Stahl zählt zu den wichtigsten Zutaten moderner Architektur. Aufsehenerregende Brücken, spektakuläre Bürobauten und rekordverdächtige Wolkenkratzer wären ohne den vielseitigen Werkstoff nicht zu realisieren. In Österreich ist der Stahlbau aber nach wie vor ein Minderheitenprogramm. Während in Großbritannien rund 70 Prozent des Bauvolumens in Stahlbautechnik umgesetzt werden, sind es in Österreich gerade einmal zehn Prozent. Dennoch ist der heimische Stahlbau auf dem besten Weg, die Wirtschaftskrise hinter sich zu lassen, so der Tenor der Branche am 28. Stahlbautag. Heimisches Know-how ist gefragt – national und international. Der Bau & Immobilien Report stellt die aktuellen Vorzeigeprojekte der führenden heimischen Stahlbauer vor. AluKönigStahl GmbHEin aktuelles Highlight von AluKönigStahl wurde Ende November in Warschau eröffnet. In Zusammenarbeit mit einem englischen Ingenieursbüro wurde das zweigeschoßige, insgesamt 15.000 m² große Wissenschaftszentrum »Kopernikus« errichtet. Großen Wert legte der Bauherr auf die Architektur der Gebäudehülle und ihrer Elemente, insbesondere bei der künstlerischen Gestaltung von Fenster-, Türen- und Fassadenelementen in unterschiedlichsten Geometrien und Größen. Die Stahlfassade wurde von einem Team aus Künstlern, Architekten, Geologen und Landschaftsplanern entwickelt. Da hierbei besonders auf Transparenz und Leichtigkeit Wert gelegt wurde, griff man auf das Fassadensystem Jansen VISS aus dem Hause AluKönigStahl zurück, welches in einer »dreidimensionalen« SG-Sonderkonstruktion angewendet wurde, um die Transparenz der Gebäudehülle zu erhöhen. Aufgrund des starken Publikumsverkehrs, der neben einem hohen Maß an Funktionalität und Energieeffizienz auch umfangreiche Lösungen im Bereich Nutzungssicherheit bieten muss, wurden entsprechende Sicherheitssysteme eingesetzt. Für die Sicherung der Brandabschnitte und Fluchtwege im Kopernikus-Zentrum kamen Systemlösungen der Serien Jansen Economy, Janisol 2 und Janisol 3 zur Anwendung. Mit den Serien Jansen VISS Fire und VISS Fire Dach wurden die großzügig dimensionierten Feuerschutzfassaden- und -Dachelemente gestaltet, welche den geforderten Widerstandsklassen entsprechen und ebenfalls durch Transparenz und schlanke Optik beeindrucken. Die wärmegedämmten Feuerschutz-Fassadenkonstruktionen basieren auf dem System Jansen-VISS. Das Erreichen der Feuerschutzeigenschaften erfordert keine zusätzlichen Maßnahmen an der Tragstruktur, sondern wird allein über die Wahl der Zubehörteile und Füllelemente erreicht.➣ Projekt: Copernicus Science Centre➣ Bauherr: Warbud S.A. ➣ Architekt: RAr2 Laboratorium Architektury (Gilner & Kubec)➣ Baubeginn: 2008➣ Bauende: 2010Oberhofer Stahlbau GesmbHDer Name ist etwas irreführend, denn Pferde gibt es hier schon lange nicht mehr. Heute ist die Felsenreitschule im Salzburger Festspielbezirk ein Veranstaltungsraum, insbesondere für die Aufführung von Opern, Konzerten und Sprechstücken. Probleme gab es in den letzten Jahren immer wieder mit der Dachkonstruktion. So musste das Dach im Winter stets geöffnet sein, weil es die Schneelast nicht tragen konnte. Jetzt hat die Felsenreitschule eine neue Dachkonstruktion, die alle Stückerl spielt. Innerhalb von nur sechs Minuten kann das Dach mit zwei Randträgern und fünf Teleskoparmen geöffnet bzw. geschlossen werden. Die Teleskopträger mit einer Länge von bis zu 28 Meter und einem Gewicht von 18 Tonnen können zur Gänze in einer Hohlkastenkonstruktion versenkt werden und gewährleisten somit im geöffneten Zustand das Gefühl, auf einer Freilichtbühne zu sein.Das 650 Tonnen schwere Stahldach soll aber nicht nur Bühne und Zuschauerraum vor Wind und Wetter schützen, sondern auch noch die Akustik verbessern. Außerdem konnte durch die Stahlkonstruktion eine neue Raumebene im Ausmaß von 700 m² Nutzfläche geschaffen werden.