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LTRO – die nächste Blase kommt

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Beim zweiten LTRO haben 800 Banken und Unternehmen mit Banklizenz am vergangenen Mittwoch um fast 530 Mrd. Euro an EZB-Krediten angestanden. Dieser und der LTRO vor Weihnachten haben netto zusammen mehr als 500 Mrd. Euro in das europäische Bankensystem gepumpt. Italienische Geldhäuser sollen sich beim jüngsten LTRO mit 139 Mrd. Euro vollgesogen haben, auch spanische Banken waren ganz vorne dabei.

Wohin mit dem „Segen“?

Zuerst landete ein Großteil der Mittel just wieder da, von wo sie kamen – als Übernacht-Einlage bei der EZB. Mit 777 Mrd. Euro wurde ein neuer Rekordwert erzielt. Die Hortung ist aber trotz der lächerlichen Sollzinsen von einem Prozent ein mieses Geschäft, denn als Habenzins zahlt die EZB nur 0,25%.

Was also wird mit den Mitteln geschehen? Europäische Banken haben im ersten Quartal einen Refinanzierungsbedarf von 220 Mrd. Euro. Gleichzeitig müssen sie ihre Kapitalausstattung bis Ende Juni verbessern, was nochmals mit rund 115 Mrd. Euro zu Buche schlägt. Von Politik und EZB ist gewünscht und beabsichtigt, dass Banken Staatsanleihen der PIIGS kaufen.

Diesem Begehr kommen sie gerne nach. Banken aus Italien und Spanien kauften im Januar hier für 44 Mrd. Euro ein. Ein gutes Geschäft bei diesem Carry Trade der besonderen Art – zehnjährige Bonds aus Italien und Spanien rentieren momentan bei 5%. Außerdem kann man die Papiere bei der EZB gegen weitere Kredit-Mittel verpfänden… (und so fort)

Auch wenn der Libor-Zins als Zinsbarometer für den Interbanken-Geldmarkt seit Jahresanfang deutlich gesunken ist und damit eine gewisse Entspannung anzeigt, signalisiert die steigende Tendenz der Übernacht-Einlagen, dass die Lage im Bankensektor weiterhin alles andere als normal ist. Vor der Krise 2008 gab es keine nennenswerten Übernacht-Positionen. Der Transmissionsmechanismus im Bankenkanal, der dafür sorgt, dass geldpolitische Maßnahmen letzten Endes in der Realwirtschaft ankommen, funktioniert gegenwärtig nicht. Zwar kam es Ende 2011 nicht zu einer befürchteten Kreditklemme, aber das Kreditgeschäft mit dem privaten Sektor verläuft flach. Kredite an Nicht-Finanz-Unternehmen und Haushalte stiegen im Januar im Jahresvergleich lediglich um 0,7% nach plus 1,1% im Dezember.

Die Summe aller ausstehenden Euro-Geschäfte der Banken liegt jetzt bei 1175 Mrd. Euro. Gut ein Zehntel wird davon in diesem Jahr fällig, der Rest Anfang 2015. Da die EZB derzeit dem Markt kontinuierlich 220 Mrd. Euro entzieht, indem sie sich diese Summe von den Banken zurückleiht, betragen die Schulden der Banken bei der EZB gegenwärtig rund 950 Mrd.

Wie soll es gehen, dass die Banken bis 2015 so viel verdient haben, dass sie ohne weitere LTROs auskommen? Es gibt zwei theoretische Möglichkeiten – erstens, die Wirtschaft startet aus dem Stand zu einer Boom-Phase oder zweitens, die Finanzmärkte legen eine atemberaubende Performance hin. Das eine hat mit dem anderen nicht unbedingt viel zu tun. Insbesondere dann nicht, wenn das Bankensystem über so viel Überschuss-Liquidität verfügt wie derzeit, wie der Chart für die EZB zeigt.

Zerohedge fragt angesichts der in den zurückliegenden vier Jahren verdoppelten zusammengefassten weltweiten Notenbank-Bilanzsumme, ob der Dow dann in fünf Jahren vielleicht bei 52.000 steht.

52.000 im Dow – diese Möglichkeit erscheint mir immer noch wahrscheinlicher als dass uns die Wirtschaft aus der Krise boomt.

