Reserven mobilisieren
- Written by Redaktion_Report
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Gewerbliche und gemeinnützige Bauträger haben das Jahr 2008 gut überstanden. Der geförderte Wohnbau wird auch heuer für ausgeglichene Zahlen sorgen.
Zu behaupten, die gemeinnützige Wohnbauwirtschaft in Österreich sei von der Wirtschafts- und Finanzkrise komplett verschont geblieben, wäre eine Übertreibung. Dennoch: Zumindest für Österreichs gemeinnützige Bauvereinigungen ist das Jahr 2008 »noch recht gut gegangen«, wie deren Verbandsobmann Karl Wurm es ausdrückt. Im Herbst letzten Jahres, als unter den Banken große Verunsicherung herrschte, hätten die Gemeinnützigen eine Phase gehabt, wo auch sie unsicher waren, überhaupt noch Finanzierungen auf die Beine stellen zu können. »Kreditklemme gab es bei uns aber keine, auch wenn die Aufschläge zum Teil sehr hoch waren«, so Wurm. Die derzeit niedrigen Zinsen würden Finanzierungen möglich machen. Auch die Baukosten haben sich eingebremst und sinken derzeit leicht. Die Dynamik im geförderten Wohn-Neubau sei aber dennoch weg, so Wurm. Kaum Probleme gebe es im Bestand, außer einer leicht steigenden Tendenz bei den Mietausfällen bleiben die Menschen in ihren Wohnungen.
Hoffnung geförderter Wohnbau
Wurm hofft, dass sich das Jahr 2009 für die Gemeinnützigen ähnlich entwickelt. Er rechnet mit rund 14.000 fertiggestellten Wohneinheiten, was den Zahlen des Vorjahres entsprechen würde. Vorsichtig zeigt sich der Gemeinnützigen-Obmann, wie es mit dem Instrument der öffentlichen Unterstützung für den Wohnbau und der Wohnbauförderung weitergeht (siehe großer Kasten S. 32). Mit einer Idee zur Sicherung des sozialen Wohnbaus hat Wurm bereits vor einiger Zeit aufhorchen lassen: Er möchte die Verfassung dahingehend ändern, dass Gemeinden die Zustimmung zur Umwidmung eines Grundstücks auf Bauland daran binden können, dass ein kleiner Teil des Grundstücks für sozialen Wohnbau gewidmet und billiger verkauft werden muss. Rechtlich sei dieser Vorschlag ausgearbeitet, demnächst soll er präsentiert werden, so Wurm. Derzeit registriert der Gemeinnützigen-Obmann bei den Grundstückskosten für den Wohnbau kein Nachlassen, zumindest im urbanen Bereich. Daran werde sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern, so Wurm.
In der Klemme
Auch Winfried Kallinger, Sprecher der gewerblichen Bauträger in der Wirtschaftskammer, plädiert an die öffentlichen Körperschaften, den geförderten Wohnbau, einen Schlüsselbereich und Hoffnungsgebiet der Bauwirtschaft, weiter zu sichern: »Die Bundesländer müssen Widmungsverfahren beschleunigen und ihre Grundstücksreserven mobilisieren«, verlangt er. Noch hatten die gewerblichen Bauträger relativ wenige Probleme im geförderten Wohnbau. Erst im letzten Quartal habe sich die Situation dramatisch verändert und ins Jahr 2009 herübergezogen. Schwieriger sei es im frei finanzierten Wohnbau gewesen, erzählt Kallinger. Neben den Banken und der Automobilindustrie hat die Wirtschaftskrise die Immobilienwirtschaft am ärgsten getroffen. Denn im gewerblichen Wohnbausegment sei die Kreditklemme, anders als im gemeinnützigen Bereich, sehr wohl zu spüren, so Kallinger. Jetzt ein neues Büroprojekt zu entwickeln, sei deshalb praktisch unmöglich, aber auch die Finanzierung eines frei finanzierten Wohnbauprojekts sei problematisch, sowohl für die Bauträger als auch für Kunden, die den Kauf einer solchen Wohnung nur schwer über die Banken finanzieren können – vor allem bei Großbanken. Dennoch sei die Nachfrage nach wie vor gut, bestärkt durch die niedrigen Zinsen. Viele Menschen hätten infolge der Krise die Immobilie als Anlage entdeckt, die sicherer sei als Aktien oder andere Anlageformen.
Opfer von Basel II
Die Bauträgerfinanzierungen seien auch ein Opfer des Systems »Basel II«, also der verschärften Eigenkapitalrichtlinien der Banken. »Dieses System ist in Bezug auf den geförderten Wohnbau als idiotisch zu bezeichnen«, so Kallinger. Denn dieser sei zu 100 Prozent fremdfinanziert – über das Förderungsdarlehen der Gemeinden, das Kapitalmarktdarlehen der Banken und die Finanzierungsbeiträge der Mieter. Eigenes Kapital der Bauträger kommt in diesem System nicht zum Tragen und widerspricht damit den Richtlinien.
