Das Ideenpotenzial in Unternehmen wird nur unzureichend genutzt, meint Wilfried Sihn, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria und Professor am Institut für Managementwissenschaften an der TU Wien. (+) Plus: Was ist das CCM-Konzept und wie hat es sich in der Praxis bewährt?Wilfried Sihn: CCM steht für »Corporate Capability Management« und zielt auf ein erfolgreiches Ideenmanagement. Unternehmen können mittels verschiedener Methoden die kollektive Intelligenz unternehmensinterner und -externer Stakeholder erfolgreich nutzen. Verbesserungsideen werden dabei nicht nur für Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, sondern auch für die Organisation an sich generiert. Der Ansatz wurde mithilfe von Erkenntnissen aus der Wissenschaft und Erfahrungen aus Unternehmen entwickelt und kontinuierlich adaptiert. Wie Projekte von Fraunhofer Austria in österreichischen Industrieunternehmen zeigen, kann durch den CCM-Ansatz eine deutliche Produktivitäts- und Effizienzsteigerung in der Produktion, aber auch in den indirekten Unternehmensbereichen wie der Administration erreicht werden.(+) Plus: Was zeichnet »intelligente« Unternehmen aus?Sihn: Unternehmen, die erfolgreich in der Aktivierung von Mitarbeiterpotenzialen sind, setzen eine größere Methodenvielfalt zur Ideengenerierung ein als Unternehmen, die in diesem Bereich bisher weniger Erfolge erzielen konnten. Ein weiterer Erfolgsfaktor kann ein Prämiensystem sein: Ein Anreizsystem erhöht die Anzahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter, auch die Einsparungen sind größer. Ein ganzheitliches Technologie- und Innovationsmanagement ist unglaublich wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Eine der größten Herausforderungen ist der Aufbau einer Innovationsorganisation. Viele Unternehmen wissen gar nicht, was sie überhaupt erreichen wollen. Ein weiteres Problem sehe ich in der oft fehlenden systematischen Bewertung und dem meist nicht vorhandenen Controlling der verschiedenen Ansätze des Ideenmanagements. CCM bietet die Möglichkeit, eine individuell auf die Unternehmen ausgerichtete Innovationsstruktur zu schaffen und diese mit bewährten Maßnahmen methodisch zu unterstützen.(+) Plus: Werden die Potenziale der Mitarbeiter zu wenig genutzt?Sihn: Es schlummert sehr viel ungenutztes Mitarbeiterpotenzial in Unternehmen. Die eine Sache ist die Ideengenerierung: Als Problem sehe ich hier unter anderem, dass oft falsche Methoden eingesetzt werden. So bietet ein Briefkasten für schriftliche Ideen kaum einen Anreiz für einen Arbeiter, der sich schriftlich nicht gut und gerne ausdrücken kann. Die meisten Mitarbeiter haben Ideen, die oft auch zum Unternehmenserfolg beitragen können. Unsere Aufgabe ist es, den richtigen Weg zu finden, damit diese Ideen auch bei den zuständigen Personen ankommen und vor allem auch umgesetzt werden. Oft existiert ein Pool an Ideen, auf den aber aus unterschiedlichen Gründen nicht zurückgegriffen wird.(+) Plus: Welche Anforderungen stellen sich für Führungskräfte?Sihn: Nur wenn die Vorstände und Geschäftsführer über ein umfassendes Verständnis für Technologie- und Innovationsmanagement verfügen, können sie Chancen und Risiken innerhalb des dynamischen Wettbewerbsumfeldes beurteilen. Große Bedeutung hat auch Motivation und Aufklärung der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter müssen das Gefühl vermittelt bekommen, dass ihr Beitrag von großer Bedeutung für den Unternehmenserfolg ist.(+) Plus: Muss sich die Unternehmenskultur grundlegend ändern?Sihn: Unternehmens- und prozessspezifische Merkmale sowie die Unternehmenskultur werden von uns bei allen Schritten berücksichtigt. Dennoch gibt es einige Punkte, die für eine erfolgreiche Implementierung von CCM beachtet werden müssen. Hierzu gehören etwa die konsequente Durchführung von klar definierten und mit Zielgrößen hinterlegten Maßnahmen sowie die Unterstützung durch die Führungsebene. Einmalige, halbherzige Aktionen sind kaum erfolgversprechend. Außerdem empfehle ich Transparenz hinsichtlich der Umsetzung von Ideen – warum wird zum Beispiel die Idee des Kollegen umgesetzt, meine aber nicht?