Das im November des Vorjahres ergangene Urteil eines deutschen Gerichts hat für großes Aufsehen unter Planern gesorgt. Der Hamburger Stararchitekt Meinhard von Gerkan klagte die Deutsche Bahn - und gewann in erster Instanz. Vereinfacht dargestellt hat der Bauherr des Berliner Hauptbahnhofs das Werk des Architekten unzulässig abgeändert, so die Begründung des Gerichts. Gerkan sah für die innere Deckenkonstruktion über den Bahnsteigen eine aufwendige Kreuzgewölbekonstruktion vor, die vom Bauherrn im Zuge der Errichtung verworfen wurde. Montiert wurde stattdessen eine schlichte »Supermarktdecke«, wie Gerkan anlässlich seines Besuchs in Wien erörterte. Es war nicht der erste Krach zwischen dem Bahnmanagement und dem Architekten. Schon bei der überdachung der Bahnsteige kam es zu Verwerfungen zwischen dem Planerbüro und Bahnchef Hartmut Mehdorn. Er verfügte als oberster Eisenbahner, dass die ursprünglich geplante 430 Meter lange Glasüberdachung der Bahnsteige um 130 Meter gekürzt wurde, was natürlich Auswirkungen auf das Gesamtbild des Großbaus hat. Für Gerkan war diese Entscheidung »eine Tat ohne Motiv«, weil die Glasteile bereits vorgefertigt und bezahlt waren. »Die Verkürzung des Daches hat 70 Millionen Euro mehr gekostet«, zürnt der Planer noch heute. Schließlich mussten die Bahnsteigbeläge in den hinausragenden Bereichen wetterfest ausgeführt werden. Gerkans Fehler damals: Sein Büro selbst hatte planerisch an der Dachstutzung mitgewirkt, um es dem Bauherrn recht zu machen. »Wir haben an der Verkürzung mitgewirkt, deshalb wäre eine Klage aussichtslos gewesen«, erklärt Gerkan. Der Effekt heute ist, dass die 1.-Klasse-Passagiere der ICE-Züge bei Schlechtwetter im Regen aussteigen. Paradox ist, dass in anderen Städten die Bahnhofdächer verlängert wurden, um genau diesen Zustand zu ändern. Nachdem davon auch Bundestagsabgeordnete betroffen sind, bekommt das kurze Dach jetzt zunehmend politische Brisanz.