Die Telekom Austria Group durchleidet gerade ihr PR-technisches Waterloo. Sie ist nicht das erste Unternehmen, das ein Imagedebakel verkraften muss. Manchmal ist selbst der Ruf ganzer Branchen demoliert. Wie Strategien gegen den PR-Supergau aussehen, was Erfolg oder Scheitern bestimmt. Chinesische Weisheiten, Bauernregeln oder Sinnsprüche enthalten oft auch ein Quäntchen Wahrheit, was ihre Popularität begründet. Wie weit das auch bei »ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert« zutrifft, dürfte eine Frage des Blickwinkels sein. Schon über den Urheber des Kalauers herrscht Uneinigkeit. Ist das Zitat von Wilhelm Busch oder von Bert Brecht? Und wer weiß schon, was in jemandem vorgeht, der die Sprache im Alleingang um das Verb »wulffen« bereichert hat? Drückt sich der deutsche Ex-Präsident Christian Wulff vor lauter Scham bald nur mehr durch dunkle Gassen? Oder hält er es zynisch mit der französischen Hofmätresse Madame Pompadour – von der »Nach mir die Sintflut« stammen soll – und »wulfft« konsequent und gänzlich ungeniert jetzt auch die Früchte seinen Ehrensolds?Für große Unternehmen oder gar Weltkonzerne ist das Sinflut-Szenario freilich keine Option. Der Aufbau von glaubhaften Marken kostet Millionen oder Milliarden, erfordert über Jahre oder Jahrzehnte Knochenarbeit, Marketing und Werbung. Wenn der mühsam aufgebaute Ruf leidet, ist Feuer am Dach. Das zeigt alleine schon der taxierte Wert der Marken. Die »Brand-Rankings« der Schwergewichte werden Jahr für Jahr aufs Neue heftig diskutiert. Die Abweichungen der Einschätzungen und die Glaubenskriege über Berechnungsmethoden sind erheblich. Aber selbst die Pessimisten von »Interbrand« taxieren Coca-Cola oder IBM auf einen aktuellen Markenwert rund um 70 Milliarden Dollar.Einen Brand statt Marken-Branding durchlebt gerade die Telekom Austria Group. Seit Monaten leidet der ehemalige Staatsbetrieb durch mediales Dauerfeuer, das die Verstrickungen des Konzerns in eine Vielzahl von Korruptionsaffären aufs Korn nimmt. Schnell zu Ende sein wird der PR-Albtraum nicht. Dafür sorgen schon der parlamentarische Untersuchungsausschuss, Ermittlungen der Justiz oder Whistleblower, die Medien mit Material versorgen. Allein dem Nachrichtenmagazin News wurden 200.000 interne E-Mails zugespielt. Sollte nur ein Bruchteil davon halbwegs interessant sein, darf sich die TA Group auf eine Unzahl von Artikeln einstellen, die News im Stil einer chinesischen Tröpfchenfolter veröffentlichen wird.Und interessant dürfte einiges sein, wofür die TA Group im letzten Jahrzehnt selbst gesorgt hat. Der Konzern entpuppte sich als Geldverteilungsmaschine, die viele dunkle Ecken der Republik finanziert hat. Die Baustellen sind derart zahlreich, dass hier nur ein grober Überblick gegeben werden soll. Dass weitgehend ÖVP-nahe Ex-Management steht im Verdacht der Kursmanipulation, die rund um den Börsengang zu einem Boni-Segen geführt hat. Der Lobbyist Peter Hochegger errichtete ein florierendes Netzwerk, über das Konzerngelder großflächig verteilt wurden. In der Berichterstattung tauchen alle Reizwörter und Namen auf, die den Österreichern ohnehin schon die Zornesröte ins Gesicht treiben: Strasser, Grasser, Gorbach, Reichhold, die Rumpolds oder Meischberger, um nur einige zu nennen. Der Verdacht der Parteienfinanzierung steht natürlich auch im Raum. Auf Hocheggers Payroll standen aber auch Rot und Grün, Gusenbauer, Blecha, Schieder oder Langthaler sind etwa zu nennen. Wer genau was genommen hat und ob das wirklich auch anrüchig ist, wird wohl die Justiz aufarbeiten müssen. Bitter für das Image der TA Group, egal welche Zusammenhänge oder Spekulationen genannt werden oder ob diese zutreffen oder nicht. Das Publikum ist geneigt, bald jede Räuberpistole für bare Münze zu nehmen. Dazu kommen noch die Auslandsdeals, bei deren Anbahnung das Duo Schlaff/Taus – quasi in großkoalitionärer Beratereintracht – Kasse gemacht hat. Im Gespräch sind etwa die Erwerbungen in Bulgarien und Weißrussland. In Österreich stehen wiederum die Vorgänge um den Behördenfunk Tetron im Zwielicht – und auch hier taucht mit Mensdorff-Pouilly schon wieder ein klingender Name aus der Beraterszene auf.