Die LTROs lösen kein einziges der zugrundeliegenden Probleme. Sie kaufen Zeit, ja. Aber wird sie genutzt? Eher nein. Denn Zeit hatten Politik und Banken in der Vergangenheit genug, genutzt wurde sie nicht.

Ich würde es sogar anders herum sehen: Die Liquiditätsflut entspannt die Lage kurzfristig, woraufhin sich alle zufrieden zurücklehnen und so weitermachen wie bisher – die Staaten verschieben ihre Reformaufgaben, und die Banken verdienen daran. Bis die nächste Blase platzt.

Ordnungspolitisch sind die LTROs so verheerend wie die Art der Bankenrettung nach 2008. Sie fördern keinen Bereinigungsprozess, sondern festigen die Position der Großbanken – eine Neuauflage von “too bis to fail”. Nachdem sich die Politik nach 2008 hat erpressen lassen, haben sich jetzt die Zentralbanken in dieselbe Position begeben. Indem sie direkt oder indirekt ihre Bilanzen mit “Assets” vollladen, werden sie von den Finanzmärkten abhängig und damit in höchstem Maße erpressbar. Den Banken ist es recht – von den Staaten ist sowieso nichts mehr zu holen.

Quelle: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2012/03/02/ltro-die-nachste-blase-kommt/


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Griechenland-Bailout – nicht mal Sterbehilfe für das Land

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Die FAZ schreibt zum Ergebnis der jüngsten Brüsseler Beratungen: Griechenland erhält neue Finanzhilfen über 130 Mrd. Euro, private Gläubiger verzichten im Wege eines Bond-Tauschs auf mehr als die Hälfte ihrer Forderungen. Damit sei Griechenlands Zukunft innerhalb der Eurozone und die finanzielle Stabilität des Währungsraums gesichert, sagte Eurogruppen-Vorsitzender Jean-Claude Juncker zum Abschluss der Beratungen der Finanzminister.

„Juncker“? Das ist doch der, der sagte: „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“

Dann schaun mer mal.

Der größte Anteil der beschlossenen Hilfs-Mittel ist für die Finanzierung des Bonds-Swaps vorgesehen und dafür, die Stabilität des griechischen Bank-Systems sicher zu stellen. Reuters schreibt: „The vast majority of the funds in the 130-billion-euro program will be used to finance the bond swap and ensure Greece’s banking system remains stable; some 30 billion euros will go to “sweeteners” to get the private sector to sign up to the swap, 23 billion will go to recapitalize Greek banks. A further 35 billion or so will allow Greece to finance the buying back of the bonds. Next to nothing will go directly to help the Greek economy.“

Der griechischen Wirtschaft wird mit „next to nothing“ geholfen. Das also ist mit der Absicherung von „Griechenlands Zukunft in der Eurozone“ gemeint.

Die privaten Gläubiger Griechenlands sollen per Gesetz zu einem Forderungsverzicht gezwungen werden. Die Regierung wird dem Parlament dazu in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, teilte das griechische Finanzministerium mit. Er sieht rückwirkende Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) vor, mit denen eine Mehrheit der Gläubiger entscheidet, wie hoch der Forderungsverzicht ausfällt. Die nominale Abschreibung von gut 50% der griechischen Schulden entspricht rund 70% Verlust auf den gegenwärtigen Netto-Wert. Die am 20. März fällig werdende Griechenland-Anleihe (WKN A0T6US) notiert aktuell bei 36.

Mit den erwähnten und weiteren Maßnahmen (s.u.) soll per 2020 eine Schulden-Quote von 120,5% erreicht werden.

Liest man den inoffiziell bekannt gewordenen, als „strictly confidential“ eingestuften Troika-Bericht (Brüssel-Blog der FT), kann man nur zu dem Schluss kommen, den auch Eurointelligence zieht: „This report is absolutely incredible. Not only is the troika’s strategy once again based on the most optimistic of all optimistic assumptions about future state of the world. The troika no longer seems to believe in the success. The report essentially says that Greece is bankrupt under any reasonable assumptions.“ (Der Report kann hier heruntergeladen werden)

