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IWF: 2012, das schwächste Jahr seit 2009

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Der IWF kappt in seinem aktuellen World Economic Outlook die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft in 2012 auf 3,3% nach plus 3,5% Vorhersage im Juli. Das wäre das schwächste Jahr seit 2009.


Die Eurozone sieht der IWF mit 0,4% Schrumpfung des BIP in 2012 noch etwas tiefer in der Rezession als im April erwartet. Auch 2013 rechnet er nur mit einem kleinen Plus von 0,2%, das liegt 0,5% niedriger als vor einem halben Jahr angenommen. Für Deutschland bleibt der IWF zwar bei einer Wachstumsprognose von unverändert 0,9% in 2012. Für 2013 erwartet er aber ebenfalls nur noch plus 0,9%, was eine Abwärtsrevision von 0,5% gegenüber der vorhergehenden Schätzung darstellt.

Auch für Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien nahm der Fonds die Schätzungen zurück. Zu China heißt es, das Wachstum werde sich auf 7,8% in 2012 abschwächen. Die Emerging Markets in Asien stehen im Risiko, wenn sich die Eurozonen-Krise verschlimmert und die USA ihre „fiscal cliff“ nicht umschiffen können, heißt es.

„Für die fortgeschrittenen Länder ist das Wachstum nun zu niedrig, als dass es eine spürbare Wirkung auf die Arbeitslosigkeit haben könnte“, schreibt IWF-Ökonom Blanchard. Generell hätten sich die Abwärtsrisiken noch einmal verstärkt und seien erheblich. Mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu sechs könnte das globale Wachstum unter zwei Prozent sinken und die Industrieländer als Ganzes betrachtet in eine Rezession stürzen.

Im Bericht wird als Grund für die schwache Entwicklung angegeben, „(…), dass die Politik in den wichtigsten Industrieländern es nicht geschafft hat, wieder Vertrauen in die mittelfristige Entwicklung herzustellen.“ Der globale Fertigungszyklus dreht auf breiter Front wieder nach unten ab. Die Arbeitslosigkeit in den entwickelten Ländern bleibt weiterhin über den Niveaus vor Ausbruch der Finanzkrise.

Die neue Prognose des IWF basiert auf zwei (optimistischen) Annahmen. Erstens nutzen die Europäer ihr neues Kriseninstrumentarium, schnell und wirkungsvoll, unterstützt von der EZB. Zweitens vermeiden es die USA, durch automatische Steuererhöhungen und massive Ausgabenkürzungen als Folge des Erreichens einer Verschuldungsobergrenze zum Jahreswechsel über ihre „fiscal cliff“ zu stürzen.

Als die offensichtlich größte Bedrohung der Weltwirtschaft stuft der IWF die Euro-Staatsschuldenkrise ein. Die Regierungen müssten ihre Schutzschirme flexibler machen, so soll der ESM auch direkt im Bankensystem intervenieren. Gleichzeitig müsste die Integration vorangetrieben werden. Dazu gehört nach IWF auch die Schaffung einer Bankenunion, deren einheitlicher Rahmen Finanzstabilität gewährleisten soll. Dabei müsse nach dem Grundsatz verfahren werden, dass mehr Einlagensicherheit im Währungsraum mit stärkerer Kontrolle gepaart werden müsse.

Für Spanien sagt der IWF in 2013 eine Kontraktion von 1,3% voraus, er hält die Vorhersage von minus 0,5%, die die spanische Regierung vor einigen Tagen gemacht hat, für zu optimistisch. Nur Griechenland schneidet noch schlechter ab. In seinem 2011er Bericht hatte der IWF 2013 als das Jahr der Erholung in Spanien vorgestellt – mit einem prognostizierten Wachstum von 1,8%. Spaniens Defizit wird für 2013 mit 5,7% des BIP erwartet, das Ziel von 4,5% würde damit verfehlt.

Die Entwicklung der Eurozone, aufgetrennt nach Kern und Peripherie, wird in folgendem Chart dargestellt.

Nach Einschätzung des IWF unterstützt die Geldpolitik in den Industrieländern die Bekämpfung der Krise. Positiv wird die Ankündigung von Zentralbanken bewertet, Anleihen zu kaufen und so die Zinsen niedrig zu halten. Das globale Finanzsystem bleibe aber insgesamt anfällig. Zudem trage das staatliche Sparen in vielen Industrieländern dazu bei, die Erholung abzuschwächen. Der IWF empfiehlt, Sparprogramme zu lockern, wenn das Wachstum deutlich unter die IWF-Prognosewerte absackt.

