Der unbekannte Marktführer
- Written by Redaktion_Report
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\"China, Philippinen, Indien, Serbien, Türkei, ägypten, Kosovo, Bosnien-Herzegowina ...\" sprudelt es aus Georg Hitsch heraus, \"Zu diesen und anderen Großdestinationen sind wir Marktführer in österreich. Nicht einmal die Telekom wickelt so viele Minuten dorthin ab, wie wir.\" Hitsch ist 26, Mitacs-Technikchef und ein wandelndes Lexikon: \"Weltweit gibt es 8.500 Telefonnetze\", sagt er ebenso auswendig wie: \"Die Peaktime nach China ist von 14.30 bis 15.30 und von 23.30 bis 2 Uhr\", oder: \"Während Türken und Südslawen oft in Callshops gehen, sind Chinesen reine Callingcard-Benutzer.\" Durch Callshops und Calling-Cards wickelt er monatlich eine zweistellige Millionen-Minutenmenge ab.
2001, in einer kritischen Zeit für die Telco-Branche, wagte der seit 1987 in österreich tätige Inder Siby Thomas, 42, die Gründung von Mitacs. Er hatte eine Marktlücke entdeckt: den Großhandel mit technisch hochwertigen Auslandsverbindungen zu Niedrigstpreisen. Mitacs verließ bereits 2002 die Verlustzone. Erster Großkunde war die später von One übernommene eWave. Heuer werden monatlich 600.000 bis 700.000 Euro umgesetzt, was Mitacs zur zehntgrößten Telco österreichs macht.
2002 wurde \"Platin Plus\" sowie die Produktion von Calling-Cards gestartet. Platin Plus zielt auf Privatkunden und Unternehmen, die regelmäßig telefonieren. Insbesondere bei Auslandsgesprächen sind wesentliche Einsparungen möglich. Call-by-Call und Preselection werden ebenso angeboten, wie Call-Through im In- und Ausland. Mitacs verzichtet auf Werbung und setzt auf Mundpropaganda. Nur so seien die niedrigen Tarife für \"Premium Quality Routing\" überhaupt möglich, erklärt Hitsch.
Insbesondere bei festnetzlosen Handynutzern und bei Kabelusern ist der Call-Through-Dienst von Platin Plus beliebt. Registrierte Anschlüsse werden vom System automatisch erkannt, ein Code ist überflüssig. Sofort nach dem Gespräch sind die entstandenen Kosten online abrufbar. Während Mobilfunker mindestens 34 Cent pro Minute nach Deutschland verlangen, ist Mitacs mit 2,9 Cent wohlfeil. Sekundengenau, ohne Grundgebühr oder Mindestumsatz, ohne Vorauszahlung. Da auch die Verbindungsqualität hoch ist, funktioniert die Mundpropaganda.
Allerdings macht der Anbieter nur etwa ein Zehntel seines Umsatzes mit Endkunden, 90 Prozent sind Großhandel. Nach eigenen Angaben ist Mitacs bei der Betreuung der 400 bis 600 österreichischen Callshops mit einem Marktanteil von rund 50 Prozent Marktführer. Die Shops müssen im Voraus zahlen, bekommen dafür aber umfassendes Service, von der empfohlenen Preisliste über die Abwicklung von Amtswegen bis zur Beratung in Sachen dauerhafte Kabineneinrichtung.
Service wird auch bei Calling-Cards geboten. Auf Bestellung wird jede beliebige Marke auf die Karten und die auf die Zielgruppe abgestimmte Preisliste gedruckt. 150 verschiedene Marken sind aktuell im Umlauf. Technik und Kundendienst liegen in der Hand von Mitacs, den Vertrieb übernimmt meist der Auftraggeber. So können auch kleine Zielgruppen erschlossen werden.
\"Der Callshopmarkt explodiert. Die Payphone Access Charge (der Report berichtete) beschleunigt das noch\", berichtet Thomas, \"Wir leben gut damit, denn in den Shops ist die Marge höher.\" Doch er hat Größeres vor: \"Mein Ziel ist, aus Mitacs eine große internationale Firma zu machen.\" Seine Taktik: Geografische Ausweitung und neue Dienste. Derzeit werden die Angebote bereits aktiv in Belgien, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden, Portugal, der Schweiz, Spanien und zum Teil auch in Deutschland vertrieben. Die Calling-Cards funktionieren in über 100 Ländern.
Mit verschiedenen Preselection-Marken und passenden Vertriebspartnern sollen neue Kundenschichten erschlossen werden. Darunter auch Geschäftskunden, die mehr Betreuung wünschen. Platin-Plus-User können sich mit VoIP die Call-Through-Gebühren sparen. Niedermeyer verkauft den VoIP-Dienst \"Bestphone\". Eine virtuelle PBX ist ebenso in der Pipeline, wie Unified-Messaging-Dienste samt ENUM für Einzelkunden. \"Am Ende dieser Dekade werden große Teile des Traffic über VoIP laufen\", prophezeit Thomas, \"Bis dahin müssen wir weg vom Minutengeschäft hin zu Grundgebührenservices. Bei der Produktentwicklung haben wir ein Jahr Vorsprung vor der Konkurrenz. Lassen Sie sich überraschen.\" An Selbstbewusstsein hat es dem Mitacs-Gründer noch nie gemangelt.