Dem Bauwesen kommt für die Erreichung der energie- und klimapolitischen Zielsetzungen eine zentrale Rolle zu. Das bedeutet eine gewaltige Herausforderung. Die Rolle von Ökologie und Nachhaltigkeit in der Aus- und Weiterbildung und wie flexibel die Bildungsstätten auf neue Entwicklungen reagieren. Von Karin LegatEnergieeffizienz steigern, erneuerbare Energien ausbauen und Energieversorgung langfristig sicherstellen – das sind die drei Pfeiler der österreichischen Energiestrategie, mit der ein nachhaltiges, wettbewerbsfähiges und sicheres Energiesystem garantiert werden soll. Zur Steigerung der Energieeffizienz soll vor allem der Gebäudebereich beitragen. Auch das EU-Projekt Sustainable Urban Metabolism for Europe sieht in der Effizienz von Gebäuden den zentralen Part. Welche Ziele der Energiestrategie erreicht werden, hängt für klima:aktiv Bildungskoordinator Johannes Fechner vor allem vom Erfolg der Raumordnung ab. »Derzeit werden fast alle Effizienzsteigerungen durch Rebound-Effekte wie größere Wohnflächen, durch Siedlungsformen erzwungene gesteigerte Mobilität, höheren Energiebedarf u.v.m. aufgebraucht. Wenn man die Gesamtenergieeffizienz als Indikator heranzieht, sehe ich noch viel Arbeit bis zur Erreichung der Ziele. Entscheidend ist jedenfalls die Sanierung«. Österreich will in diesem Bereich die Verbesserungsrate im Bestand der Wohn-, Dienstleistungs- und Betriebsgebäude sowie der öffentlichen Objekte bis 2020 auf drei Prozent pro Jahr erhöhen, die thermische Sanierung soll verstärkt vorangetrieben werden. Geplant sind die Forcierung von Geschäftsmodellen wie Contracting, die Verbesserung bautechnischer Standards im Neubau sowie die Weiterentwicklung des Energieausweises. Fossile Energieträger sollen nach Regierungsplänen durch erneuerbare Technologien ersetzt, eine Energieraumplanung geschaffen und Raumwärme auf Basis regionaler Konzepte durch Fernwärme (Abwärme, KWK, Biomasse) oder Einzelheizungen (Solarthermie, Biomasse, Umgebungswärme) bereitgestellt werden. All dies sind gewaltige Herausforderungen, denen sich Baumeisterinnen und Baumeister schon heute stellen müssen.Zukunfts-Fit»Planen wird immer anspruchsvoller, ohne Zusatzausbildung wird es kaum mehr gehen. Am Passivhaus-Planungs-Know-how wird über kurz oder lang kein Baumeister und Architekt vorbeikommen«, stellt Fechner fest. Häuser der Zukunft werden energieautark und energieproduzierend sein, weniger Verbrauch sowie eine größere Wärmedämmung bei Dach, Boden und Wand aufweisen. Der Kunde will zu CO2-neutralen Heizungen beraten werden. »Wir werden Photovoltaikhäuser haben, die als kleines Kraftwerk arbeiten und den Bewohnern als Anleihe dienen«, ergänzt Baumeister Thomas Prigl, Leiter der BAUAkademie Wien. »Was vor 20 Jahren visionär war, ist heute Stand der Technik. Mit den Fördermaßnahmen für die Wärmedämmung entstand auch ein Bedarf einer entsprechenden Ausbildung. Heute ist das Thema Wärmedämmung ein zentrales in der BAUAkademie«, informiert Prigl und verweist auf die Ausbildung zum zertifizierten Fachverarbeiter für Wärmedämmverbundsysteme, ausgerichtet auf alle Mitarbeiter aus dem Bau- und Baunebengewerbe.ÖkoTrainingBauunternehmen orten eine deutliche Differenz zwischen der Basisausbildung und der Weiterbildung. »Die Grundausbildung hinkt der Praxis hinterher, es fehlen ökologisch sinnvolle nachhaltige Ansätze«, meint Solararchitekt Peter Blineder skeptisch. »Wir müssen nach der Grundausbildung noch zusätzlich ein bis zwei Jahre investieren, bevor Absolventen auf Baustellen aktiv werden können«. Auch Fechner sieht Handlungsbedarf in der Grundausbildung. »Eine Schwerpunktsetzung zu ökologischem Bau ist unbedingt erforderlich«.Zufrieden sind Blineder und seine Branchenkollegen hingegen mit der Situation in der Fortbildung. »Praktiker unterrichten gut«, lobt Blineder die BAUAkademie und firmeninterne Workshops. »Die Ausbildungsstätten haben die Zeichen der Zeit erkannt und auch die Wirtschaft trägt ökologische Themen an die Studierenden heran«, erklärt Diana Klein von der STRABAG. »In puncto ökologischer Bauausbildung ist schon einiges am Laufen. Wir sehen das Feld sehr gut abgedeckt.« Auch Blineder sieht die Weiterbildung in einem positiven Licht. »Es gibt bereits zahlreiche Angebote, aber man muss das ökologische Bildungspaket trotz allem weiter vorantreiben.« Für klima:aktiv besteht in der Weiterbildung ein anderes Problem. »Es gibt zwar genügend Lehreinheiten, diese sind aber aufgrund des Zeitfaktors bei Planern, Architekten und Baumeistern wenig beliebt. Fortbildung wird erst dann umgesetzt, wenn sie verpflichtend ist«, bedauert Fechner. »Es fehlt die zwingende Notwendigkeit für Bauschaffende, Zeit und Geld zu investieren.