➣ Projekt: Überdachung Felsenreitschule Salzburg➣ Bauherr: Salzburger Festspielhäuser Erhaltungs- und Nutzungsverein➣ Gewicht: 650 t➣ Baubeginn: 2009➣ Bauende: Mai 2011Peneder StahlEin besonders spektakuläres Projekt führte Peneder auf einen der höchsten Berge Deutschlands. In 2.100 Meter Höhe wollte die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG eine Aussichtsplattform errichten, für die herausfordernde Montage holte man sich das oberösterreichische Unternehmen an Bord. Insgesamt 60 Helikopterflüge waren nötig, um die bis zu 1.400 Kilo schweren Einzelteile an ihren Bestimmungsort zu bringen. Um sie miteinander verschrauben zu können, musste der Pilot diese zentimetergenau an die Bohrlöcher des Anschlussstücks manövrieren. Eine ähnliche Glanzleistung lieferten auch die restlichen Monteure ab, die nur durch ein Seil gesichert über dem 1.000 Meter tiefen Abgrund tonnenschwere Elemente montierten. Dass alles reibungslos geklappt hat, liegt auch an der Generalprobe, die in der Peneder-Produktionshalle in Atzbach über die Bühne ging. Um die Montagesituation mit dem Helikopter möglichst authentisch zu simulieren, wurden die einzelnen Elemente an einem Kran hängend in Position gebracht und von den auf der Plattform sitzenden Monteuren verschraubt. Verankert sind die 24 Meter langen Stahlarme in einem Fundament aus 20 Kubikmeter Beton. Während acht Meter der Plattform ein festes Fundament haben, ragen die restlichen 16 Meter ins Freie. ➣ Projekt: Aussichtsplattform AlpspiX➣ Auftraggeber: Zugspitzbahn Bergbahn AG➣ Verarbeiteter Stahl: 56 t➣ Nötige Helikopterflüge: 56 t➣ Baubeginn: Mai 2010➣ Bauende: Juli 2010Unger Steel GroupEinen besonders prestigeträchtigen Auftrag konnte die Unger Steel Group an Land ziehen. Die aufwändige Dachkonstruktion gilt schon heute als das optische Aushängeschild des neuen Wiener Hauptbahnhofs. Der Startschuss für die Montage fällt am 1. Juni 2011, geplantes Bauende ist am 25. Februar 2014. Dann wird ein gefaltetes, rautenförmiges Dach über den fünf Bahnsteigen schweben. Die 14 Rauten, jeweils 76 Meter lang, werden in Bahnsteigrichtung alle 38 Meter mit einer Zwillingsstütze abgestützt. Im Zentrum öffnet sich die Konstruktion und gibt ein 180 Quadratmeter großes Oberlicht frei. Mit der Breite von rund 120 Metern und einer Länge von 210 Metern misst das Rautendach insgesamt 25.000 Quadratmeter und erhebt sich bis zu 15 Meter über Bahnsteigniveau. Auf der Ostseite wird die dynamische Rautenstruktur in ein System aus Einzelbahnsteigdächern übergeführt, das weitere 11.000 Quadratmeter Fläche bedeckt. Und auch der Vorplatz Süd wird mit einem Vordach geschützt. Für diese aufwändige Dachkonstruktion zeichnet die Unger Steel Group verantwortlich: Sowohl Stahlbau als auch Schlosser-, Glas- und Spenglerarbeiten wurden damit einem einzigen Partner anvertraut. Damit konnte die Unger Steel Group dem Wunsch des Bauherren nach einem Gesamtpaket aus einer Hand nachkommen.➣ Projekt: Dachkonstruktion Hauptbahnhof Wien➣ Bauherr: ÖBB Infrastruktur AG➣ Gesamtfläche: 40.000 m²➣ Verarbeiteter Stahl: 4700 t➣ Baubeginn: Juni 2011 ➣ Bauende: Februar 2014Waagner BiroMit der erfolgreichen Fertigstellung des Tollgates am Flughafen der Hauptstadt Baku hat die Sparte Stahl-Glas-Technik von Waagner Biro den Markteintritt in Aserbaidschan geschafft. Diese Referenz war ein Mitgrund für die zum Jahreswechsel erfolgte Beauftragung für die Errichtung der Gebäudehülle des dort neu entstehenden internationalen Terminals. Das Bauvorhaben mit einem Auftragsvolumen von 60 Millionen Euro ist das bis dato größte Einzelprojekt für die Waagner-Biro Stahlbau AG. Der noch aus Sowjetzeiten stammende Heydar Aliyev International Airport wird in den kommenden Jahren für das stark