Verteuert hat sich laut Kallinger der gewerbliche Wohnbau auch durch das letzten Sommer in Kraft getretene neue Bauträgervertragsgesetz. Durch die verpflichtend vorzulegende Bankgarantie sowie die aufgrund der kundenfreundlicheren Möglichkeit zur Ratenzahlung habe sich der Finanzierungsaufwand für den Bauträger um ein bis eineinhalb Prozent vergrößert. Dennoch sei die Branche mit dem Gesetz, das Kallinger entscheidend mitverhandelt hat, zufrieden, meint der Bauträgersprecher.
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Ludl für Sonderwohnbauprogramm
Es muss mehr gebaut werden!« Herbert Ludl, Direktor des gemeinnützigen Wohnbauträgers Sozialbau, sieht Handlungsbedarf im Bereich des geförderten Wohnbaus. Vor allem im Ballungsraum Wien herrsche ungewöhnlich hohe Nachfrage nach günstigem Wohnraum. Gleichzeitig werden aber die Mittel, die die Bundesländer für die Wohnbauförderung reservieren, zunehmend durch die thermische Sanierung und auch durch den größer werdenden Bedarf an Direktförderung beansprucht. »Diese Schere kann ohne zusätzliche Mittel nicht geschlossen werden«, meint Ludl. Er greift deshalb einen Vorschlag der gemeinnützige Wohnbauwirtschaft auf: ein Sonderwohnbauprogramm des Bundes. Bis zu 3.000 neue Wohnungen sollten so finanziert werden, was laut Ludl einem Finanzbedarf von rund einer Milliarde Euro entspricht. Der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen hatte 250 Millionen, befristet auf zwei Jahre, vorgeschlagen.
Noch geht es den Gemeinnützigen gut. Die Sozialbau AG, größter gemeinnütziger Wohnbauträger in Österreich, hat das vergangene Jahr mit einem um 8 % gewachsenen Bauvolumen abgeschlossen, das operative Ergebnis sei auch »sehr positiv«, so Ludl. Zurückgegangen ist aber der Bilanzgewinn, und zwar von 6,74 Millionen im Jahr 2007 um 1,7 Millionen auf rund 4 Millionen. Grund dafür seien notwendige Wertberichtigungen für Investmentfonds, die »vorsorglich, mit Sicherheitspolster versehen« in der Bilanz berücksichtigt wurden, so Ludl. Dieses Finanzergebnis entspricht ziemlich genau dem, das die Sozialbau im Jahr 2006 erwirtschaftet hat.
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Unter Druck
Die Bundesländer nutzen die knapper werdenden Zuweisungen des Bundes nicht nur für die Wohnbauförderung. In Kärnten verzögert sich die Errichtung neuer geförderter Wohnbauten, weil es bis heute kein Geld von der Landesregierung gibt.
»Es wird weniger Geld zur Verfügung stehen.« Karl Wurm, Obmann des Verbands der Gemeinnützigen Bauvereinigungen Österreichs (gbv), sieht beim Thema Wohnbauförderung eine verhangene Zukunft vor sich. Denn seit beim letzten, im Dezember 2007 zwischen Bund und Ländern geschlossenen Finanzausgleich die rund zwei Milliarden Euro, die die Länder erhalten, als Ertragszuteilungen deklariert sind, gibt es für die Bundesländer keine Verpflichtung mehr, diese Gelder für die Wohnbauförderung einzusetzen. Und damit liegt es rein im Ermessen der Finanzreferenten in den Landesregierungen, ob das Geld für den geförderten Wohnbau, für den Bau von Straßen oder zur Sanierung der Budgets verwendet wird. Darüber hinaus hätten einige Bundesländer ihre Wohnbaufördermittel vom Neubau hin zur Sanierung umgeschichtet, die von der Regierung stark gepusht wird. Wie viel die Länder vom Bund erhalten, hängt wiederum von der jeweiligen Budgetsituation der Republik ab. Dass es in Zeiten, wo der Regierung sogar 20 Millionen für die Teilnahme Österreichs an der internationalen Kernforschung zu viel sind, daher auch bei den Ertragszuweisungen zu Kürzungen kommen wird, kann nicht ausgeschlossen werden. »Es kann sein, dass die Länder weniger bekommen, wenn das Steueraufkommen weniger wird«, befürchtet Wurm. Dass nicht mehr der Bund, sondern die Länder allein für die Wohnbauförderung verantwortlich sind, erfüllt gbv-Obmann Wurm mit Sorge: Denn abgesehen davon, dass Finanzreferenten nun über die Wohnbaumittel regieren, werde, bedingt durch die Krise und die dadurch entstehenden Finanznöte Einzelner, die ohnehin vorhandene Tendenz hin zur Subjektförderung verstärkt. Denn was manche als Stärkung der Wohnbauförderung sehen – dass die Länder direkter am Bürger sind –, kann diese umgekehrt dazu verleiten, Geldgeschenke an ihre Wähler zu verteilen.
Kein Geld in Kärnten.
