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Schwarzbuch Telekabel

Der Kabelnetzbetreiber UPC Telekabel gilt als visionär. Zum Jahreswechsel schluckten die österreicher den aufstrebenden Internetprovider Inode um erkleckliche 93,9 Mio. Euro, der Deal galt als weltweit erste Akquisition eines Internet-Service-Providers (ISP) durch ein Kabelunternehmen. Auch politisch mischt UPC-Chef Thomas Hintze gerne mit. In Graz erwies sich der Wiener als der bessere »Governor« und löste den in Ungnade gefallenen Arnold Schwarzenegger als Namensgeber für das Liebenau-Stadion ab. Das Namensrecht »UPC Arena« lassen sich die Kabler nun jährlich 100.000 Euro kosten. Die Grazer gingen diesmal freilich auf Nummer sicher und ließen die Sponsoringpartnerschaft für eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren festschreiben. Das Selbstverständnis von Graz als »Menschenrechtsstadt« war wiederhergestellt und UPC kann seine Vormachtstellung im Kabelnetzbereich nicht nur im Grazer Ballungsraum weiter einzementieren.

Langjähriger Herausforderer. Die Erweiterung des TV-, Internet- und Telefoniegeschäfts tut für UPC freilich Not. Im Europavergleich sind die Telekabler zwar strategisch vorne mit dabei, in Sachen Penetration dümpelt man aber knapp außerhalb des letzten Drittels. Während in den Beneluxländern und der Schweiz mit Durchdringungsraten jenseits der neunzig Prozent paradiesische Zustände für Kabelnetzbetreiber herrschen, kommt die Branche in österreich - in Summe sind dies vor allem UPC plus kleine Lokalhirsche in den Bundesländern - der Lobbyingorganisation »European Cable Communications Association (ECCA)« zufolge derzeit auf gerade einmal 38 Prozent. Die Mannschaft um Thomas Hintze ist dennoch Schwergewicht: In den Ballungsräumen ist man großer Gegenpol zum Breitbandgeschäft des Incumbent Telekom Austria. »In vielen Ländern sind die Kabelnetzbetreiber die einzigen Herausforderer am Markt«, unterstreicht UPC-Stratege und ECCA-Vizepräsident Manuel Kohnstamm die Rolle der Kabler. »Die Cable Companies haben für Rieseninvestitionen in Europa gesorgt«, so Kohnstamm.

Für Roland Türke, Technikchef bei UPC und neues Mitglied der Inode-Geschäftsführung, hat das Hybrid-Coaxnetz (Glasfaserleitungen im Backbone, Coax-Verbindungen auf den letzten Metern zu den Haushalten) längst den Status eines schmerzhaften Herausforderers für die Telekom. Access ist nicht mehr das Pro-blem, nun braucht es Anwendungen, die die potenten Leitungen benützen. Anfang des Jahres wurden am Gaudenzdorfer Gürtel in Wien Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbps zu den Endkunden hin ausprobiert. Wie schnell das ist? »Damit können Sie in nur einer Minute den Inhalt einer ganzen CD-ROM kopieren«, beschreibt Türke plakativ.

Eingeführt haben Hintzes Produktmanager nun auch preisaggressive Telefonietarife. Innerhalb des Telekabelnetzes telefonieren die Kunde jetzt gratis. Und zwischen der Mutter Liberty Global in Amsterdam und dem Standort in Wien spricht man nicht mehr via Voice-over-IP, sondern »Voice over Broadband«. Die Kunden sollen von den technischen Umwälzungen nichts merken, es darf weiter mit dem analogen Telefonapparat telefoniert werden. Und eine weitere Technologie könnte den neu dazu gewonnen Inodekunden bald das angestammte Fernsehvergnügen UPCs in Haus bringen: IPTV. Das Know-how dazu wurde bereits von Inode aufgebaut. Insidern zufolge würden Hintze und Inode-Geschäftsführer Gerald Schwanzer am liebsten sofort mit IPTV loslegen. Allein die Finanzierung dazu muss noch abgesegnet werden. Ende Juni wurde den Eigentümern aus Amsterdam dazu eine Testinstallation in Wien vorgeführt. Offiziell hält man sich noch bedeckt. »Dass den Aufsichtsräten die Installation wirklich vorgeführt wurde, kann ich nicht bestätigen«, wiegelt UPC-Sprecherin Doris Lenhardt ab. Lediglich die Quartalssitzung der internationalen Chefetage wäre im Vorführraum abgehalten worden. Hier geht es zum Teil 2.

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