In einem weiteren Kapitel befasst sich die IWF-Studie mit historischen Schuldenkrisen (“Schuldenüberhängen”) und zeigt sehr klar die Bedingungen auf, unter denen eine Schuldenkonsolidierung wirken kann. Insbesondere wird hervorgehoben, dass Austerität begleitet werden muss von einer plausiblen Wachstumsperspektive. Diese wiederum muss basieren auf weitreichenden strukturellen Reformen, denen der Vorzug vor kurzlebigen Maßnahmen zu geben ist. Dabei soll die Geldpolitik so Wachstums-unterstützend wie möglich sein.

Momentan sieht es so aus, dass Spanien einen ähnlichen Weg wie Griechenland geht. Griechenland zeigt nach sechs Jahren an Austeritäts-Programmen keinen Turnaround, die Troika erwartet jetzt für 2013 einen Fall des BIP um 5%. In Spanien wird ebenfalls ein Austeritäts-Programm nach dem anderen aufgelegt und verfehlt. Mit den mechanischen staatlichen Sparprogrammen verstößt das Land gegen die im aktuellen IWF-”Outlook” angegebene Bedingung einer plausiblen Wachstumsperspektive, um der Schuldenfalle zu entkommen. Und die strukturelle Reform, die am nötigsten wäre, nämlich die Konsolidierung der gesamten Bankenlandschaft, wird aus politischen Gründen ebenfalls nicht angegangen. So wird auch die zweite IWF-Bedingung, glaubhafte strukturelle Reformen, nicht erfüllt.

In seiner FT-Kolumne schreibt Wolfgang Münchau unter der Überschrift “Relentless austerity will only deepen Greek woes“, man müsse sich wundern, dass das derselbe IWF ist, der einerseits als Teil der Troika in Griechenland eine unsinnige, selbstzerstörerische Politik unterstützt und andererseits in seinem aktuellen Outlook zu einer geistreichen Analyse der zurückliegenden Schuldenkrisen kommt.

Quelle: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2012/10/09/iwf-das-schwachste-jahr-seit-2009/


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Banken: Das große Zittern?

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Die SPD hat entschieden: Steinbrück soll als ihr Kanzlerkandidat gegen Merkel im nächsten Bundestagswahlkampf zu Felde ziehen. Der hat sich mit Vorschlägen profiliert, die Banken in ihre Schranken zu verweisen. Ausgerechnet der…

Steinbrück will gegen die Allmacht der Rating-Agenturen vorgehen, die Banker-Boni beschneiden, große Banken aufspalten in einen Investmentzweig und in eine Geschäftsbank. Und er will Aktionäre und Gläubiger von Banken in Schieflage in die Haftung nehmen – auf dass beim nächsten Mal der Steuerzahler außen vor bleibt.

So richtig gezittert haben die Banken erst mal nicht – gut, Steinbrück hat die Wahl ja auch noch nicht gewonnen. Es kann sogar sein, dass sie ihn unterstützen werden – wie das bei „Change“-Obama damals auch war. Nicht weil sie Masochisten sind, sondern weil sie Steinbrück kennen.

Steinbrück handelte als Finanzminister von NRW 2001 ein Abkommen mit Mario Monti aus, seinerzeit EU-Wettbewerbs-Kommissar, das es den Landesbanken erlaubte, noch bis 18. Juli 2005 staatlich garantierte Schuldtitel auszugeben – Laufzeit von bis zu zehn Jahren, also maximal bis 2015. Fast alle Landesbanken nutzten die Übergangsfrist und fanden reichlich Abnehmer. Geschätzte 400 Mrd. Euro haben sich die Institute zwischen Kiel und München so vor Fristende besorgt. 400 Mrd. Euro, die vor allem in US-Subprime-Immobilienpapiere flossen. Die dadurch entstehenden Buchgewinne wurden gefeiert, die Risiken geflissentlich übersehen. Bis nach der Lehman-Pleite alles aufflog.

