Darüber hinaus wirkt der Emissionshandel auch nachhaltig: Der Preis für Kohle koppelt sich an den ölpreis. Je höher der Preis für Zertifikate, desto teurer wird auch die in Kohlekraftwerken erzeugte Offpeak-Energie.Glaubt man den Aussendungen des eigenen Ministeriums, hat Wirtschaftsminister Martin Bartenstein in Brüssel anlässlich des EU-Energieministerrates in Brüssel kürzlich ordentlich auf den Tisch gehauen. Der Minister, so die Meldung, forderte von der Kommission Vorschläge zur Vermeidung ungerechtfertigter »Windfall Profits«, die Energieversorger durch das Weiterverrechnen von Gratis-CO2-Zertifikaten an die Stromkunden lukrieren. Diese Weitergabe an die Stromkunden über hohe Strompreise sei nicht gerechtfertigt, so der Minister. Eingefädelt hat die ganze Aktion das kontroversielle Energie-Mastermind, der Chef der E-Control, Walter Boltz. Er schätzt, dass die ungerechtfertigten Profite der heimischen E-Wirtschaft pro Jahr 120 Millionen Euro ausmachen könnten. Um den Transport dieser Botschaft unters Volk zu bringen, lud der Regulator eine Delegation Journalisten nach Leipzig, um der dortigen Strombörse einen Besuch abzustatten. Kenner der Stromszene referierten auf hohem Niveau über die Funktion der Börse und die Schwächen der Liberalisierung des deutschen Energiemarktes. Mit von der Partie war natürlich auch das Thema der Gratiszertifikate, die derzeit mit rund zwanzig Euro pro Tonne CO2 gehandelt werden. Boltz schlägt vor, die nächste Tranche der Zertifikate, die im Februar 2006 vergeben werden, großteils zu versteigern. So würde wie bei den Telekom-UMTS-Lizenzen viel Geld in die Kassen gespült, das Boltz für Klimaschutzprojekte verwendet wissen will. Positiver Nebeneffekt: Auch neue Energieversorger hätten die Chance auf Zertifikate aus erster Hand. Schon vor einigen Wochen zeichnete sich ab, dass der Regulator den heimischen Versorgern in dieser Causa eins verpassen wird. »Die Versorger nutzen kostenlose Emissionszertifikate für Preiserhöhungen«, referierte bereits Anfang Oktober der Präsident des deutschen Bundeskartellamts Ulf Böge auf Einladung der E-Control über die Schwächen des deutschen Energiemarkts. Böges Resümee: Würde der Wettbewerb funktionieren, gäbe es dieses Phänomen nicht. Dass Boltz der - von den heimischen Versorger als heftig beschriebene - Wettbewerb nur ein smartes Lächeln wert ist, weiß man schon länger. Derart vorbereitet, ließ die Reaktion des Präsidenten des Verbandes der E-Wirtschaft Leo Windtner nicht lange auf sich warten: »Gegen Spekulationen, ob und inwieweit aber auch Gratiszertifikate im Energiepreis eingepreist wurden, verwehre ich mich«, fiel der Konter des Energie-AG-Chefs dennoch etwas brustschwach aus. Die Erklärung dazu liefert Windtner gleich selbst mit: Die heimische E-Wirtschaft sei im Sinne der Liberalisierung und des europäischen Strombinnenmarktes letztlich Preisnehmer am mitteleuropäischen Strommarkt. Eine Entkoppelung von der dortigen Preisbildung erscheint Windtner wegen der Binnenmarktvorgaben nicht möglich und wünschenswert. Seiner Ansicht nach würden bei der Preisfrage die steigenden öl-, Gas- und Kohlepreise einfach ignoriert. Statt dessen werde einfach von der Einpreisung der Zertifikate in hohem Ausmaß gesprochen, womit »wir ja schon in den Bereich von Was-wäre-wenn-Spekulationen kommen«, wie Windtner befindet.