Im einzelnen: Der Bericht spricht von grundsätzlichen Spannungen zwischen den beiden Zielen des Hilfsprogramms Schuldenreduktion und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in dem Sinne, dass die zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit benötigte Deflation unausweichlich zunächst zu einer höheren Schuldenquote führt. Je nachdem wie stark sich die verlangten Reformen verzögern, kann sich die Schuldenquote in 2015 bei bis 178% einstellen. Der Troika-Bericht rechnet mit einem Rückgang des diesjährigen BIP um optimistische 3%, realistischer aber um bis zu 4,3%. (Fachleute gehen längst von einem doppelt so hohen Wirtschaftseinbruch wie dem „best case“ der Troika aus, berichtet die FTD) Weiter: Zunächst dachte man, griechische Banken benötigen 30 Mrd. Euro an Hilfe, dann ging man von 40 Mrd. Euro, im Bericht ist von „wahrscheinlich“ 50 Mrd. Euro die Rede. Klar ist auch, dass schon 2014 weitere Mittel benötigt werden. Ursprünglich war einmal von 50 Mrd. Euro die Rede, jetzt könnten es im worst-case ab 2014 über einen längeren Zeitraum bis zu insgesamt 245 Mrd. Euro werden.

Wie sehr der Troika-Bericht selbst in seinem “downside case” noch die rosarote Brille auf hat, zeigt sich darin, dass er in 2013 von minus einem Prozent BIP-Wachstum ausgeht. Im vierten Quartal 2011 lag die Schrumpfung des BIP bei 7%. Das ist denn mal ein Turn-around!

Im Bericht wird auch über die Schwierigkeiten gesprochen, neue private Darlehensgeber für Griechenland gesprochen. Denn die sind hinsichtlich der Sicherheiten nachrangig zu den öffentlichen und privaten Gläubigern, die am Schuldenschnitt und Bond-Tausch teilgenommen haben. Damit aber schlägt jeder Rückschlag bei der Sanierung Griechenlands voll auf die öffentlichen Hände zurück.

Der Bericht weist ausführlich auf die Risiken hin, unter denen das offizielle, dem jüngsten Brüsseler Beschluss zugrunde liegende Szenario steht: Das, was jetzt beschlossen wurde, funktioniert nur, wenn wir ab sofort nur noch eitel Wirtschafts-Sonnenschein haben und es auch sonst keinerlei externe (politische) Schocks gibt.

Eigentlich kann man diesen Artikel hier beenden. Das, was die Finanzminister in Brüssel vorgeführt haben, ist bestenfalls dazu da, die europäischen Steuerzahler für dumm zu verkaufen – und zwar wider besseren Wissens. Der Griechenland-Bailout rettet die Gläubiger, für das Land selbst ist es nicht mal eine Sterbehilfe. Ach so, ist ja schon tot…

Der Vollständigkeit halber nachfolgend doch noch die übrigen, in Brüssel beschlossenen Punkte:

Es wird eine vergrößerte und permanente Präsenz der EU-Kommission in Griechenland geben. Griechenland willigt ein, drei Monate Schulden-Dienst auf ein Sperrkonto einzuzahlen. Griechenland wird in den nächsten zwei Monaten gesetzliche Vorkehrungen treffen, dass der Schuldendienst oberste Priorität hat. Gewinne der nationalen Notenbanken auf Griechenland-Bonds werden an die Mitgliedsländer transferiert. Die Zinsen für bereits geflossene Kredite werden rückwirkend reduziert. Hinzu kommen weitere Auflagen, wie Senkung des Mindestlohns, Kürzung der Renten usw.

Eine Umfrage in Griechenland zeigt, dass 77% der Griechen unter allen Umständen in der Eurozone bleiben wollen. Das ist so viel wie vor zwei Monaten auch. Fast zwei Drittel sagen, eine Koalitionsregierung sei am besten, um das Land aus der Krise zu führen. Die „Neue Demokratie“ bekommt keine absolute Mehrheit mehr und muss mit der PASOK zusammen regieren. 27% der Wähler sind aber noch unentschlossen oder wollen nicht wählen.



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Was kann Griechenland retten?

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Griechenland verkommt unter dem Spardiktat der Troika zur Kolonie, die Griechen werden die Neger der Eurozone. Daran wird auch das nächste Hilfspaket im Volumen von 130 Mrd. Euro nichts ändern. Das jetzt kommende Sperrkonto, auf das Mittel zum Schuldendienst abgezweigt werden, zeigt worum es geht: Die Gläubiger sollen gerettet werden. Schließlich ist das Land auch nach dem nun wohl ebenfalls kommenden Schuldenschnitt keineswegs schuldenfrei – fast 270 Mrd. Euro bleiben.