steigende Passagieraufkommen sowie zur Bewältigung des derzeit dominierenden Cargogeschäfts ausgebaut. Zu diesem Zweck wird neben der Sanierung des bestehenden internationalen Terminals ein neues Gebäude für die Auslandsflüge errichtet, das in seiner Grundform an einen Dreispitz erinnert.Der Entwurf ist geometrisch klar definiert: Die Hülle wurde über die Verschneidungen mit Kegeln unterschiedlicher Radien aus einer Kugeloberfläche ermittelt. Sie umfasst gesamt über 60.000 Quadratmeter Dachfläche, Fassade und Zugangsbrücken. Nicht nur die Hülle an sich, auch das Stahltragwerk von Fassade, Dach und Brücken gehören zum anspruchsvollen Leistungspaket. Das ehemalige Inlandsterminal wurde dafür bereits in weiten Teilen abgerissen, die Bauhauptarbeiten haben begonnen. Ab Juli dieses Jahres wird mit der Aufnahme der Aktivitäten für Waagner-Biro vor Ort gerechnet.➣ Projekt: Baku New Terminal➣ Bauherr: AZAL➣ Gesamtfläche: 60.000 m²➣ Verarbeiteter Stahl: 7800 t➣ Baubeginn: Juli 2011 ➣ Bauende: März 2013Zeman & Co GmbHDie ÖBB Infrastruktur AG hat derzeit einige Großprojekte am Laufen. Neben dem Hauptbahnhof in Wien ist es vor allem auch sein Salzburger Pendant, das für Aufsehen sorgt. Nach dem Ende der Bauarbeiten präsentiert sich der Salzburger Hauptbahnhof als echte Verkehrsdrehscheibe, dann wird aus dem Grenzbahnhof, der Endstation für viele Züge war, ein Durchgangsbahnhof mit neun Bahnsteigen. Die große Herausforderung des Projekts lag darin, die denkmalgeschützten Bauteile des Bahnhofs zu erhalten und mit modernster Architektur zu verbinden. Der Auftrag für die Stahlbauarbeiten ging an Zeman. Den Beginn machte die Demontage der bestehenden historischen Stahlkonstruktion. In einem weiteren Schritt wurden provisorische Bahnsteigdächer errichtet, um den reibungslosen Zugverkehr während der Umbauarbeiten zu gewährleisten. Die historische Konstruktion wurde im Werk saniert und dort, wo eine Restaurierung nicht mehr möglich war, durch neue Konstruktionsteile ersetzt. Schließlich zeichnet Zeman auch für die neuen Bahnsteigdächer verantwortlich, die durch ihre außergewöhnliche Form mit gekrümmten Hauptträgern eine besondere architektonische und bautechnische Herausforderung darstellen. ➣ Projekt: Sanierung der historischen Stahlkonstruktion Hauptbahnhof Salzburg➣ Bauherr: ÖBB Infrastruktur AG➣ Historische Stahlkonstruktion: 250 t➣ Verstärkungskonstruktion Kassenhalle: 25 t➣ Stahlkonstruktion: 250 t➣ Baubeginn: Juli 2009 ➣ Bauende: August 2011 >> Stahlbaupreis 2011Ein Privatmuseum, die Überdachung eines Freilufttheaters, eine alpine Golden-Gate-Brücke, ein Museum, eine Fußgängerbrücke auf Mikropfählen, eine Brücke zwischen Landstraße und Favoriten, eine Schiffsanlegestelle und zwei Unternehmenszentralen. Das waren die Einreichungen für den Stahlbaupreis 2011. Verliehen wurde die begehrte Branchenauszeichnung am 13. Mai im Rahmen des österreichischen Stahlbautages in Baden. Die siegreichen Unternehmen heißen Unger Steel Group und werkraum wien ingenieure zt-gmbh, das ausgezeichnete Projekt ist die Twin-City-Liner-Station am Wiener Schwedenplatz. Zehn Meter ragt die Station, über dem Wasser schwebend, in den Donaukanal. Die 127 Meter lange Stahlkonstruktion wird von nur drei Säulen getragen. Die Tragkraft der Konstruktion liegt bei 300 Tonnen, was dem Gewicht eines Railjet-Zuges entspricht. Sämtliche Stahlteile wurden in den Fertigungshallen von Unger geformt und vor Ort montiert. Die neue Schiffsanlagestelle ist seit Juli letzten Jahres in Betrieb und erfüllt laut Jury »höchste Anforderungen auf statischer wie architektonischer Ebene«. Außerdem hinterlasse es bei Gästen aus aller Welt einen bleibenden Eindruck der heimischen Architektur. Das Projekt zeige zudem hervorragend die Verträglichkeit von Stahl mit anderen Materialien.