In der Zeit danach hätte Steinbrück als Finanzminster der Großen Koalition die Gelegenheit gehabt, das zu tun, was er heute tun will (wenn er die Wahl gewinnt). Allerdings tat er damals das genaue Gegenteil: Er war wesentlich am Entschluss der Bundesregierung beteiligt, schief liegende Banken mit Steuergeldern herauszuhauen. Oder anders: Aktionäre und Gläubiger von Banken in Schieflage wurden nicht in die Haftung genommen. Oder noch anders: Er gab der Erpressung durch die Banken nach, die mit ihrem Exitus drohten.

Da war zunächst die IKB. Sie sollte eigentlich mit der WestLB zusammen geschlossen werden, war aber offenbar im Mai 2008 schon so marode, dass dieser Geheimplan verworfen wurde. In der IKB saß Steinbrücks Staatssekretär Asmussen im Aufsichtsrat. Die Stützung der IKB hat den Steuerzahler mehr als 10 Mrd. Euro gekostet.

Dem Geschäftsumfang nach war die IKB nicht gerade der Prototyp einer systemrelevanten, „too big to fail“ Bank. Bei der „Rettung“ der HRE einige Tage später ging es da schon um andere Größenordnungen: Auf Basis von Fremdinformationen schnürten Steinbrück und Asmussen ohne Prüfung der Werthaltigkeit der HRE durch die öffentliche Hand in einer Nacht- und Nebelaktion zusammen mit den Banken ein Rettungspaket. Eine erste Bürgschaft in Höhe von 26,5 Mrd. Euro wurde früh am Morgen des 29. September 2008 gegeben, exakt am fünften Geburtstag der HRE. Damit war die Verjährungsfrist für eine mögliche Haftung ihrer Alteigentümer nach dem Umwandlungsgesetz gerade abgelaufen. Der Bund hat Ansprüche an die Bayerische Hypo- und Vereinsbank, die mittlerweile von der italienischen Unicredito übernommen worden ist, ohne Not aufgegeben. Bis heute dürfte die Stützung der HRE den Steuerzahler rund 100 Mrd. Euro gekostet haben.

Was die deutschen Landesbanken angeht, so ergab eine Erhebung der Bafin im April 2009, dass die Landesbanken fragwürdige Anlagen im Wert von 355 Mrd. Euro in den Büchern haben, davon wurden 180 Mrd. Euro als toxisch klassifiziert. Ihre Abwicklung kommt allmählich in Gang und wird den Steuerzahler noch eine zeitlang mit Milliardenbeträgen beschäftigen.

Bei der IKB saß bis nach 2008 Steinbrücks Staatssekretär Asmussen im Aufsichtsrat, der wohl wegen herausragender (Fehl-)Leistungen heute im EZB-Rat sitzt. Asmussen war ab 2003 damit betraut, den Abbau von Regulierungsschranken voranzutreiben und dem deutschen Finanzmarkt Zugang zu strukturierten Produkten, wie verbrieften Kreditforderungen und Asset Backed Securities (ABS) zu verschaffen. Unter Rot-Grün wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Geschäfte und die Auslagerung von Risiken an Zweckgesellschaften geschaffen.

Am 15. Januar 2008 musste die HRE erstmals Abschreibungen auf US-Markt-Papiere in Höhe von 390 Mio. Euro einräumen. Finanzminister Steinbrück und sein Staatssekretär Asmussen wurden von der Bank informiert, gleichzeitig sagte sie, sie sei “in ihrem Bestand zur Zeit nicht gefährdet”. Diese Einschätzung änderte sich allerdings schnell. Einige Tage später warnte BaFin-Präsident Sanio in einem Brief vor den hinsichtlich der Lage der HRE aufkommenden Risiken in einer “möglicherweise erschreckenden Größenordnung”. Steinbrück und Asmussen waren also lange vor dem Ausbruch der Finanzkrise über die Schieflage der HRE informiert, taten aber nichts. Ihre damalige Untätigkeit kam und kommt den deutschen Steuerzahler teuer zu stehen.

Steinbrück hat in der Zeit vor September 2008 wesentlich dazu beigetragen, dass das deutsche Finanzsystem besonders stark von den Folgen der Finanzkrise betroffen wurde (oder der deutsche Steuerzahler in besonderem Ausmaß zu seiner Rettung herangezogen wurde). Sein Staatssektretär Asmussen war Vorreiter bei der Deregulierung des Bankensystems und damit von der politischen Seite her ebenfalls einer der Personen, die zur Eskalation der Krise wesentlich beigetragen haben.