Das Land verfügt weder über einen im klassischen (westlichen) Sinne funktionierenden Staatsapparat, noch über eine auch nur im Ansatz wettbewerbsfähige Wirtschaft. Es ist auf der Stufe eines Entwicklungslandes.

Die herrschende EU-Politik sieht bisher vor, das Land in der Eurozone zu halten. Da der Wechselkurs als Instrument zur Angleichung wegfällt, bleibt nur die deflationäre Anpassung. Das gilt in gleicher Form für alle PIIGS. Im Falle Griechenlands müssten die Preise um 31% fallen, hat der Leiter des ifo-Instituts, Sinn, ausgerechnet.

Entsprechend müssten die Löhne sinken – eine der Bedingungen, die Griechenland von der EU aufoktroiert bekommt, ist eine Senkung der Mindestlöhne um 25%, bei jüngeren Arbeitnehmern um noch mehr. Selbst wenn dies umgesetzt würde – die starken griechischen Gewerkschaften sind auch noch da. Abgesehen davon würde es nichts nutzen. Das Land hat keine nennenswerte Exportindustrie, die davon profitieren würde und dem Land einen Wachstumsimpuls geben könnte. Die übrigen Industriezweige kommen durch eine solche Deflation nur noch weiter unter Druck. Und mit ihnen das Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig bleiben die privaten Schulden erhalten. Das sorgt dafür, dass immer mehr Unternehmen pleite gehen, die Deflationsspirale geht weiter.

Das griechische Leistungsbilanzdefizit liegt gegenwärtig bei 10%. Es wird quasi automatisch über Target2 finanziert, 27% davon trägt Deutschland. Alles nur Kredit? Ja, erst mal schon. Später dann wird es zum Geschenk. Und wie es so ist mit solchen Geschenken, der Beschenkte will immer mehr. Die Erfahrungen der Entwicklungshilfe zeigen, nur Hilfe zur Selbsthilfe bringt ein Land weiter.

Damit Griechenland überhaupt geholfen werden kann, muss das Land aus dem einheitlichen Euro-Währungsraum ausscheiden. Wenn es die Drachme wieder einführt, kann es gleichzeitig bestimmen, dass die Staatsschulden künftig auf Drachme lauten (Lex Monetae), wie Sinn erklärt (siehe auch hier). Die Situation im Land ändert sich relativ gesehen nicht – Vermögen und Schulden werten im gleichem Maßstab ab.

Danach fängt die Arbeit an. Einige der zu treffenden Maßnahmen unterscheiden sich nicht von einzelnen Punkten im Spardiktat der Troika, sie haben aber mit der Drachme jetzt konstruktive Effekte. Die Bürokratie muss schlanker und effizient werden, Regeln müssen vereinfacht und vereinheitlicht werden. Regulierungen bei bestimmten Berufszweigen müssen zum großen Teil fallen. Der Arbeitsmarkt muss flexibilisiert werden. Das alles sind auch Voraussetzungen dafür, dass ausländische Investoren wieder Interesse an dem Land finden können.

Vassilis Antoniades und Camille Egloff von der Boston Consulting Group haben sich mit dem Thema befasst. Zwischen 2004 und 2010 betrugen die ausländischen Direktinvestitionen in Griechenland im Durchschnitt ein Prozent, viel weniger als bei den Nachbarländern (siehe Chart von BCG).

Aktuell dürfte sich der geringe Zufluss wegen der Krise in einen Abfluss verwandelt haben. Die Autoren stellen heraus, dass Griechenland im Vergleich zu seinen Nachbarn über eine gute Infrastruktur verfügt (irgendwo müssen sich die Strukturfonds der EU ja auswirken). So könnte das Land zur südlichen Transportdrehscheibe Europas im internationalen Handel werden. Der Tourismus dürfte auf der anderen Seite stark profitieren, weil Ausländer das Land wegen seines niedrigen Wechselkurses attraktiv finden.

Mit der eigenen, abgewerteten Währung und entsprechenden Reformen wird das Land schnell für ausländische Direktinvestitionen interessant. Neben Transport-, und Tourismussektor dürfte auch der Landwirtschaftssektor Kapital anziehen.

Der Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist „alternativlos“, um mal ein arg strapaziertes Wort zu benutzen.

