Urban Lankes, Chief Executive Officer des IT-Dienstleisters Trivadis, und Wolfgang Laaber, Niederlassungsleiter in Österreich, über Trends und Strategien auf einem veränderten Markt. Report: Herr Lankes, welche Themen bewegen Sie als IT-Dienstleister?Urban Lankes: Technologie und Business lagen früher viel weiter auseinander. Heute hat zwar die Komplexität in der Informationstechnologie deutlich zugenommen, die Bezugspunkte der IT zu den einzelnen Geschäftsfeldern in Unternehmen haben sich aber ebenso angenähert. Informatiker wissen heute, dass IT-Lösungen einen Mehrwert generieren müssen. Wenn Sie umgekehrt mit Leuten aus Fachbereichen wie in Banken oder Versicherungsunternehmen sprechen, ist dort wiederum jedem klar, dass in der Wirtschaft nichts mehr ohne IT läuft. Die Fähigkeit, mit E-Mail umgehen zu können, und selbst die Bedienung von Business-Intelligence-Systemen – das ist heute keine Frage mehr. Vor 20 Jahren war das noch völlig anders.Report: Wissen die Menschen heute mehr über IT Bescheid?Urban Lankes: Die Anwender sind über die Möglichkeiten von IT-Lösungen meist gut informiert. Doch sind auch die Anforderungen an die IT schnelllebiger geworden. In den IT-Abteilungen werden zunehmend die Reaktionszyklen verkürzt, um auf ein Problem auf Anwenderseite rasch mit einer Lösung antworten zu können. Diese Geschwindigkeit in der Umsetzung ist letztlich der entscheidende Wettbewerbsvorteil am Markt. Wir sind hierbei die Brückenbauer, und wir sind uns dieser Verantwortung bewusst. Denn eine fehlerhafte und falsch umgesetzte Lösung kann kritische Folgen für ein Unternehmen haben. So wird zwar der Absturz eines IT-Systems nicht immer gleich zum Konkurs der Firma führen – ein Imageschaden ist neben verlorenen Umsätzen aber gewiss. Ich bringe ein Beispiel: Ist ein Unternehmen aufgrund mangelnder IT-Security von einem Datenklau betroffen, wird es noch Jahre später mit Restriktionen am Markt zu kämpfen haben – sei es durch Endkunden oder auch durch Partner, die sich überlegen werden, mit dieser Firma überhaupt noch Geschäfte zu machen.Report: Wie sieht das Portfolio bei Trivadis aus? Mit welchen Dienstleistungen sind Sie am IT-Markt aufgestellt?Urban Lankes: Unser Geschäft ist historisch gesehen im Umfeld von Oracle entstanden. Circa 60 Prozent des Umsatzes werden heute auf Basis von Oracle generiert, rund 30 Prozent auf Basis von Microsoft-Technologie. In den unterschiedlichen Lösungsbereichen setzt Trivadis auf mehrere große Schwerpunkte. Individualentwicklung macht als größter Teil 40 Prozent unseres Umsatzes aus, rund 30 Prozent betreffen Managed Services, also den Betrieb von Infrastruktur und Applikationen, und ein dritter großer Bereich ist Business Intelligence – von Data-Warehouse-Lösungen bis hin zu Corporate Performance Management. Als viertes Standbein sehen wir Schulungen und Weiterbildung. Dieser Teil ist mit fünf Prozent des Umsatzes kommerziell gesehen eher klein, macht uns aber am Markt enorm präsent.Wir sprechen in unserer Rolle als IT-Dienstleister immer mehr mit den Fachabteilungen in Unternehmen. In diese Richtung wird es auch weiterhin stark gehen: Wir liefern nicht mehr reine EDV-Leistungen, sondern sogenannte Business Integration Services. Das bedeutet zunächst eine grundlegende Beratung bei Unternehmensprozessen und geht bis hin zu einer branchenspezifischen Ausrichtung über ein eigenes Competence-Center. Für Financial Services hat Trivadis bereits ein erstes Branchencenter geschaffen. Es adressiert alle Themen, die Banken und Versicherungen letztendlich helfen, ihr Business weiter zu betreiben und sogar zu verstärken.Wolfgang Laaber: Die Zeiten der reinen Programmiertätigkeit sind vorbei. Wer programmieren möchte, lagert dies heute nach Indien oder China aus. Wir setzen die notwendigen Lösungen für Unternehmen aus Komponenten zusammen, die letztendlich mehr Stabilität, höhere Servicequalität und auch entsprechenden kommerziellen Nutzen liefern. Report: Stichwort Cloud-Computing – was ändert sich für die Kunden, was wird den Markt prägen? Für welche Zielgruppen ist die flexible Provisionierung von IT-Services interessant?Wolfgang Laaber: Ich nehme an, dass Cloud-Computing-Dienste in Österreich bald vor allem in der mittelständischen Industrie genutzt werden. Flexible IT-Services sind quer durch alle Branchen, beispielsweise