Steinbrück hätte nach der Lehman-Pleite die einmalige Chance gehabt, das Aufkommen von „moral hazard“ bei den Banken zu verhindern. Die Chance hat er nicht genutzt. Im Gegenteil, er hat nach der Lehman-Pleite dafür gesorgt, dass die Banken sich darauf verlassen konnten, dass der Staat sie bei Schieflage heraushaut. Heute stellt sich hin und fordert, dass bei den Banken Haftung und Risiko wieder zusammen finden. Für wie dumm halten Steinbrück und seine Partei den Wähler eigentlich?

In diesem Zusammenhang sei auch erinnert an das Versprechen von Merkel im Frühjahr 2009: „Keine Bank darf so groß sein, dass sie wieder Staaten erpressen darf. Das ist für mich der wichtigste Punkt.“ Heute, drei Jahre später und nach einer Regulierung gemäß Bankenvorstellungen, bleibt das Versprechen weiterhin uneingelöst.

Das Schauspiel von Steinbrück ist nicht nur symptomatisch für ihn oder die SPD, es ist symptomatisch für die gesamte Politik in Europa und anderswo. Ab und an wird mal von Bankenaufspaltung geredet (wie jetzt auch wieder in Brüssel, wo ein Vorschlag kursiert, der dem von Steinbrück ähnlich ist). Aber geschehen ist bisher nichts und es wird nach aller Erfahrung auch nichts geschehen, was die von einer übergroßen Machtkonzentration ausgehende Gefahr effektiv eindämmt und damit die Gefahr reduziert, dass sich die Ereignisse aus dem Herbst 2008 wiederh



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Inflation – Druck aufs Geldfass

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Seitdem der Deutsche-Bank-Vorstand Jain in einem Interview gesagt hatte, dass die Konsequenz jüngsten geldpolitischen Beschlüsse der EZB schlussendlich Inflation sein wird, ist das Thema wieder in aller Munde. Er nannte das den Preis, den wir für Europa zahlen müssen.


Liquidität und Staatsverschuldung waren in der Vergangenheit wichtige Treiber der Inflation, schreibt Martin Hüfner von Assegagon Asset Management und untersucht die letzten hundert Jahre (siehe Grafik). Liquidität und Staatsverschuldung sind aber nur eine notwendige Bedingung für Geldentwertung, als hinreichende Bedingung muss aber eine hohe gesamtwirtschaftliche Nachfrage hinzukommen.

„Das war nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland der Fall. Auch nach der Weltwirtschaftskrise 1933 lief die deutsche Konjunktur schnell wieder heiß und zwang die Regierung, Preis- und Lohnkontrollen einzuführen. In den USA dagegen gab es kein stärkeres Wachstum. Die Inflation hielt sich daher in Grenzen, von ein paar kurzfristigen Ausreißern abgesehen.“

Die inflationäre Phase in den 1970er Jahren kam hingegen nicht durch Liquidität und Staatsverschuldung zustande. Verantwortlich waren politische Spannungen, die die Rohstoffpreise steigen ließen. Nach dem Yom-Kippur-Krieg im Oktober 1973 kamen die großen Ölpreiskrisen.

Die landläufige Meinung ist, dass die Staatsverschuldung, wenn schon nicht durch (unpopulären und schmerzhaften) Schuldenschnitt, dann durch starke Inflation abgebaut werden muss. Dafür gibt es auch viele Beispiele aus der Geschichte. Es geht aber auch gemäßigter. So ist es den USA gelungen, den Anteil der Staatsverschuldung am BIP nach dem zweiten Weltkrieg deutlich zurückzufahren ohne dass es zu starkem Kaufkraftverlust kam (siehe Chart – Quelle). Das Zauberwort dafür heißt „finanzielle Repression“. Sie setzt einen negativen Realzins voraus, das nominale Zinsniveau liegt unter den nominalen Wachstums- und Inflationsraten. Dabei ist es nicht einmal erforderlich, dass die Inflation die Marktteilnehmer überrascht, sie muss im historischen Vergleich auch nicht besonders hoch sein. Entscheidend für den Erfolg finanzieller Repression ist, dass die Verhältnisse über eine ganze Reihe von Jahren Bestand haben.