>> Offensive Gegenstrategien Kampf gegen unerbittliche Meme Weinmarkt - Der Phoenix aus der AscheÜber die Qualität der heimischen Weine wurde ohnehin schon gemunkelt. Dann kam das Schreckensjahr 1985, in dem der »Glykolskandal« platzte. Winzer hatten ihre Billigweine im großen Stil mit Frostschutzmittel gepanscht. Der Imageschaden war gewaltig. Österreichischer Wein war beliebt wie die Krätze, der Export kam beinahe völlig zum Erliegen. Der Schock saß so tief, dass darauf hin alles richtig gemacht wurde. Die Justiz arbeitete die strafrechtlichen Aspekte auf, die Politik steuerte das »strengste Weingesetz der Welt« bei, um die Wiederankurbelung der Vermarktung kümmerte sich die neu gegründete »Österreich Wein Marketing« ÖWM. Nachträglich entpuppte sich der Glykolskandal sogar als Glücksfall für die Weinwirtschaft. Statt billiger Doppler- und Hektoliterware setzen die Winzer auf Qualitätsprodukte in höherpreisigen Segmenten – und eilen damit seit Jahren von Exportrekord zu Exportrekord. Selbst mengenmäßig magere Jahrgänge wie 2010 können die Bilanz nicht trüben. 2011 war ein gutes Erntejahr. Für heuer peilt die ÖWM mit einem anvisierten Exportwert von bis zu 200 Millionen Euro einen neuen Rekord an. >> Prominente Image-Pannen:> Teures Schmiergeld. Nach den Ende 2007 aufgeflogenen Schmiergeldskandalen mistete Siemens-Boss Peter Löscher radikal aus. Das Debakel kostete rund 2,5 Milliarden Euro und hat bis heute finanzielle Auswirkungen. Aktuell wird etwa mit Griechenland über Entschädigungsmodalitäten verhandelt. Aber Löschers Null-Toleranz-Politik zeigt Wirkung. Bei der Compliance gelten die Münchener heute als vorbildlich.> Elchtest. Bis Ende der 90er wussten nur Autoexperten und Brancheninsider, was ein Elchtest ist. Seit in Schweden dabei ein A-Klasse Mercedes aufs Dach kippte, kennt das Wort sogar der Duden. Mercedes spendierte der A-Klasse als erstem Kleinwagen ein serienmäßiges ESP und polierte den ramponierten Ruf damit schnell wieder auf.> Reich des Bösen. Wer beim Erzkonkurrenten Google nach Microsoft und »evil empire« sucht, bekommt 2.7 Millionen Treffer. Wer freilich das Reich des Bösen – oder löchriger Software – immer noch in Redmond verortet, hat die Entwicklung verschlafen. ZDNet erklärte die Ära schon 2007 als beendet. Heute gilt der Konzern fast schon als offen, glänzt bei Sicherheitsaspekten und hat selbst den geschmähten Internet Explorer in eine respektable Software verwandelt.> Götterdämmerung. In den 90ern war Apple fast pleite, dann fegte der »iGod« Steve Jobs wie ein Tsunami durch die Märkte oder erfand sie erst. Jetzt werden die ersten Kratzer am sagenhaften Image sichtbar. Die Antennenprobleme waren schnell abgehakt, die traurigen Zustände bei den chinesischen Zulieferern oder die Patentkriege drücken schon eher auf das Image. Die prüden Zensurattacken im Store dürften nur im erzkonservativen amerikanischen Bible Belt wirklich gut ankommen.> Bremsversagen. 2010 hat es ausgerechnet Toyota erwischt, obwohl die Japaner in den Pannenstatistiken immer hervorragend platziert sind. Ein angeblich klemmendes Bremspedal führte zum Rückruf von rund 4,5 Millionen Autos. Die Gesamtkosten dürften sich auf einige Milliarden Euro belaufen. Sieht man sich die Rückrufaktionen der letzten Jahre an, ist Toyota in bester Gesellschaft. Ob Billigkutsche oder Nobelkarosse, kaum ein Hersteller blieb verschont. Weil »Rückruf« gar so garstig klingt, arbeitet VW am Wording und nennt das lieber »Produktoptimierung«.