deutliche Senkung der Kosten des Faktors Arbeit gepaart mit einer Durchforstung und Vereinfachung des Steuerrechts und der Lohnverrechnung würden den Unternehmen helfen.


Die Grünen: Ruperta Lichtenecker

1. Die genannten Zahlen demonstrieren eindrucksvoll: Die Bauwirtschaft und im Speziellen die klein- und mittelständischen Bauunternehmen sind ein wichtiger Faktor in der österreichischen Wirtschaft. Insbesondere auch in ländlichen Regionen schafft die Bauwirtschaft wichtige Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Damit das auch so bleibt, und vor dem Hintergrund rasant steigender Mieten und Eigentumspreise, wollen wir eine Wohnbauoffensive starten, um mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen – und zwar sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum. Darüber hinaus braucht es, vor dem Hintergrund des Klimawandels und der notwendigen Energiewende, eine thermische Sanierungsoffensive im Wohnbau. Und auch wichtige Infrastruktur kommt da und dort langsam in die Jahre – hier gilt es, Schulen, Freizeiteinrichtungen, Senioreneinrichtungen, Gehsteige oder Radwege auf den neuesten Stand zu bringen.

2. Längst überfällig ist eine ökosoziale Steuerreform, um den Faktor Arbeit zu entlasten – wovon sowohl die Unternehmen als auch die ArbeitnehmerInnen profitieren würden. Darüber hinaus muss die effektive Umsetzung der geltenden Rechtslage forciert werden, insbesondere durch eine massive Ressourcenaufstockung der Finanzpolizei, um Lohndumping und Scheinfirmen effektiv zu bekämpfen. Ebenso braucht es eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Lohnkontroll-Behörden, um die Strafverfolgung bei Unterentlohnung zu verbessern. Mittelfristig muss Europa nicht nur ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, sondern eine Sozialunion werden.


NEOs: Sepp Schellhorn

1. Die Bauwirtschaft weg von den klassischen Tätigkeiten in Richtung know-how-intensive Arbeiten bewegen: Das wäre beispielsweise Sanierung statt Neubau (Gründerzeitbauten und Sanierung von Bauten unter Denkmalschutz), Breitbandausbau, Industriebau, Rückbau von versiegelten Flächen etc. Zudem sollte speziell bei Stadtentwicklungsgebieten auf die klein- und mittelständische Betriebsstruktur von Bauunternehmen Rücksicht genommen werden, da die vergebenen Baulose häufig so groß sind, dass KMUs finanziell nicht in der Lage sind, mitzubieten (z.B. Nordwestbahnhof: Da sind die jeweiligen Flächen über 10.000 m2 groß – das kann nur die Bauindustrie stemmen).

2. Grundsätzlich bewirken Verbote wenig, da immer Schlupflöcher gefunden werden, um diese zu umgehen. Was man gegen Billigkonkurrenz tun kann, ist, wie oben angeführt, in das know-how-intensivere Segment ausweichen, Lohnnebenkosten reduzieren – die Lohndumpinggesetze schreiben zwar eine Entlohnung nach österreichischen KV vor, die Overheads (Planung, Logistik, Buchhaltung usw.) sind aber trotzdem geringer, da sie nicht vor Ort, sondern im Ausland zu geringeren Arbeitskosten anfallen. Und schließlich eine Arbeitszeitflexibilisierung, um Überstunden aus dem Sommer im Winter abzufangen.


Team Stronach: Leo Steinbichler

1. Um die Bauwirtschaft nachhaltig zu stärken, ist eine umfassende Entbürokratisierung ebenso zwingend nötig wie eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Baubranche ist eine saisonale Branche, die noch dazu sehr stark vom Wetter abhängig ist. Deshalb braucht es eine dringende Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

2. Das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz und das neue Vergaberecht sind erste, sehr zarte Schritte in die richtige Richtung. Es muss aber noch viel mehr passieren. Was oftmals übersehen wird, ist das indirekte Lohn- und Preisdumping. Wenn billige Fertigteile aus dem Ausland importiert werden, schadet das den heimischen Unternehmen. Was wir brauchen, ist ein Herkunftsnachweis für Produkte, sonst wird das Handwerk in Österreich über kurz oder lang sterben. Österreich könnte hier absoluter Vorreiter sein, man braucht nur den Mut, das Richtige zu tun. Fairer Wettbewerb beginnt aber schon im Inland. Es ist nicht einzusehen, dass gemeinnützige Bauvereinigungen von der Körperschaftssteuer befreit sind und mit diesem Wettbewerbsvorteil die Bauunternehmen gegeneinander ausspielen.

Last modified onSonntag, 16 Juli 2017 21:47
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