Die Bedingungen der „finanziellen Repression“ sind aktuell in vielen Industrieländern nicht gegeben, wenn man auf die Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen abstellt. In Spanien etwa liegt die Rendite mit 6% weit über der Eurozonen-Inflationsrate von 2,4%. In Deutschland sind die Bedingungen gegeben, die Rendite liegt bei 1,46%. In den USA liegt die CPI-Inflation bei 1,7%, die Rendite bei 1,62%.

Die Geldfässer der Finanzsektoren der meisten Industrieländer sind durch die explodierte Zentralbankgeldmenge randvoll. Die Geldflut im Finanzsektor sorgt dort für Inflation, wie an den luftigen Aktienkursen und anderen Assetpreisen gut zu sehen. In der Realwirtschaft ist davon bisher nicht viel angekommen, ihr Geldfass ist relativ wenig gefüllt.

Wenn die Notenbanken mit ihren QE-Programmen, den LTROs und dem OMT per „harter Inflationierung“ oder „vornehmer“ per finanzieller Repression dauerhafte Erleichterung bei der Staatsverschuldung bewirken wollen, müssen sie dafür sorgen, die Kanäle zwischen den beiden Geldfässern durchgängig zu machen.

Der Kreditkanal: Wenn Geschäftsbanken Kredite vergeben, schaffen sie dadurch Geld. Das Potenzial hierzu ist angesichts der bei den Notenbanken geparkten Überschussreserven enorm. Wenn die Wirtschaftssubjekte jedoch keine Kredite nachfragen, sondern eher damit beschäftigt sind, ihre (übermäßige) Verschuldung abzubauen, ist dieser Kanal weitgehend verstopft. Dann funktionieren die vielzitierten Transmissionsmechanismen der Geldpolitik nicht, die Notenbanken können die Zinsen immer weiter senken, die Kreditvergabe wird dadurch jedoch kaum positiv beeinflusst.

Der Assetkanal: Wenn z.B. Versicherungen und andere Institutionen außerhalb des Bankensystems über das OMT-Programm der EZB Staatsanleihen aus ihren Büchern an die EZB verkaufen, erhalten sie dafür Mittel. Wenn diese etwa in Immobilien angelegt werden und damit deren Preise (und anschließend die Mieten) steigen, trägt das dazu bei, die Inflationsrate zu erhöhen. Ein mittelbarere Variante ist die folgende: Das durch die lockere Geldpolitik niedrige Zinsniveau erleichtert u.a. durch niedrige Kosten der Lagerhaltung die Spekulation mit physischen Rohstoffen. Wenn das dazu führt, dass die Rohstoffpreise dauerhaft steigen, wirkt das über die Produktionskette letztlich inflationär.

Ein sich selbst tragender Aufschwung der Realwirtschaft, eben die oben genannte hinreichende Bedingung einer hohen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, wäre die einfachste Möglichkeit, Inflation zu erzeugen. Doch hier besteht zurzeit wenig Hoffnung. Genau deshalb sind QE3 und OMT aufgelegt worden. Man handelt schlicht nach dem Prinzip, den Druck im Geldfass des Bankensystems so lange zu erhöhen, bis selbst durch die verengten Kanäle zum Geldfass der Realwirtschaft genügend Liquidität strömt, um die Inflation anzuheizen.

Technisch ist es den Notenbanken möglich, Inflation und Inflationserwartungen zu bekämpfen. Paul Volcker, ehemals Fed-Chef, hat Ende der 1970er Jahre die kurzfristigen Zinsen trotz schwacher Konjunktur stark angehoben und so Liquidität eingesammelt. Allerdings gehört dazu der Mut des Unabhängigen, denn eine solche Politik ist schmerzhaft. Diese „Schmerzen“ werden umso größer, je länger sich die Wirtschaft, insbesondere die Finanzindustrie an die Liquiditätsflut gewöhnt hat.

Die unbeabsichtigten Konsequenzen einer solchen Geldpolitik machen es immer schwerer, das Rad zurückzudrehen. Neben diesen im Artikel “Von QE zu UC” diskutierten „Seiteneffekten“ spielt insbesondere in der Eurozone auch die Verflechtung der außerordentlich expansiven Geldpolitik mit der Bankenwelt eine große Rolle. „De facto werden zahlreiche unsolide Banken künstlich am Leben gehalten. Die EZB schleppt sozusagen Banken durch, die sonst nicht überleben könnten,“ sagt Otmar Issing im Interview mit der „Welt“.