« Für Prigl, derzeit Koordinator der BAUAkademien für ganz Österreich, ist das Ausbildungsangebot für ökologisches Bauen hingegen ausreichend. »Der Anteil der Unterrichtszeiten ist tendenziell gestiegen. Die jetzige Generation ist bereits eine grün orientierte Technikerschicht. Begriffe wie Nachhaltigkeit gehören zur Alltagssprache. Immer mehr Menschen sehen in ökologischem Bauen eine Marktlücke und nutzen diese«. Lernen, ein Leben langDie Bautechnikerausbildung bedeutet lebenslanges Lernen. Das Seminarangebot ist wie bereits erwähnt umfangreich und steht österreichweit zur Verfügung. Schulungen zu Bauen und Sanieren, Energie- und Gebäudetechnik, Green IT, Stromsparen und Energie Management/Beratung gibt es nicht nur an den BAUAkademien, sondern auch am WIFI, an den FHs, der TU und z.B. an der Green Academy. Diese Plattform wurde vom IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie – entwickelt und besteht seit 1999. klima:aktiv kooperiert mit Bildungsanbietern und initiiert bzw. entwickelt ökologische Fortbildungen weiter und betreut ein begleitendes E-Learning. Ökofit am Bau ist auch Thema bei der Styrian Academy, bei ABK, MHC, beim ARS, den einzelnen Landes-Energieagenturen, dem bau.energie.umwelt Cluster der ecoplus und bei den Innungen. Als besonders engagiert im nachhaltigen Bauprojektmanagement wird die Donau-Universität Krems genannt, die Universitätslehrgänge auch berufsbegleitend anbietet. Life Cycle Management ist eine Top-Level-Ausbildung, die in Partnerschaft mit der Bundesinnung Bau und der BAUAkademie Österreich geboten wird. An der BAUAkademie Salzburg läuft derzeit ein Forschungsprojekt zum Thema Bauteilaktivierung, aus dessen Ergebnissen Bildungsmaßnahmen für Baubeteiligte abgeleitet werden sollen. »Wenn das Projekt in Salzburg erfolgreich läuft, erfolgt der Startschuss für eine österreichweite Auflage«, kündigt Prigl an.Öko-FitLaut WIFI sind bereits über 180.000 Menschen im Sektor Umwelt und Klima beschäftigt, Umwelttechnik ist der am stärksten wachsende Sektor. Gerade in dieser Branche ist ständige Weiterbildung das Um und Auf. »Lebenslanges Lernen ist eine Erfolgsstrategie«, meint Peter Scherer von der Bundesinnung Bau. »Insbesondere jetzt, bei schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sichern sich Unternehmen mit gezielter Qualifizierung der Mitarbeiter ihre Position im Wettbewerb. Die BAUAkademien unterstützen die Wirtschaft mit einem exakt auf die Bedürfnisse und Themen angepassten Bildungsangebot. Dadurch sorgen wir für die beste Qualitätssicherung im Bauwesen«. Prigl gibt ihm recht: »Weiterbildung erlebt eine Renaissance.«Bau-flexibel?Hier gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Für klima:aktiv reagiert die Bauausbildung zu langsam auf neue Entwicklungen. »Begriffe wie Passivhaus fehlen nach wie vor in den Prüfungsverordnungen, auch die Sanierung wäre zu forcieren«, erklärt Fechner. Positiv bewertet er das Engagement der Bundesinnung. »Für Einfamilienhäuser wurde etwa das Handbuch Passivhaus als Weiterbildungsunterlage entwickelt«. Für Solararchitekt Peter Blineder hinkt die Bauausbildung zehn Jahre hinterher. »In der Abdichtung von Fenstern oder Terrassen gegen Feuchtigkeit und Wärmeverlust sind Ausführende mit der Thematik komplett überfordert«. Blineder sieht dringenden Handlungsbedarf in der grundlegenden Reform der Grundausbildung an HTLs, aber auch das Bauingenieur- und Architekturstudium muss angepasst werden. Für Thomas Prigl hingegen ist die Ausbildung flexibel genug. »In den letzten Jahren haben wir wesentliche Veränderungen am Baumarkt erfahren. Natürlich muss man die Frage stellen, was bedeutet Flexibilität und rasche Umsetzung? Wenn sich heute neue Tendenzen abzeichnen und dazu Projekte ausgeschrieben werden, wird dieser Trend automatisch in den Lehrplan aufgenommen und bekommt ausreichend Zeit, sich zu entwickeln. Das geht nicht von heute auf morgen. Lehrstoff-Änderungen finden sich aber bereits im nächsten Semester. Bei Neuerungen z.B. hinsichtlich eines neuen Lehrberufs sind viele Gremien und Gesetzeshürden zu überwinden, das dauert länger. Zahlreiche Behörden und Experten werden miteinbezogen.« Für das gemeinsame Ziel: Nachhaltigkeit. >> Dinhobl sucht den Superlehrling:Die Wiener Neustädter Bauunternehmung Dinhobl hat sich auf die Suche nach dem Superlehrling gemacht. Gefunden hat Dinhobl die 15-jährige Marion Kogelbauer, die sich im praktischen Wettbewerb gegenüber zwei Burschen durchsetzte. Neben den handwerklichen Fähigkeiten standen auch Teamfähigkeit und Engagement am Prüfstand. Dabei setzte sich Marion klar durch und überzeugte auch das Team von Baumeister Dinhobl, der nun das erste Mal seit dem 90-jährigen Bestehen seines Unternehmens ein Mädchen zur Maurerin ausbildet. Superlehrling Marion erwarten spannende Lehrjahre und eine Top-Ausbildung. Neben der fachlichen Ausbildung wird eben so viel Wert auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit gelegt.