Ob dann die Einrichtung einer Süd-Euro-Zone folgen sollte, in die neben Griechenland auch Italien, Spanien und Portugal kommen? Italien, Spanien und Portugal stehen unter demselben Deflationsdruck, deren Preisniveau hat bisher ebenfalls kaum reagiert. Auch hier findet munter Eurobond-ähnliche Finanzierung in Form von Taget2 statt. Die Bundesbank hat hieraus mittlerweile Forderungen von über 500 Mrd. Euro. Zu einem Prozent Zinsen. Und ohne die Möglichkeit, diese Kredite jemals zu kündigen.

Nach Sinn beträgt die deutsche Haftung für die Krisenländer aus den diversen Brüsseler Rettungsmaßnahmen mittlerweile 643 Mrd. Euro. Plus Zinsen für die Kredite. Die Bundesregierung behauptet immer noch, es seien lediglich 211 Mrd. Euro. Wenn die Länder-Rettung a la Griechenland so weiter geht, erreichen wir bald die Billionen-Grenze. Dass es bei der bloßen Haftung bleibt, glaubt sowieso schon niemand mehr.

Die 500 Mrd. Euro an Taget2-Krediten, die „einfach so“ ohne jede parlamentarische Mitwirkung zustande kamen, engen den Manövrierspielraum von Deutschland ein: Im Interesse der Rettung der alten Kredite könnte Deutschland immer eher bereit sein, neuen Rettungsaktionen zuzustimmen. Falls nicht, steigt der Target2-Saldo eben immer schneller.

Währenddessen müssen Italien, Spanien und Portugal erst einmal anfangen, zu deflationieren. Insbesondere Italien kann mit diesem Druck aufgrund der relativ hohen Produktivität der Wirtschaft zwar besser umgehen als z.B. Griechenland. Aber wahrscheinlich wird die Politik nach einer kurzen Phase der Konsolidierung wieder den einfacheren Weg einer Transfer-Union beschreiten. Mag sein, dass dann wieder ein paar Wahlen gewonnen werden, die strukturellen Probleme werden aber nicht gelöst.

Wenn nicht schon vorher alles auseinanderfliegt, zahlt am Ende die „Nord-Euro-Gruppe“, bevor alles auseinanderfliegt…

Oder man bekommt rechtzeitig die Kurve zu einem „Süd-Euro“.



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Griechenland gerettet – weiter im Bullen-Takt?

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Das griechische Parlament hat gestern dem Spardiktat der Troika zugestimmt und damit die entscheidende Hürde auf dem Weg zur Freigabe von weiteren Hilfsmitteln und einem neuen, internationalen Hilfspaket genommen. Die Regierung in Griechenland will mit Einschnitten im Haushalt und bei den Renten, sowie einer Absenkung des Mindestlohns bis 2015 rund 14 Mrd. Euro sparen. Allein in diesem Jahr sollen es 3,3 Mrd. Euro sein. Man darf gespannt sein, ob die Sparbeschlüsse dieses Mal das Papier wert sind, auf dem sie stehen, denn bisher wurden die Sparvorgaben nur –sagen wir es vorsichtig- sehr unvollkommen umgesetzt.

Am Samstagabend hatte der Übergangs-Ministerpräsident Papademos in einer Fernsehansprache noch vor den Konsequenzen gewarnt, wenn es keine frischen Hilfsgelder gibt: „Eine ungeordnete Insolvenz wäre für das Land ein Abenteuer, das in der Katastrophe endet. Sie würde unkontrollierbares wirtschaftliches Chaos erzeugen und die Gesellschaft zusammenbrechen lassen.“ Ob es mit dem Spardiktat kein wirtschaftliches Chaos gibt, ist noch nicht ausgemacht. Ein politisches jedenfalls gibt es jetzt schon – abzulesen an den Tumulten in Athen am Wochenende. Wobei die Demonstranten in einer ruhigen Stunde überlegen sollten, ihre Empörung nicht nur gegen die auswärtige Politik, sondern auch gegen ihre eigene politische Kaste zu richten. Die hat der griechischen Bevölkerung mit Lügen, Vetternwirtschaft, Unfähigkeit und Nichtstun die Suppe schließlich eingebrockt.