Die EZB hat den Bankensektor mit Liquidität überschüttet und dabei auch die Regeln für ihre Kredite aufgeweicht. Sie hat nicht unterschieden zwischen illiquiden Banken mit vorübergehenden Problemen und insolventen, nicht zukunftsfähigen Instituten. Solche mit einer schwachen Kapitaldecke ausgestatteten Banken können kaum Kredite an Unternehmen zu vergeben. Aber sie können Staatsanleihen erwerben, weil nach Basel II / Basel III Staatsanleihen als risikofreies Investment gelten, die eine Bank kaufen kann, ohne Eigenkapital dagegen stellen zu müssen. So haben viele südeuropäische Banken zuletzt wieder verstärkt Staatsanleihen ihrer Länder gekauft haben. Wenn sich zwei Nicht-Schwimmer aneinander klammern, wird daraus noch kein Schwimmer – im Gegenteil, so entsteht ein brisantes Geflecht.

Friedrich August von Hayek hatte festgestellt, die Inflation zu stoppen ist weniger ein “technisches” denn “politisches” Problem. Indem sich die EZB immer mehr zum Diener der Politik macht –z.B. ist auch die Bankenrettung eine staatliche Aufgabe und keine der EZB-, wird es immer unwahrscheinlicher, dass dieselbe EZB frühzeitig ihren Kurs ändert und die schließlich durch die verengten Kanäle in die Realwirtschaft strömende Geldmenge wieder einsammelt.

Zurück zur finanziellen Repression: Das Beispiel Spanien mit 10-jährigen Renditen von 6% und einer Eurozonen-Inflationsrate von 2,4% zeigt, dass hier noch viel passieren muss. Entweder kauft die EZB spanische Staatsanleihen so massiv, dass die Zinsen unter die Inflationsrate gehen, oder die Inflation steigt massiv an. In der Realität treffen sich beide vielleicht bei 4%, so wohl zumindest die Absicht derer, die versuchen wollen, das Problem der Staatsverschuldung durch Geldwertverfall zu lösen.

Auch in den USA sah es bisher schon nicht danach aus, dass die Fed die Inflation bekämpfen wollte. Und mit der Bindung von QE3 an das Ziel, die Arbeitslosigkeit deutlich abzubauen, könnte sich die Fed selbst ein Bein stellen. Wenn sich die Situation auf den Gütermärkten bei weiter hoher Arbeitslosigkeit anspannt, werden Unternehmen verstärkt Kredite aufnehmen und die Banken ihr Kreditgeschäft ausweiten (hierfür gibt es Anzeichen – siehe Chart unten!). Dann müsste die Fed die Zinsen anheben, um steigende Inflation zu bremsen. Bei weiterhin hoher Arbeitslosigkeit könnte die Fed aber zu der Ansicht gelangen, dafür sei es noch zu früh.

Auch in den USA wird die Politik mit Blick auf den Arbeitsmarkt starken Druck ausüben, die Zinsen nicht zu erhöhen, sagt Martin Feldstein. Die Notenbank ist dem Kongress rechenschaftspflichtig. Die Debatte um das Dodd-Frank-Gesetz zur Finanzreform lässt darauf schließen, dass es breite Unterstützung für weitere Restriktionen geben dürfte, wenn der Kongress mit der Fed-Politik unzufrieden ist. Das Dilemma der Fed: Strafft sie die Geldpolitik, um die Inflation einzudämmen, riskiert sie Gegenmaßnahmen des Kongresses, die ihr die künftige Inflationsbekämpfung erschweren könnten.

Feldstein unterstellt dabei, dass die Fed „guten Willens“ ist, gegen die Inflationsgefahren anzutreten. Was, wenn nicht? Was, wenn sie sich gezielt in dieses Dilemma hineinbegibt, um gute Argumente dafür zu haben, die Inflation eben nicht zu bekämpfen.

Ich gehe davon aus, dass die Notenbanken, insbesondere Fed und EZB, kein Interesse daran haben, die Inflation in Schach zu halten (zumindest so lange sie unterhalb von 5% p.a. bleibt). Das gilt auch für die Politik. Zweifellos wäre es besser, wenn die Staaten ihre Schulden konsequent zurückfahren. Politiker, die solche schmerzhaften Maßnahmen ergreifen, riskieren aber, abgewählt zu werden. Diesem Risiko möchten sie sich gewöhnlich nicht aussetzen…

Schon eine Geldentwertung von vier bis fünf Prozent enteignet Sparer, Rentner können sich nicht mehr auf die Werthaltigkeit ihrer Rente verlassen und die Mittelschicht zahlt über kalte Progression höhere Steuern. Inflationspolitik ist damit unsozial, sie ist Gesundung des Staates auf dem Rücken der breiten Bevölkerung. Gleichzeitig geht dabei die Schere zwischen arm und reich immer nur noch weiter auf.

