Von Judith HögerlAuf dem Gebiet der Buchhaltung macht Angie Wehrli niemand etwas vor. Auch vor einem PC-Gehäuse macht ihr Wissensdrang nicht Halt. Die gelernte Buchhalterin findet EDV-gestütztes Rechnungswesen eigenen Worten nach “spannend” und hat mit der Firmengründung von Business Accounting Services ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Sitz ihres Dienstleistungsbetriebes ist das idyllische Ritzing im Mittelburgenland, das neben einem finanzpotenten Fußballverein auch über eine Spezialistin für internationales Rechnungswesen verfügt. Der Standort sei ideal, denn, erstens “ist es egal wo wir sitzen” und zweitens “kann man hier herrlich vom stressigen Job abschalten”, sagt Wehrli. Unter den 150 betreuten Unternehmen, mit Business Accounting Services zählen unter anderen Panasonic, Knauf, Mercedes Benz österreich und Waldquelle zum Kundenkreis.Report: Frau Wehrli, Ritzing gilt nicht gerade als Wirtschafts-Hotspot. Wo sitzen Ihre Kunden? Wie läuft Ihr Geschäft aus persönlicher Sicht?Angie Wehrli: Wir fühlen uns am Standort wohl, weil wir uns sowieso überall einwählen können. Zu unserem Kundenstock zählen Firmen in Wladiwostok bis Kapstadt, von Phoenix bis Tokio. Wir können uns über den Geschäftsgang nicht beschweren, vor allem im letzten Jahr hatten wir durch die EU-Erweiterung viel zu tun. Viele hielten bis dahin Investitionen zurück. Jetzt boomen Rumänien und Kroatien und das spüren wir ebenfalls. Sehr viele Kunden haben wir auch in Ungarn. In diesem Fall erfolgt die Kundenbetreuung von Ritzing aus, bei anderen Ländern arbeiten wir mit von uns ausgebildeten Partnern vor Ort zusammen. Unsere Software für internationales Rechnungswesen wird um länderspezifische Features angepasst. Das heißt, die Daten laufen nicht dezentral auf jeden einzelnen Firmenstandort, sondern werden zentral gespeichert.Business Accounting Services ist ein Dienstleistungsunternehmen mit einem Beratungsschwerpunkt. Ich kann zwar programmieren, aber das streite ich vorsichtshalber einmal ab, denn sonst müsste ich das auch noch selbst machen. Meine Stärken liegen in den Bereichen Buchhaltung und Controlling. Beides sind Männerdomänen und da ich keine Position als Controller bekommen hatte, machte ich mich 1992 selbstständig. Jetzt möchte ich vermehrt in Vorträgen und Schulungen meine Erfahrungen weitergeben und mein praktisches Wissen vermitteln.Mit welchen Problemen ist die IT-Branche derzeit konfrontiert?Etliche Kunden haben noch immer Scheu vor der EDV. Vieles wird dann planlos umgesetzt - das kommt auch bei großen Firmen vor, auch dann wenn sie Dienstleistung einkaufen. Es gibt beispielsweise kein Pflichtenheft, keine ordentlichen Tests, es wird einfach drauflos programmiert. Wir hingegen machen es entweder richtig - oder gar nicht. Zuerst wird ein Design entwickelt, bei uns sowie beim Kunden getestet und schließlich werden dessen Mitarbeiter geschult - das kostet natürlich. Hier ist oft eine gehörige Portion Aufklärungsarbeit zu leisten.Denken Sie, dass Frauen die gleichen Chancen in der IT-Welt haben wie Männer?Wir sind nun einmal eine männerdominierte Gesellschaft und die Auswahl für Besetzungen passiert immer noch meist durch Männer. Ich glaube deshalb schlicht, dass Männer es nicht zulassen. Viele können es mittlerweile akzeptieren, dass eine Frau über gleiche Kompetenzen verfügt, Tatsache ist aber auch, dass ich keine einzige Hardware-Verkäuferin kenne. Ab einer gewissen Stufe im Management ist für Frauen Schluss. Die Rambomethode in der Wirtschaft ist jedenfalls nicht weiblich. In meiner Berufslaufbahn gab es sicher auch irgendwann Akzeptanzschwierigkeiten, aber die habe ich schnell ausgeräumt. Ich bin nicht schüchtern. überhaupt rate ich, Minderwertigkeitskomplexe abzulegen.Spielt vielleicht die Familie eine Rolle, wenn es darum geht Jobchancen zu ergreifen?Nein, überhaupt nicht. Familienplanung ist ohne weiteres mit dem Beruf vereinbar. Es gibt sicherlich Hürden - in österreich etwa zählen Betriebskindergärten noch nicht zur Gewohnheit - und ich gebe zu, man muss ein bisschen flexibel sein - auch als Arbeitgeber. Aber wo liegt das Problem, wenn ich jemanden, ob Mann oder Frau, in einem Teilzeitmodell beschäftige?