Bilanz-Gold
- Written by Redaktion_Report
- font size decrease font size increase font size
Die kakanische Seele ist auch im Freud-Jahr schwer auszuloten. Auf der einen Seite sehen sich die österreicher gerne als weltoffenen Prototyp des Mitteleuropäers. Befeuert werden die Landsleute durch k&k-Nostalgie, die im intellektuellen TV-Leitmedium ORF gerade wieder fröhliche Urständ gefeiert hat.Die Niederungen der tatsächlichen Befindlichkeiten drücken sichjedoch anders aus.In Kärnten wird wegen ein paar Ortstafeln ein verbaler Südwall errichtet, auch Brüssel bekommt sein Fett ab. »Die schlechte Stimmung hat sich stabilisiert«,sagtClaus Sörensen,Chefkommunikator der EUKommission.Freilich nicht in österreich,das auch bei der jüngsten Eurobarometer-Umfrage mit lediglich 31 Prozent EU-Zustimmungden Negativrekord hält. Einer der maßgeblichen Gründe für die Verstimmung der österreicher ist die Erweiterung.Dabei istgerade diese - zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht - segensreich gewesen. Etwa zeitgleich zum Eurobarometer erschien die jüngste Wifo-Studie, die österreich wiedereinmal und nicht unerwartet als Hauptprofiteur der Osterweiterung ortet. Gleich in sieben Ländern wie Slowenien oder Kroatientritt die Alpenrepublik als größter Auslandsinvestor auf, der Handelsbilanzüberschuss stieg um dreißig bis fünfzig Prozent jährlich und liegt derzeit bei rund zwei Milliarden Euro.Zu den Gewinnern gehören der Lebensmittelhandel, die Industrie, der Tourismus und selbst der Agrarsektor.Eine Entwicklungdie sich auch an der Wiener Börse widerspiegelt.Die gelisteten Konzerne liefern ein Bilanzfeuerwerk ab.Die Gewinne,die zu einem guten Teil aus dem Ostgeschäft stammen, explodieren heuer auf über sieben Milliarden Euro.Den Vogel schießen dabei die Banken ab, die sich mit Rekordmeldungen gegenseitig überbieten. Vor allem der Geldsektor schürft sein Bilanzgold im Osten. »Das war ein einmaliges historisches Zeitfenster«, sagt ein Banker. Eines, das auch meisterlich genutztwurde. Inkludiert man die BA-CA, dann halten die österreicher gemessen an der Bilanzsumme rund ein Drittel des zentralundosteuropäischen Bankenmarktes und überflügeln damit Schwergewichte wie Frankreich, Deutschland oder die USA umein Vielfaches.