Der Wunsch von Politik, EZB und Fed, Inflation zu schüren, ist das eine. Ob, bzw. wann sie damit Erfolg haben und in welchem Ausmaß, ist das andere. Sagen wir es so: Je länger es dauert, bis die Inflation in Gang kommt, je weiter werden die Geldschleusen aufgerissen und umso größer ist dann die Gefahr einer galoppierenden Geldentwertung.

Preisindices der USA:

In den USA nimmt die Kredittätigkeit seit dem zweiten Quartal 2011 zu:



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Monsters of Geldmaching

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Die zurückliegenden beiden Wochen mit der Entscheidung der EZB, sich mit ihrem OMT-Programm zum Retter der Eurozone aufzuschwingen, und der Fed, so lange MBS (Mortgage backed securities) zu kaufen bis die Arbeitslosenquote signifikant gesunken ist, markieren einen historischen Schnitt in der Finanzwelt.

Er ist an Tragweite zu vergleichen z.B. mit dem Einsatz der Deregulierung im Jahre 1999, als der „Glass-Steagall Act“ offiziell aufgehoben wurde, der seit 1933 die Aktivitäten von US-Geschäftsbanken auf dem Feld des Investment-Bankings beschränkt hatte. Mit diesem formalen Akt -die Regulierung war in den Jahren zuvor bereits löchrig wie ein Schweizer Käse geworden- wurde der Weg endgültig frei für Finanz-Supermärkte und eskalierende Bilanzhebel und für die im Herbst 2008 platzende Kreditblase.

Mit den jetzigen Beschlüssen von EZB und Fed erreicht eine Entwicklung eine neue Qualität, die nach 2000 in Asien begann.

Dortige Zentralbanken begannen vor gut zehn Jahren, verstärkt ausländische Assets zu kaufen (siehe Artikel „Zentralbanken – hohe Risiken“). Lag deren Anteil zu Beginn des neuen Jahrtausends noch bei unter 25% des BIP, hat sich die BIP-Quote mittlerweile verdoppelt.

Nach 2008 haben die diversen QE-Programme der Fed und anderer Notenbanken im Westen die Asset-Seite auch hier stark ausgeweitet und das Zinsniveau gedrückt. Die Differenz zu den Zinsen in den asiatischen Emerging Markets wurde größer. Der Gefahr zu großen Kapitalzustroms begegneten und begegnen die asiatischen Zentralbanken mit lockerer Geldpolitik und halten gleichzeitig mit Käufen ausländischer Staatsanleihen ihre Währung schwach, um ihre Exportindustrie zu stützen. Das übt weiteren Druck auf die langfristigen Zinsen z.B. in den USA aus – usw.

Was in Asien begann, wird von EZB und Fed nun auf ein neues Niveau gehoben. Die großen Notenbanken machen sich durch die Aufblähung der Aktivseite ihrer Bilanzen immer abhängiger von der Marktentwicklung der von ihnen gehaltenen Assets. Sie setzen darauf, dass die Assets in ihren Büchern zumindest nicht an Wert verlieren, was gleichbedeutend damit ist, dass die Zinsen zumindest nicht steigen. Wenn ernsthafte Zweifel an der Solvenz eines der größeren Schuldner aufkommen, kann sich das schnell ändern.

Das gilt insbesondere für die EZB, die künftigen PIIGS-Bonds in ihren Büchern und die aufgegebene Seniorität beim OMT-Programm. Aber auch die Fed setzt sich mit ihrem (erst einmal unlimitierten) QE3-Programm einem Marktrisiko aus. Es ist zwar vermutlich gegenwärtig besser überschaubar, weil sie Hypothekenpapiere in die sich abzeichnende Erholung des US-Häusermarktes hinein kauft (so hatte die Fed von New York kürzlich bei einer Versteigerung von Subprime-MBS aus ihrem von AIG übernommenen Bestand ein gutes Geschäft gemacht). Aber auch hier bleibt ein Restrisiko.

