1974 war die OMV im Wiener Stadtteil Essling bei Öl-Probebohrungen auf Thermalwasser gestoßen. Gut dreißig Jahre später können diese Erkenntnisse in anderer Form genutzt werden: Tiefengeothermie ist nun ein praktikables Geschäftsmodell für Energieversorgungsunternehmen. Wien Energie plant den Ausbau seines Fernwärenetzes von derzeit 36 % auf 50 % Abdeckung in der Hauptstadt. Für Vorstand Susanna Zapreva ist die Errichtung einer Geothermieanlage im Bezirk Donaustadt ein wesentlicher Puzzlestein in dem Bestreben der Stadt, zu einem »effizienten und nachhaltigen Umgang mit Energie« zu finden. Im Rahmen einer traditionellen Barbaraweihe – zu Ehren der Schutzpatronin der Bergleute – wurde Ende August der erfolgreiche Durchstoß der ersten geologischen Sektion in 750 Metern Tiefe bekannt gegeben. Bis Spätherbst werden die Bohrmeißel durch verschiedene Gesteinssektionen in 5.000 Meter Tiefe vordringen, dann wird mit dem ersten Pumpversuch zur Förderung des Thermalwassers begonnen. Bei der hydrothermalen Geothermie werden bei der ersten Bohrung wasserführende Gesteinsschichten im tiefen Untergrund direkt angebohrt. Das im Gestein enthaltende Thermalwasser wird an die Oberfläche gefördert. Mit einem Wärmetauscher wird dem Heißwasser die Wärmeenergie entzogen und ins Fernwärmenetz gespeist. Über eine zweite Bohrung wird das abgekühlte Wasser zurück in etwa 3.600 Meter Tiefe geleitet. Mit der Rückführung des abgekühlten Wassers entsteht ein erneuerbarer Energiekreislauf.Wiens erste Geothermieanlage wird mit 40 Megawatt thermischer Leistung ab Anfang 2015 etwa 40.000 Wiener Haushalte, darunter auch Teile der Seestadt Aspern, mit umweltfreundlicher Fernwärme aus Erdwärme versorgen. Die Investitionskosten betragen 45 Mio. Euro. Auch für das Versicherungsunternehmen Wiener Städtische ist das Projekt ein Novum, hat doch Wien Energie das Risiko des Projekterfolges versichern lassen. Keine Sorgen bereiten die Arbeiten den Anrainern. Trotz der unmittelbaren Nähe zu Siedlungsgebiet und Schichtbetrieb auf der Baustelle können die Esslinger gut schlafen. Die Anlage des deutschen Bohrspezialisten Daldrup ist auf den friktionsfreien Einsatz am Rande von Wohngebieten ausgelegt und ist mit Lärmschutzwänden umgeben.