Krassestes Beispiel dafür ist Kärnten: Bis heute wurden von der Landesregierung keine Finanzmittel für den geförderten Wohnbau zugeteilt. Die Wohnbauprojekte, die üblicherweise in den letzten beiden Monaten des Jahres zur Finanzierung eingereicht werden, hätten daher zurückgestellt werden müssen, berichtet Friedrich Sereinig, Obmann der Kärntner Landesgruppe im gbv. Damit entstehe für die Bauwirtschaft eine Verzögerung von zumindest sechs Monaten. »Wenn das Geld nicht noch im ersten Halbjahr kommt, wird es kritisch«, glaubt Sereinig. Konkret geht es um rund 29,4 Millionen Euro direkter Förderung, die die Kärntner gemeinnützigen Bauträger brauchen würden, um die 800 benötigten Wohnungen fertig zustellen. Wohin das Geld stattdessen geht, darüber kann der gbv-Landesgruppenobmann nur spekulieren: »Ich gehe davon aus, dass damit Budgetlöcher gestopft werden.«
An der Grenze.
Mit dem geförderten Wohnungsneubau schaut es überhaupt nicht gut aus. Seit 1996 wurde die Baukostenobergrenze bei den Förderkriterien nicht mehr dem allgemeinen Preisindex angepasst. Das habe bereits zu gewaltigen Einbrüchen geführt, die Mittel für den Wohnbau würden daher real seit damals sinken, so Wurm. Auf der anderen Seite steigen die Qualitätsanforderungen an den Wohnbau, was Architektur, Ökologie und Baunormen betrifft. »Wir stoßen an eine Grenze.« Einmal mehr plädiert Wurm daher für eine Standardabsenkung im sozialen Wohnbau: »Es muss nicht immer das Beste vom Besten sein!« In dasselbe Horn stößt Felix Friembichler, Geschäftsführer der österreichischen Zementindustrie: »Bauen wir billiger, dann werden auch die Mieten billiger«, appelliert er an die Verantwortlichen und greift auch die Sorge Wurms auf, was die stärkere Betonung der Subjektförderung betrifft: »Die Anzahl der Zuschussberechtigten wird infolge der Krise größer.« Er plädiert daher dafür, die Länder zu verpflichten, die Wohnbaufördermittel wieder wie früher zweckgebunden und objektbezogen einzusetzen.
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Weckruf
Die Bau-Sozialpartner – Gemeinnützige Bauvereinigungen, Bundesinnung Bau, Bauindustrie und Gewerkschaft Bau-Holz – wollen die Bundesregierung zu mehr Aktivität gegen die Arbeitslosigkeit am Bau animieren. Die Gemeinnützigen ziehen heuer Neubau- und Sanierungsprojekte im Ausmaß von 300 Millionen Euro vor. Das erhöht die für heuer geplante Bauleistung im gemeinnützigen Sektor um 10 %. Damit würden zusätzlich 5.000 Jobs am Bau und in der Baustoffindustrie geschaffen, so die Sozialpartner. Allerdings müssten dazu die Behördenverfahren in den Bundesländern beschleunigt werden, wie Gemeinnützigen-Obmann Karl Wurm anmerkt.
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Europas Immobilienmarkt
Mitte Mai tagte der Europäische Verband der Immobilientreuhänder in Wien, um sich über Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Immobilienmarkt auszutauschen. Die angespannte Konjunktur zeige mit zeitlicher Verzögerung auch auf diesem Sektor Wirkung, so der Tenor. Als Folge der Krise hätten viele Anleger ihr Kapital aus Aktien und Fonds abgezogen und veranlagen es zunehmend direkt in Immobilien. Der Immobilien-Investmentmarkt in Österreich wurde 2008 überwiegend von österreichischen und deutschen Investoren geprägt, andere ausländische Investoren sind praktisch vom Markt verschwunden. Deshalb gehören große Portfolioverkäufe und größere Büroanmietungen der Vergangenheit an. Auch das Neuflächenangebot am Büromarkt geht zurück, einige Projekte wurden verschoben.
Keine Immobilienkrise hat hingegen Belgien, wie der Vertreter aus Brüssel berichtete. Die Developer seien sehr vorsichtig gewesen. Bestimmte Regionen mit hohen Immobilienpreisen hätten keine Verkaufsrückgänge zu verzeichnen. Erst in den letzten Monaten des Jahres kam der Immobilienmarkt zum Stillstand. Preise und Mieten gingen hinunter. nur Immobilien in exzellenter Lage und Qualität fanden Käufer.
In Polen hat die Immokrise im Juni begonnen. Im November sei der private Immobilienmarkt infolge der Kreditklemme komplett zusammengebrochen, die Preise fielen um mehr als 20 %. Großbritannien ist besonders betroffen: Der private Immobilienmarkt sei um 50 bis 60 % zurückgegangen, die Preise sind ebenfalls um 20 % gesunken. Ende 2009 könnte sich der britische Markt aber erholen, der Hypothekenmarkt habe wieder leicht angezogen, berichtete der britische Vertreter.
Der 1958 gegründeten Vereinigung gehören mittlerweile Verbände aus 13 EU-Ländern inklusive Türkei und Marokko an.
Info: www.uepc.org