So ganz scheinen die Griechen jedenfalls (noch) nicht zu glauben, dass Papademos in Aussicht gestellt hat, die griechische Wirtschaft könnte in zwei Jahren wieder wachsen. Er sagte in derselben Ansprache: „Wenn wir das Programm umsetzen, können wir erwarten, dass es ab 2013 zu einer wirtschaftlichen Erholung und Wachstumsraten zwischen 2,5 und 3 Prozent in den Jahren 2014 und 2015 kommt.“

Status quo: Das Land steht mit dem Rücken an der Wand – am 20. März müssen Altschulden in Höhe von 14,5 Mrd. Euro getilgt werden. Mitte der Woche wollen die Eurozonen-Finanzminister, um darüber zu beraten, ob Hilfsgelder frei gegeben werden. Eine wichtige Bedingung ist dabei auch, dass sich die privaten Schuldner auf einen Schuldenschnitt von etwa 70% verständigen und so die Schuldenlast des Landes um nominal 100 Mrd. Euro senken. Es darf also noch ein wenig herumgezittert werden, obwohl kaum jemand daran zweifelt, dass man das Land jetzt nicht pleite gehen lassen wird.

Die Betonung liegt auf “jetzt nicht“. Erstens hat nämlich der Vorsitzende der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, der wahrscheinlich im April neuer Ministerpräsident wird, bereits angekündigt, dass nach den Wahlen neu verhandelt werden soll. Und zweitens berichtet Eurointelligence, nach „Der Spiegel“ hätten Merkel und Schäuble nun (endlich) realisiert, dass die bisher verfolgte Griechenland-Strategie nicht erfolgreich sein wird. Beide sind aber in ihren früheren (Fehl-)Entscheidungen gefangen. Sie hätten sich entschieden, das Land nicht aus der Eurozone zu werfen, weil die Konsequenzen unkalkulierbar sind. Nach „Spiegel“ könnte ein Plan B darin bestehen, das Land demnächst innerhalb der Eurozone pleite gehen zu lassen. Dabei möchten beide jedoch den Eindruck vermeiden, Deutschland sei die treibende Kraft.

Wolfgang Münchau schreibt heute in der FT, die Eurozone habe nichts aus Finanzkrisen anderer Länder gelernt und wiederhole deren Fehler. Er sagt, in drei bis sechs Monaten hätten wir in Griechenland die gleiche Situation wie zuletzt mit neuen Haircuts usw. Eine tragfähige Schuldenquote per 2020 seit nicht, wie angestrebt 120%, sondern 60%. Zudem würde nun Portugal ins Visier genommen, spätestens aber dann, wenn sich die Lage in Griechenland erneut zuspitzt. Das beste sei, jetzt einen Default beider Länder innerhalb der Eurozone zu organisieren und die übrigen Länder vor den Konsequenzen abzuschirmen.

Das Ifo-Institut hat ausgerechnet, dass im Falle eines 100%-igen Defaults von Griechenland bis zu 71,7 Mrd. Euro Belastungen auf Deutschland zukommen. Auch die jetzt wohl kommende Beteiligung von Banken und Versicherungen an der Rettung Griechenlands bleibt nach Berechnungen des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) zu einem großen Teil am Steuerzahler hängen. Zwar soll der Forderungsverzicht staatliche Geldgeber nicht treffen, aber indirekt könnten dennoch Belastungen von mehr als 25 Mrd. Euro beim deutschen Steuerzahler landen.

Damit ist nach der Rettung Griechenlands in Kürze wieder vor der Rettung.

Die vorläufige Lösung der Griechenland-Krise dürfte nun dazu führen, dass die „Märkte“ ihren Fokus weg von Hoffnungen auf Lösung der Schuldenkrise und hin zur Realität richten werden. Dabei war und ist wohl niemand so naiv, ernsthaft zu glauben, die Liquiditätsflut der EZB könne die Ursachen der Schuldenkrise beheben. Aber die Kursentwicklung bei Aktien seit Jahresbeginn hat gezeigt, dass eine genügende Anzahl von Akteuren glaubt, dass sie Zeit verschafft. Und dass es sich lohnt, die Zeit zu nutzen für ein paar Schnäppchen. Der Zeithorizont bei der Aktienanlage ist seit dem offenen Ausbruch der Finanzkrise 2008 nochmals kürzer geworden, die durchschnittliche Haltedauer bei US-Aktien liegt mittlerweile unter einer Minute. Da lassen sich immer weniger von der Frage leiten, was in ein paar Wochen ist.