im Vertriebsbereich und der Personalverwaltung, gefragt. Auch wenn es immer noch die Angst gibt, die Daten bei einer Auslagerung aus dem eigenen Haus zu geben, ist dies oft gerade bei unternehmenskritischen Daten der einzig richtige Schritt. Die Daten sind dann meist in der Cloud besser und sicherer aufgehoben als im eigenen Umfeld.Fest steht jedenfalls, dass Themen wie Standardisierung von Infrastruktur, Plattform-as-a-Service oder Software-as-a-Service nach wie vor starkes Entwicklungspotenzial haben. Sie werden aber fix kommen und den Markt nachhaltig verändern.Urban Lankes: Bei der Diskussion ob Private oder Public Cloud geht es stets um Größenordnungen, die in einer Gesamtkostenrechnung betrachtet werden müssen. Nur sehr wenige Unternehmen werden sich kaufmännisch sinnvoll ein eigenes Rechenzentrum für die flexible Bereitstellung von IT-Diensten leisten wollen. Cloud-Rechenzentren wie bei Microsoft oder Amazon skalieren aufgrund ihrer Größe und durch die Standardisierung von Services natürlich völlig anders. Dort kommen Zahleneffekte zustande, die lokale Rechenzentrumsanbieter niemals bieten können. Manche Unternehmen werden trotzdem weiterhin zumindest Teile ihrer IT aus Sicherheitsgründen bei einem geografisch nahen Partner oder überhaupt im eigenen Haus betreiben. Wir setzen unter anderem auf Microsoft als strategischen Cloud-Partner, haben prinzipiell aber keine fixen Bindungen zu einzelnen Rechenzentrumsbetreibern. Wir arbeiten mit jenen Anbietern zusammen, die uns die Kunden vorschlagen.Report: Können Sie ein Ende der Wirtschaftskrise beobachten? Wie geht es mit Trivadis in Österreich weiter?Wolfgang Laaber: Unsere Geschäftsstelle in Wien wächst aktuell sehr stark. Dieses Jahr wollen wir um gut 30 Prozent an Belegschaft zulegen. Dazu suchen wir aktiv nach den richtigen Leuten. Trivadis wird sich in Österreich deutlich verstärken. Unsere Zielgröße ist letztlich eine Belegschaft von 40 Mitarbeitern, um das gesamte Portfolio der Trivadis entsprechend abdecken zu können. In der Region Schweiz, Österreich und Deutschland sind derzeit 70 Stellen offen, vom Berater bis zum Techniker.Urban Lankes: Wir erleben bereits eine deutliche Verbesserung der Auftragslage, sind aber sicherlich nicht über die Maßen euphorisch. Die Investitionslust der Kunden ist nach wie vor gebremst – obwohl man auch bei grundlegenden Innovationsprojekten wieder bereit ist, größere Budgets in die Hand zu nehmen. Wir sind zu 100 Prozent durch Eigenmittel finanziert und darauf angewiesen, dass wir profitabel funktionieren. Deswegen ist Trivadis an der einen oder anderen Stelle etwas zurückhaltender im Auftreten – bei allen Wachstumszielen, die es natürlich trotzdem bei uns gibt. In Österreich läuft das Geschäft derzeit jedenfalls über die Maßen gut. Die Mannschaft hier macht einen super Job.Mit der Übernahme von Delphi Software vor zwei Jahren hat sich Trivadis ein wirklich gutes Standbein in Österreich schaffen können. Ich kann hier nur Wolfgang Laaber und seiner Mannschaft danken, die mit der Übernahme komplett bei Trivadis geblieben sind. Das Geschäft in Österreich hat fünf Prozent Anteil am Gesamtumsatz in unserer Gruppe, die Auslastung und Performance sind hier aber überdurchschnittlich.Report: Wie sieht es generell mit mobilen Lösungen am Arbeitsplatz aus? Ist das ein Thema bei den Unternehmen?Urban Lankes: Es ist hier ein doppelter Effekt zu beobachten. Zum einen erwarten unsere Kunden, dass Handys und andere mobile Endgeräte einen höheren Stellenwert in den Unternehmen bekommen. Zum anderen findet eine Virtualisierung unserer Arbeitswelt statt. Die Menschen werden künftig nicht immer vor Ort im gleichen Büro sitzen, um zu arbeiten, sondern können dies etwa auch von zu Hause aus tun.Firmen sollten nun eine Infrastruktur zu Verfügung stellen, die Mitarbeitern diese Flexibilität in der Kommunikation und Zusammenarbeit erlaubt. E-Mails und persönliche Nachrichten etwa werden vermutlich in Zukunft nur noch selten am Firmenrechner, sondern vielmehr auf mobilen Endgeräten abgerufen werden. Wenn ich als Firma diese Möglichkeiten Mitarbeitern, die damit aufgewachsen sind, nicht bieten kann, werde ich nicht die besten Leute bekommen. Die Basisinfrastruktur ist der mobile Arbeitsplatz, die technischen Möglichkeiten ergeben nun eine neue Art der Zusammenarbeit.