Abgesehen von den Marktrisiken ist die ordnungspolitische Konsequenz verheerend: Nachdem die Großbanken in der Krise 2008 zunächst die Staaten mit “too big to fail” erpressen konnten (erfolgreich), begeben sich die Zentralbanken exakt in dieselbe Situation. Sie werden in steigendem Ausmaß abhängig von der Wertentwicklung von Assets, d.h. von den Finanzmärkten. Damit werden sie in höchstem Maße erpressbar. Von der viel beschworenen Unabhängigkeit der Zentralbanken kann keine Rede mehr sein.

EZB-Draghi hat in seiner Euro-Retter-Pose unfreiwillig klar gemacht, wie die Eurozone zerstört werden kann, und das Bundesverfassungsgericht hat das in seinem (vorläufigen) Urteil zementiert, indem es die Hürde für eine Erweiterung des ESM hoch legt: Jedes Land, das in den Genuss des OMT-Programms kommen will, muss so am Boden liegen, das es unter den ESM flüchten kann. Damit beginnt die Spekulation, ob es die Sparbedingungen erfüllen kann und wie die EZB bei Zielverfehlungen reagiert. Das kann einerseits dazu führen, dass ein solches Land die Bedingungen eher übererfüllt und damit seine wirtschaftliche Lage noch weiter verschlechtert. Das steigert den Bedarf an ESM-Mitteln und hat negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der gesamten Eurozone. Kann oder will ein Land aber andererseits den ihm auferlegten Austeritätsbedingungen nicht mehr folgen, wird die viel gerühmte „Konditionalität“ im OMT-Programm auf die Probe gestellt. Bliebe die EZB dabei, solchen Staaten (weitere) Bond-Käufe zu verweigern, riskierte sie ein Aufflammen der Eurokrise und Verluste bei entsprechenden Bilanzpositionen.

Die Finanzmärkte spielen mit ihrer euphorischen Reaktion auf die Beschlüsse von EZB und Fed zur Zeit eine andere Karte: Sie feiern die zu erwartende Liquiditätsflut. Sie setzen in den USA auf eine nachhaltige Erholung des zentral wichtigen Hausbausektors (der US-Hausindex hat sich in den zurückliegenden elf Monaten verdoppelt). In der Eurozone wetten sie mit dem Erfolg des OMT-Programms darauf, dass die niedrigen Leitzinsen Konjunktur und Wachstum der Lohnkosten in den Kernländern ankurbeln, sowie den Wettbewerbsdruck auf die Peripherieländer senken.
Auf Sicht einiger Jahre könnten so die Löhne explodieren, die Renten steigen und die Immobilienpreise durch die Decke gehen (siehe Artikel „CoBank-Krämer: Konjunkturüberhitzung durch EZB“). Zu diesem Szenario gehört allerdings auch ein im Interesse der Exportwirtschaft der Eurozone eher schwacher Euro – aktuell führt der gerade das Gegenteil vor.

Schlägt das “monströse Geld-machen” von Fed und EZB an, wird das dazu führen, dass das BIP diesseits und jenseits des Atlantik spürbar zulegt – wegen der strukturellen Probleme allerdings hauptsächlich nominal, weniger real. Den erwarteten Inflationsdruck nimmt die Preisentwicklung bei Edelmetallen gegenwärtig vorweg. Schlägt die Politik von Fed und EZB hingegen nicht an, wird es finster…

Wenn die Euphorie abgeklungen ist, werden die Finanzmärkte anfangen, EZB und Draghi zu testen. Als Testfall bietet sich Spanien, dann Italien an. Beide Länder stellen zusammen rund 30% des ESM-Kapitals – die Untoten zahlen ihre eigene Lebensversicherung… Beide Länder haben angekündigt, sie wollten sich nicht unter den ESM-Schirm begeben. Damit scheiden sie für das OMT-Programm der EZB „eigentlich“ aus.

Die Aktien-Rallye strebt auf langfristig wichtige Punkte zu. Da wäre im DAX rund 7515 zu nennen, im Dow zunächst gut 13900, im S&P 500 wird es ab 1530 interessant. Wie der Chart von „Chart of the Day“ zeigt, ist die gegenwärtige Rallye hinsichtlich Kursentwicklung und Dauer bisher unterbelichtet.





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