Oder haben sich die Zeiten geändert und mit dem starken Jahresauftakt hat ein struktureller Bull-Markt bei Aktien begonnen? Das ist unwahrscheinlich.

Da ist zunächst das altbekannte Thema „Deleveraging“. Wie der nachfolgende Chart zeigt, hat das gerade erst begonnen. Die spannende Frage ist natürlich, wo geht die Korrektur der privaten Schuldenquote noch hin? Am Beispiel USA: 175% ist der halbe Weg zwischen dem Tief bei 50% Mitte der 1940er Jahre und dem Hoch in 2007 bei 300%. Das wäre etwa das Niveau um 1990 – immer noch hoch, aber vermutlich zumindest eine gewisse Zeit tragbar. Wahrscheinlich wird die Liquiditätsflut der Fed jedoch dazu führen, dass mit der Korrektur vorher Schluss ist. Das dürfte bei rund 200% der Fall sein – noch ein ordentliches Stück des Wegs von den aktuellen 260% aus.

Weiter ist da die bisher in den USA unterdurchschnittlich verlaufende Quartalssaison. Einerseits liegt die sogenannte „Beat-Rate“ mit gut 60% unter dem historischen Mittelwert bei 70%. Zum anderen sind in den zurückliegenden Monaten die für 2012 erwarteten US-Unternehmensgewinne deutlich nach unten revidiert worden (siehe Chart!). Gleichzeitig hat das US-BIP im vierten Quartal eine deutlich schwächere Konsumentwicklung als von den Unternehmen erhofft gebracht, wie sich im deutlichen Lageraufbau gezeigt hat. Dies sind nicht die besten Vorboten für die weitere Makroentwicklung in den USA, der auch die Fed mit einer weiteren Reduktion ihrer Prognosen Rechnung getragen hat.

Eine flaue Entwicklung der US-Konjunktur ist gerade angesichts der noch schwächeren Entwicklung der Schuldenkrisen-geplagten Eurozone nicht gerade das, was jetzt in Europa „hilfreich“ wäre.

Dann kommt dazu, dass politische Krisen in Nah-Ost drohen. Wenn hieraus ein Ölpreisschock resultiert, wäre die Konjunkturdynamik mit Sicherheit zu schwach, um diesen zu verkraften.

Und schließlich ist da China, die „Lokomotive der Weltwirtschaft“: Der IWF hat jetzt seine Wachstumsprognose für China für das laufende Jahr von zuvor 9 auf 8,25% gesenkt. Das wird begründet mit den schwächeren Exportaussichten in einer eingetrübten Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr war das BIP noch um 9,2% angewachsen.

Das sind Belastungsfaktoren genug, die aus meiner Sicht nicht dafür sprechen, dass schon der strategische Bulle von der Leine ist. Ich gehe eher davon aus, dass wir weiter in einer typischen „Risk on“ – „Risk off“ Situation bleiben, in der schnell und kurzatmig auf aktuelle Entwicklungen reagiert wird. Auf kurze Sicht ist die Wahrscheinlichkeit eines Pullbacks bei Aktien hoch. Die von mir beobachteten Marktindikatoren zeigen ein deutlich abnehmendes bullisches Bild (siehe Chart!).

Ein wesentlicher Faktor ist und bleibt die Liquiditätsflut der Notenbanken. Bei der EZB stellt sich das gegenwärtig so dar: Die EZB-Bilanz hat sich in den zurückliegenden sechs Monaten um nahezu 50% auf aktuell 2,66 Bill. Euro verlängert (siehe Chart!). Die Bilanzsummen der 17 nationalen Zentralbanken der Eurozone kommen jetzt auf 1,7 Bill. Euro – macht zusammen 4,4 Bill. Euro. Und es geht weiter: Die Anforderungen an die Qualität von Sicherheiten darf jetzt von jeder nationalen Eurozonen-Zentralbank selbst angepasst werden – das zündet die nächste Stufe der Bilanzverlängerung. Hinzu kommt zum Monatsende der nächste LTRO, bei dem man damit rechnet, dass europäische Banken um bis zu einer Billion Euro an Krediten anstehen.

Die Bilanz der Fed nimmt sich dagegen richtig bescheiden aus. Aber ich bin mir sicher, sie wird bald nachziehen



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